Die Zeiten, als Lesbos nur als idyllisches Urlaubsziel bekannt war, sind vorerst vorbei. Heute dominiert Flüchtlingselend das Ortsbild in den nördlichen Küstenorten. Stefan Voelkel reiste auf die griechische Insel, um konkrete Hilfe vorzubereiten.
Die Strände vor den nördlichen Küstenorten auf Lesbos sind seit Monaten überfüllt mit abgelegten Schwimmwesten, kaputten Schlauchbooten und sonstigen Hinterlassenschaften von Bootsflüchtlingen. Täglich kommen sie übers Meer gefahren – Schlauchboote, vollgestopft mit Menschen. Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan oder Afrika. Babies, Kinder, Jugendliche, junge und alte Menschen, im Kinderwagen oder gar im Rollstuhl – völlig erschöpft erreichen sie die rettende griechische Küste. Wenn sie sie denn erreichen. Denn manche von ihnen schaffen es nicht, ertrinken im türkisblau schillernden Meer zwischen der Türkei und Lesbos.
Und die es geschafft haben, harren auf Straßen und in
provisorischen Unterschlupfen aus, bevor sie ihre Weiterreise
antreten können, hoffen darauf, dass sie irgendwann einen Transfer Richtung Athen bekommen. Freiwillige Helfer sorgen für das Nötigste, denn
leerstehende Unterkunftsmöglichkeiten wie Campingplätze oder
Militäreinrichtungen sind gesperrt, werden für Flüchtlinge nicht
geöffnet.
"Konkret Handeln gegen den Schmerz in der Brust"
Stefan Voelkel aus Pevestorf erträgt es schon seit einiger Zeit nicht mehr, im sicheren Deutschland zu sitzen, ohne konkrete Hilfe für die in südlichen Ländern Gestrandeten zu leisten. Als er in der Talksendung von Anne Will den Koordinator der griechischen Hilfsorganisation borderline-europe.de, Elias Bierdel, vom Flüchtlingselend auf Lesbos erzählen hörte, war für ihn klar: „Dort will ich helfen!“
Der Kontakt zu Elias Bierdel war nicht schwer herzustellen. Doch auf die Frage „Wie kann ich helfen?“ bekam Stefan Voelkel die lapidare Antwort: „Komm her. Das musst Du dir ansehen, dann wirst Du wissen, was Du tun kannst.“
Spontan machte Voelkel sich auf den Weg und verschaffte sich vier
Tage lang selbst einen Eindruck von dem Flüchtlingselend auf Lesbos.
Erschüttert kam er wieder zurück. Noch Tage später überschlagen sich seine Worte, der Kopf kommt kaum hinterher beim Erzählen der jämmerlichen Szenarien, die er auf Lesbos erlebt hat. Er half, ankommende Flüchtlinge aus ihren Schlauchbooten zu holen und sicher an Land zu bringen, informierte sich gemeinsam mit Helfern von borderline-europe.de über die Situation in den Küstenorten - nach dem Besuch ist seine Wille zu helfen noch stärker und konkreter geworden.
„An einem Tag kommen dort rund 30 Schlauchboote
an, jeweils mit 30 bis 40 Menschen besetzt. Babies ebenso wie
Jugendliche, Erwachsene oder alte Menschen sind an Bord dieser kleinen Boote. Die Kinder haben zwar
Schwimmwesten an, die sind aber nicht aufgeblasen, weil die Schlepper
gesagt haben, dann passten weniger Menschen ins Boot,“ erzählt
Voelkel. „Die Schwimmwesten sollen sie erst aufblasen, wenn
konkrete Gefahr droht.“ Wie das gehen soll, in einem eng besetzten
Boot, wenn der Sturm schon aufgezogen ist, erzählen sie den
Flüchtlingen nicht. Außerdem geben die Schlepper die Order, kurz
vor der Küste die Schlauchboote aufzuschlitzen, denn angeblich gelte
ein ungeschriebenes Gesetz, dass heile Boote samt Besetzung wieder
zurückgeschickt werden. Eine fatale Anweisung, die schon manchen
Flüchtling das Leben gekostet hat. Dabei kassieren die Schlepper 10 Dollar für jede Schwimmweste, die sie ausgeben - natürlich zusätzlich zu den pro Person 1500 Doller, die sie sich für das Überlassen der viel zu kleinen Schlauchboote zahlen lassen. Rund 5 km müssen die Flüchtlinge mit den nicht hochseetauglichen Booten auf dem offenen Meer zwischen der türkischen Küste und dem nördlichen Lesbos zurücklegen.
Mit der Landung auf Lesbos ist das Elend der Flüchtlinge aber noch lange nicht vorbei. Das krisengeschüttelte Griechenland ist überfordert mit der Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen, freiwillige Helfer – darunter auch viele Touristen – helfen bei der akuten Versorgung, teilen Trinken und Essen aus und versuchen, wenigstens das Nötigste heranzuschaffen. Es fehlt an allem: Decken, Schlafsäcke, feste Schuhe für die langen Fußmärsche und, und, und …
Elias Bierdel ist nun dabei, in der nordöstlich gelegenen Kleinstadt Klio eine Empfangsstation für Flüchtlinge einzurichten. In einer alten Molkerei sollen sie demnächst wenigstens ein Dach über dem Kopf, etwas Wärme und sanitäre Einrichtungen finden. Denn auf Lesbos kann es demnächst nachts durchaus -10 Grad kalt werden. Um das Gebäude auszubauen, fehlen aber noch rund 50 000 Euro. Ein Projekt, das zu unterstützen Voelkel spontan zugesagt hat.
Zunächst soll in Pevestorf ein Hilfscontainer zusammengestellt werden, der sich demnächst mit Notaggregaten, Schlafsäcken, wetterfesten Schuhen, hygienischen Grundausstattungen und weiteren notwendigen Hilfsgütern auf den Weg nach Lesbos machen wird. Außerdem werden „BioZisch“-Flaschen mit einem Zusatzetikett ausgestattet, welches über das Flüchtlingselend informiert und um Spenden bittet.
Voelkel ist klar, dass es eigentlich darum geht, die Ursachen für die Flüchtlingsströme in den Herkunftsländern zu beseitigen. „Doch nicht nur in Syrien ist das akut sehr, sehr schwierig.“ Deswegen müsse parallel dazu Hilfe – und sei es aus vielen kleinen Mosaiksteinen – organisiert werden.
Für die Unternehmer in Deutschland hat Stefan Voelkel auch eine Botschaft: „Wo es geht, beteiligen Sie sich bitte an konkreten Maßnahmen. Vor allem bei den Banken passiert viel zu wenig,“ so sein Appell. „Wir könnten viel mehr hlefen, wenn wir schneller umdenken,“ ist sein Plädoyer an seine Unternehmerkollegen.
Die Hilfsaktion läuft gerade erst an, aber schon jetzt kann Jede/r auf das Konto der Voelkel-Stiftung zweckgebunden spenden:
GEMEINNÜTZIGE VOELKEL STIFTUNG,
Sparkasse Uelzen- Lüchow- Dannenberg (BLZ 258 501 10) Konto-Nr.: 230185985
IBAN: DE07 2585 0110 0230 1859 85 BIC: NOLADE21UEL
Stichwort: lesbos