Thema: endlagersuche

Forschungsverbund benennt zentrale Konflikte

Fünf Jahre lang soll ein Forschungsverbund verschiedener Fachrichtungen und Universitäten Endlageroptionen für radioaktive Reststoffe untersuchen und bewerten. Am Mittwoch stellte die Expertengruppe ein erste Analyse der möglichen Konflikte vor.

In dem Memorandum skizzieren die Wissenschaftler verschiedene Bereiche, für die es bisher nur widersprüchliche gesellschaftliche oder wissenschaftliche Bewertungen gibt. So wollen die Einen zum Beispiel die Belastungen für künftige Generationen gering halten, während Andere eine möglichst hohe Flexibilität im Umgang mit den nuklearen Reststoffen fordern.

Auch die Frage, mit welcher Endlagertechnologie gearbeitet wird, hängt davon ab, wie die Gesellschaft die zukünftige wissenschaftlich-technische Weiterentwicklung einschätzt: herrscht einerseits Hoffnung auf technische Weiterentwicklung hinsichtlich innovativer
Entsorgungsoptionen, so besteht vielerorts massive Skepsis bezüglich des gesellschaftlichen
und technologischen Fortschritts und seiner Randbedingungen.

Aus dieser Widersprüchlichkeit resultiert die Diskussion, ob der Atommüll für lange Zeiträume mit langfristigen Überwachungsmöglichkeiten und Rückholbarkeit leicht zugänglich bleiben oder ob der strahlende Abfoll sofort langfristig so sicher wie möglich verschlossen werden soll. Damit hängt wiederum die Frage zusammen, ob man es in Kauf nehmen möchte, dass der Atommüll womöglich von Unberechtigten weitergenutzt wird

Die Wissenschaftler sehen angesichts der schwierigen Sachlage auch die Problematik, dass sowohl von Politik als auch von Wissenschaft vielfach eine Strategie des Aufschiebens verfolgt wird, während andere gesellschaftliche Gruppen die Lösung der Endlagerfrage vorantreiben möchten.

Noch schwieriger zu beantworten dürfte die Frage sein, ob es besser ist, die Sicherheit des Atommülls dadurch zu garantieren, dass er permanent unter Beobachtung bleibt - was sowohl Strahlungsprobleme mit sich bringt wie auch finanzielle und organisatorische Belastungen. Oder ist es besser, eine nach derzeitigem technischen Stand als sicher geltende Technologie einzusetzen, die aber auch dann nicht mehr zu korrigieren ist, wenn zukünftige Generationen bessere technische Möglichkeiten zur Entsorgung entwickeln sollten. Und selbst wenn letzteres gelten soll, so ist zu klären, ob die Gesellschaft mehr Vertrauen in die natürlichen, also geologischen Barrieren im Tiefenlager hat oder in technisch aufgebaute Barrieren.

Und nicht zuletzt, so die Wissenschaftler der ENTRIA gilt es, das unterschiedliche Verständnis von "Risiko" zu diskutieren und gegeneinander abzuwägen. Naturwissenschaftler und Techniker haben ein völlig anderes Risikoverständnis als Bürger oder Umweltverbände, die ihre Bewertungen meist jenseits naturwissenschaftlich-technischer Kriterien vornehmen. 

Für all diese spannenden - und für die Wahl der Endlagerungstechnik entscheidenden - Fragen will der Wissenschaftler-Verbund bis zum Jahr 2017 Antworten finden. Die Endlagerkommission, die nach dem Standortauswahlgesetz ein Verfahren zur Findung von Kriterien für die Standortauswahl eingesetzt ist, soll ihre Arbeit allerdings schon bis 2015 beenden.

Nicht ohne Grund fordert deshalb die grüne Landtagsabgeordnete Miriam Staudte, dass die Ergebnisse des ENTRIA-Verbundes in die Auswahl eines Endlager-Standortes einfließen müssen. „Die Endlagerkommission kann nicht binnen zwei Jahren das Standortauswahlgesetz evaluieren und seriöse Auswahlkriterien für eine neue Endlagersuche definieren. Es ist widersprüchlich, dass zwei vom Bund beauftragte Gremien, die die gleiche Zielsetzung haben, einmal mit zwei Jahren und einmal mit fünf Jahren Zeit ausgestattet werden," so Staudte in einer Mitteilung.

Das gesamte Memorandum der ENTRIA steht hier! zum Download bereit.




2014-05-02 ; von Angelika Blank (autor),
in Hannover, Deutschland

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