Beinahe 400 Menschen fanden sich auf Einladung der Evangelisch-lutherischen Kirchen im Landkreis am Sonntag Vormittag zu einem großen Dank-Gottesdienst ein. Landesbischof Ralf Meister hielt die Predigt - die Spiritualwerkstatt Schweskau und Janice Harrington sorgten für den richtigen Schwung.
Als die Sandsäcke zur Dekoration für den Flut-Gottesdienst aufgebaut wurden, hatte so manchen Hitzackeraner ein heiliger Schrecken erfasst, raunte es vor Beginn des großen Dank-Gottesdienstes am Sonntag: Sie befürchteten, dass schon wieder eine Flut im Anrollen sei, als Mitarbeiter des Maschinenrings Gabelstaplerweise Sandsäcke auf dem Parkplatz an Hitzackers Hafen abluden. Doch dieser Gottesdienst sollte einer fröhlicher werden. Dank für "die Bewahrung vor dem ganz großen Schrecken" war das Motto des Tages und Dank für die überstandene Mühe sowie die außerordentlich große Unterstützung durch tausende private und berufliche Helfer.
Rund 400 Gäste hatten sich am Parkplatz an der Marschtorstraße eingefunden, um am großen Dank-Gottesdienst nach der überstandenen Flut teilzunehmen. Neben professionellen Einsatzkräften von Feuerwehr, THW, DRK und DLRG waren auch viele Helfer unter den Gottesdienst-Besuchern ebenso wie vom Hochwasser Betroffene. Aber auch viele politische Vertreter ließen es sich nicht nehmen, am Gottesdienst teilzunehmen.
Landrat Jürgen Schulz, mehrere Samtgemeinde- und Gemeinde-Bürgermeister fanden sich in Hitzacker ebenso ein wie der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel, dem es "ein Bedürfnis war, über die Teilnahme am Gottesdienst seine Solidarität mit den Lüchow-Dannenbergern zu zeigen".
Propst Stephan Wichert von Holten dankte vor allem den vielen Ehrenamtlichen und "ehrenamtlichen Professionellen", die mit viel Mühe und Zeiteinsatz bei der Bewältigung der Flut geholfen hatten. "Dank auch dafür, dass alles da war, dass die Helfer nicht hungern und dürsten mussten und dass kaum ein Werkzeug mitgebracht werden musste," richtete sich ein weiterer Dank des Propstes an alle, die auf andere Weise geholfen hatten als durch Sandsack-Befüllen und Schleppen.
Viel Beifall erhielt die Danksagung an Landrat Jürgen Schulz, dem Propst Wichert von Holten dafür dankte, dass er "die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit" getroffen hatte. Ebenso erhielt Umweltminister Wenzel Beifall dafür, dass er bei der Bewältigung der Flutfolgen für schnelle Lösungen gesorgt hatte.
"Für unsere Fehler kann Gott nichts"
Landesbischof Ralf Meister beschäftigte sich in seiner Predigt mit der göttlichen Schöpfung und der Rolle des Menschen darin. "Durch die Flut sind wir erneut belehrt worden, dass die Harmonie in der Natur gestört ist," so das Oberhaupt der Landeskirche. "Wir sollen aber Gott nicht benutzen, um unsere Fehler im Umgang mit der Natur zu entschuldigen. Es gibt keine theologische Antwort auf die Flutkatastrophe."
Aber dennoch beschäftige sich Kirche mit den Folgen der Flut. "Denn Menschen sind Teil der Natur und müssen sich die Frage nach ihrer Rolle darin stellen." So berge eine Katastrophe auch die Chance auf neue Erfahrungen, z. B. auf die Erfahrung einer starken solidarischen Gemeinschaft, wie sie zu Zeiten der Flut da war. Und dafür sei durchaus Gottes Hilfe gefragt, Hilfe bei der Entwicklung von Kraft, diese Solidarität auch aufzubringen und vor allem Hilfe dabei, Konzepte zu entwickeln, wie Natur und Mensch einträchtig miteinander leben können. "Dank sagen müssen wir aber auch für die Bewahrung vor dem ganz großen Schrecken," so Meister.
Auch Hitzackers Pastor Jens Rohlfing erinnerte daran, dass Hitzacker bei dem aktuellen Hochwasser als Symbol der Bewahrung gelten könne, während Fischbeck als Symbol für die Katastrophe gelte. Deshalb haben die Kirchen beschlossen, die Kollekte beim Dank-Gottesdienst den Opfern des durchbrochenen Deiches rings um Fischbeck zukommen zu lassen.
Flutgeschichten und Fürbitten
Ungewöhnlich genug für einen Gottesdienst rief Propst Wichert von Holten die Anwesenden dazu auf, ihre Geschichten zu erzählen - "Geschichten von Hilfe, Not und Sorge". Nach anfänglichem Zögern erzählten dann doch einige Lüchow-Dannenbergern, was ihnen während der Flut begegnet ist. Während eine Vietzerin von ihrem großen Schaden und "nicht mehr wiederzufindenden Schuhen" erzählte, waren Andere immer noch beeindruckt von dem großen Gemeinschaftsgeist beim Sandsack-Befüllen, deren "Anzahl wir nicht mehr zählen konnten".
In ihren Fürbitten richteten sich u.a. Umweltminister Stefan Wenzel, Landrat Jürgen Schulz, Polizeikommissariats-Leiter Ulrich Constabel oder der ehemalige Kreis-Feuerwehrbrandmeister Uwe Schulz mit Danksagungen und Wünschen an Gemeinde und Kosmos.
Gospel-Sängerin Janice Harrington mit ihrer Band und die Spiritual-Werkstatt Schweskau brachten einen Hauch Blues-Feeling nach Hitzacker. Mit Gospel-Hits wie "Oh Happy Day" oder "Down by the Riverside" hatten sie schnell Herzen und Stimmbänder gelockert. Das Wetter tat sein Übriges, den Dank-Gottesdienst zu einem angenehmen Erlebnis zu machen: es beschränkte sich auf kurze Schauer.
Bei Bratwurst und Getränken bestand nach dem rund 1 1/2-stündigen Gottesdienst noch ausgiebig die Gelegenheit, sich über die Erlebnisse der letzten Wochen auszutauschen.
Fotos: Angelika Blank