Prof. Dr. Christian Hübscher von der Universität Hamburg geht davon aus, dass in den nächsten 100 000 Jahren nur einige 10 000 Jahre eisfrei sein werden. Das hat massive Auswirkungen auf Salzstöcke - und auf ihre Eignung für die Endlagerung von Atommüll.
„Die Bewegungen der Erdkruste haben enorme Auswirkungen auf
Salzlagerstätten. Das ist wichtig bei der Suche nach einem Endlager“,
schreibt Prof. Dr. Christian Hübscher von der Universität Hamburg in
einem Gastbeitrag im Hamburger Abendblatt.
Am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der
Universität Hamburg untersuchte er mit einem Forscherteam, wie das Salz
in der Erdkruste lagert, wie das umliegende Gestein aufgebaut ist und
welche Prozesse die mächtigen Schichten gebildet und verformt haben.
Das Ergebnis lässt aufhorchen, schreibt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. (BI). Denn Hübscher und sein
Forschungsteam warnen davor, Atommülllager in Gebieten zu errichten, die
von kommenden Eiszeiten bedroht sind: In den nächsten 100.000 Jahren
wird die norddeutsche Tiefebene und der Ostseeraum nur einige 10.000
Jahre eisfrei sein, warnt Hübscher: "In den vergangenen 400.000 Jahren hatten die von Skandinavien kommenden
Gletscher der Eiszeiten die oberen ein bis zwei Kilometer der Erdkruste
wie einen riesigen Teig durchgewalkt – und somit das Ostseebecken und
die Norddeutsche Tiefebene massiv verformt und gestört.
Gesteinsschichten verschoben sich gegeneinander, Sedimente wanderten im
Eis, Becken und Hügel formten sich."
Die Nachwirkungen spüren wir noch heute, schreibt Hübschner, so hebe
sich beispielsweise der Norden Skandinaviens seit dem Abschmelzen der
letzten großen Gletscher noch immer an, da die Last des Eises fehlt. Die
Warnung ist klar: „Das hat auch Einfluss auf die älteren Erdschichten,
die im Laufe der Jahrmillionen teilweise nach oben gedrückt wurden – wie
die vielen Salzstöcke Norddeutschlands. Deshalb nehmen wir an, dass
eine weitere Vereisung Norddeutschlands auch große Veränderungen an den
Salzstöcken bewirken würde.“
„In unserer Forderung, Gebiete mit glazialen Ereignissen bei der
Endlagersuche mit denen, die vom Vulkanismus bedroht sind,
gleichzustellen und von vornherein auszuschließen, sehen wir uns durch
diese Forschung voll bestätigt“, resümiert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Eine Einladung zu einer Infoveranstaltung an die Forschergruppe sei
schon auf den Weg gebracht.
Foto: Eismassen formten die norddeutsche Landschaft über Millionen Jahre hinweg nicht nur an der Oberfläche. Die Auswirkungen des massiven Drucks sind sogar in ein bis zwei Kilometer Tiefe noch wahrnehmbar.