Leben und Wirtschaften im Biosphärenreservat in Einklang zu bringen mit intensivem Naturschutz - das war beim Festtag zum 20. Bestehen des Großschutzgebietes Flusslandschaft Elbe das einhellige Credeo von offiziellen Vertretern aus fünf Bundesländern.
Rund 100 Gäste waren am Donnerstag bereits am Vormittag gemeinsam ins Boot gestiegen, um den Festtag zum 20. Bestehen des Biosphärenreservats Flusslandschaft Elbe auf dem Fluss zu starten. Bei der Elbtour im
„Vierländereck“ von Dömitz über Lenzen nach Schnackenburg
waren
der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel, Brandenburgs
Umweltminister Jörg Vogelsänger, die Umwelt-Staatssekretäre Dr. Jürgen
Buchwald aus Mecklenburg-Vorpommern und Klaus Rehda aus Sachsen-Anhalt
dabei. Eingeladen zur Bootstour waren auch Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung
und Partnerinstitutionen des Biosphärenreservats.
Auf der Politikerrunde in der Schnackenburger Kirche betonten alle Vertreter der fünf Bundesländer, die einen Anteil am Biosphärenreservat haben, dass sie den Auftrag der UNESCO, Menschen
für eine intakte Natur und Umwelt „ins Boot zu holen“ und gleichzeitig nachhaltige
Entwicklung konkret zu erproben, ernst nehmen.
„In der Länderarbeitsgemeinschaft arbeiten wir eng zum Wohle von Natur und Mensch zusammen, um dem Ideal einer „Modellregion für nachhaltige Entwicklung“ immer näher zu kommen. Das möchten wir heute gebührend feiern“, sagte der Leiter der Biosphärenreservatsverwaltung (BR-Verwaltung) Niedersächsische Elbtalaue, Prof. Dr. Johannes Prüter.
In einer kurzen "Minister"-Gesprächsrunde, die von der Lüneburger Journalistin Carolin George moderiert wurde, diskutierten die Minister und Staatssekretäre über den Stand der Zusammenarbeit, über Erfolge und die Zukunft des Biosphärenreservates.Dabei waren die Diskutanten einhellig der Ansicht, dass hinsichtlich
des Schutzes von Natur- und Landschaft, der nachhaltigen
Regionalentwicklung sowie der Umweltbildung das Biosphärenreservat
auf einem guten Weg sei.
„Der
Zauber einer weiten, naturnahen Flusslandschaft kann hier wie sonst an
keinem andern Fluss in Deutschland erlebt werden. Die einzigartige und
artenreiche Auenlandschaft ist die Grundlage für den sanften
Tourismus und damit auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die
Region“, sagte nicht nur Minister Wenzel.
Die Verwaltungen in der Region sind aber oft nicht gerade hilfreich, die Chancen, die das Biosphärenreservat ihnen für die Weiterentwicklung eines nachhaltigen Tourismus bietet, zu nutzen. So
schaffte es z.B. die Samtgemeinde Gartow in ihrem Imagefilm zwar
die idyllische Kulturlandschaft zu propagieren, aber die 200 000 Euro
teuren Investitionen der Biosphäre auf dem Höhbeck vollständig zu
ignorieren. In dem Projekt "Zeitfenster" hatte die BR-verwaltung mit
viel Aufwand einen informativen Geschichts-, Natur- und Kulturpfad auf
dem Höhbeck eingerichtet. Denn diese kleine Erhebung an der Elbe ist
eine geschichtsträchtige Region, die mit einer außerordentlichen
Artenvielfalt ausgestattet ist. Hier sind noch Seeadler, Graureiher und
Singgänse zu erleben - ganz abgesehen davon, dass sich auf dem Höhbeck
so seltene Pflanzen wie die sibirische Lilie finden. Doch diese
Attraktionen waren der Samtgemeinde nicht einmal ein Standbild wert.
Hochwasserschutz und Naturschutz in Einklang bringen
Nach den Fluten, die die Region seit 2002 immer wieder in Atem hielten, wurde der Biosphärenverwaltung immer wieder vorgeworfen, den Naturschutz zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Dabei ist Hochwasserschutz längst ein Schwerpunkt-Thema bei den Verantwortlichen im Biosphärenreservat. Vergangenes Jahr konnte sich die Biosphärenreservatsverwaltung eine Landesförderung in Höhe von 500 000 Euro freuen, um sechs Jahre lang das Auenmanagement längs der Elbe zu organisieren. Wie der Leiter der Biosphärenreservatsverwaltung für den Teilbereich in Niedersachsen, Prof. Johannes Prüter, berichtete, wurden vergangenes Jahr Arbeitsgruppen eingerichtet, die ein kooperatives Auenmanagement organisieren wollen. "Auch da sind wir auf einem guten Wege," so Prüter. Gemeinsam mit Landwirten, Grundstückseigentümern, Kommunen und Landkreisen, der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie den Deich- und
Naturschutzverbänden sei man aktiv dabei, ein Landschaftspflegeprogramm für den Elbebereich zu entwickeln.
Dabei gehe es hauptsächlich darum, die landwirtschaftliche Nutzung im Uferbereich mit Hochwasserschutz-Interessen zu koppeln. So werden zum Beispiel Rinder- und Schafherden aufgebaut, die den Bewuchs in den Uferbereichen kurz halten sollen. Gleichzeitig wird die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüft und gegebenenfalls angepasst. "Die Zusammenarbeit läuft gut," resümierte Prüter.
Aus der Region für die Region - die Partnerbetriebe
Als positives Beispiel dafür, dass auch im Biosphärenreservat Wirtschaften nicht nur möglich, sondern auch erfolgreich sein kann, führten die ministeriellen Vertreter die Vielzahl der Partnerbetriebe an, die als nachhaltig wirtschaftende Betriebe zertifiziert werden konnten. Insgesamt sind es zur Zeit insgesamt 114 Unternehmen, die als Partnerbetriebe anerkannt wurden. Dazu gehören z. B. landwirtschaftliche Betriebe ebenso wie Bildungseinrichtungen, gastronomische bzw. touristische Anbieter, Handelsunternehmen sowie Handwerksbetriebe. Alle arbeiten nach dem Motto "Aus der Region für die Region". Wie breit die Angebotspalette inzwischen ist, bewies die Präsentation von Produkten einiger Partnerbetriebe. Handgeräucherte Salami, Süßigkeiten oder Milchprodukte aus einer Hofmolkerei sind dabei nur eine kleine Auswahl. Eine Übersicht der Partnerbetriebe gibt es hier!.
Als Vertreterin der Samtgemeinde Gartow hob Asta von Oppen, als Regionalentwicklerin selbst im Aufbau und dem Erhalt von Streuobstwiesen engagiert, hervor, wie wichtig das Biosphärenreservat für den Erhalt dieses "Naturschatzes" ist. Obwohl so viele unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen seien, schaffe es die BR-Verwaltung immer wieder, für Ausgleich zu sorgen. "Das ist ein schmaler Grat auf dem Sie turnen müssen," so von Oppen an die Adresse von BR-Leiter Prof. Johannes Prüter.
Die Tatsache, dass weder vom Bauernverband noch vom Landvolk ein Vertreter zu dem Jubiläumstag gekommen war, zeigte aber, dass in der Zusammenarbeit von Biosphäre und Landwirtschaft noch einige dicke Bretter zu bohren sind. Von manchen Landwirten ist bis heute zu hören, dass sie die Biosphäre als "existenzvernichtende Einrichtung" empfinden. Auch in der Bevölkerung herrscht immer noch bei vielen Einheimischen das Bild der Biosphärenverwaltung als beschränkende Institution vor. Umso verwunderlicher ist es, das das 20-jährige Jubiläum des Biosphärenreservats nicht als großes Volksfest angelegt wurde, sondern als mehr oder weniger geschlossene Veranstaltung für Akteure aus dem Naturschutzbereich.
Foto | Angelika Blank: Fünf Umweltministerien in fünf Bundesländern engagieren sich gemeinsam für die Weiterentwicklung des Biosphärenreservats (von links): Manfred Bohlen (Staatssekretär Schleswig-Holstein), Jörg Vogelsänger (Umweltminister Brandenburg), Stefan Wenzel (Umweltminister Niedersachsen), Dr. Jürgen Buchwald (Staatssekretär Mecklenburg-Vorpommern, Klaus Rehda (Staatssekretär Sachsen-Anhalt) - bei der Ankunft in Schnackenburg.