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„Ganz wach und immer anders“ - Die Freie Bühne Wendland mischt die Bühnen auf

Seit sieben Jahren bereichert die Freie Bühne Wendland die Theaterlandschaft in der Region. Seitdem hat sie rund 30 Stücke auf die Bühne gebracht. Was treibt professionelle SchauspielerInnen, Regisseure und BühnenbildnerInnen an, auf dem Lande Theater zu machen?

Braucht der Landkreis ein eigenes Theater? Fans von Lebendigkeit auf der Bühne werden diese Frage ohne Zögern mit "Ja" beantworten. Und Theaterliebhaber gibt es in dieser Region doch Einige. Die Freie Bühne Wendland dankt es ihnen mit professionellen Stücken verschiedener Genres. Seit ihrer Gründung im Jahre 2011 hat die „Freie Bühne Wendland“ rund 30 Stücke auf die Bühne gebracht. Dabei ist die Palette der Stücke sehr breit: von der skurrilen Komödie bis zum Drama, vom Weihnachtsmärchen bis zum avantgardistischen Butoh-Tanz – die Freie Bühne passt in keine Schublade.

Mit ihrer breiten Themenpalette ist die Theatergruppe ein Kleinod unter den ländlichen Theatern. Dabei arbeiten die Mitglieder – allesamt Profis in ihrem Genre - nicht als festes Ensemble zusammen, sondern als unabhängige KünstlerInnen, die sich von Projekt zu Projekt in wechselnden Konstellationen zusammenfinden. Eine "erfüllte Leidenschaft" für das Theater hält sie alle zusammen.

Sechs Individuen - sechs verschiedene Ansätze

Dabei sind die Schwerpunkte der Einzelnen sehr unterschiedlich. Ursula Pehlke onzentriert sich auf die japanische Tanzform Butoh, hat aber auch schon an Multi-Media-Inszenierungen wie der "Stadt unter dem Meer" mitgearbeitet - ein Stück von und mit MigrantInnen über ihre Situation als Geflüchtete. Gero Wachholz spielt nicht nur, sondern inszeniert auch gerne intelligente Komödien wie zum Beispiel die wilde "Heimatlos" - Wirtshausoper in einem Rausch".

Ab und zu kann Mensch ein Mitglied der Freien Bühne auch im Fernsehen sehen - wie Jeanette Arndt, die zum Beispiel im "Tatort" oder bei der Serie "Rote Rosen" beteiligt war. Am 6. März hat in den Kammerspielen Hamburg "Die Therapie" von Sebastian Fitzeck Premiere. Jeannette Arndt spielt darin die Hauptrolle - eine von Wahnvorstellungen heimgesuchte Frau. Seit 2013 gehört auch sie zur Freien Bühne Wendland.

Caspar Harlan war in seinem "urbanen" Leben an über 100 kurzen und längeren Film- und Fernsehproduktionen, hauptsächlich im Bereich Kinder und Jugendprogramm als Autor, Regisseur oder Schauspieler beteiligt.

Marion Kollenrott, ebenfalls Gründungsmitglied der Freien Bühne, ist 2008 aus dem Schuldienst ausgestiegen und verwirklich seither ihren Jugendtraum als Schauspielerin am Theater. Außerdem ist sie für die Fotodokumentation der Aufführungen zuständig.

Carolin Serafin ist seit 2000 u.a.als freie Regisseurin bei dem Behinderten-Wohnprojekt THEATER TERRA EST VITA tätig. Als Gründungsmitglied der Freien Bühne war sie an zwölf Produktionen als Schauspielerin und/oder Regisseurin beteiligt.

Kerstin Wittstamm erzählt mit Vorliebe Geschichten. Ihre (Co)Inszenierung von "Emmas Glück" wurde zum Erfolgsstück der Freien Bühne. Warum spielt sie als professionelle Schauspielerin in dr Provinz? "Hier auf dem Lande habe ich viel direkteren Kontakt zum Publikum," so Wittstamm über ihre Motivation. "In der Stadt muss man viel performativer arbeiten, da muss man mehr dem Zeitgeist folgen." 

Lebendiges Theater ohne großes Budget

Auch wenn die Mittel des Theaters hierzulande nicht so geläufig sind und auch die Frechheit urbaner Theater nur verhalten eingesetzt werden kann, wollen doch alle Ensemblemitglieder die Freiheit im selbstorganisierten Theaterbetrieb nicht missen. Die Liebe zum Landleben hindert die Gruppe aber nicht daran, ihre Stücke auch in Städten zu zeigen. Vor allem mit "Emmas Glück" war die Freie Bühne schon u.a. in Esslingen, Kiel, Flensburg oder Rostock.

Und das Bühnenbild? Auf den großen Bühnen kostet allein die Ausstattung der Bühne oft sechsstellige Summen. So ein gewaltiges Budget steht der Freien Bühne bei weitem nicht zur Verfügung - auch wenn Fördergelder wenigstens die Basis sichern. Dank der Kreativität der Zeetzer Künstlerin Uta Helene Götz gelingt es jedoh regelmäßig, mit kleinem Budget minimalistische Bühnenbilder zu zaubern, die gerade durch ihre Schlichtheit und Wandelbarkeit beeindrucken. 

Warum entscheiden sich professionelle Theatermenschen für das Leben und Arbeiten auf dem Lande? „Mit Herzblut entwickelte künstlerische Projekte gibt es in den Staatstheatern mit ihren 'Kunstbeamten' nicht. In einem Freien Theater, gerade auf dem Lande, brennen die Ensemblemitglieder viel mehr für die Sache," so Gero Wachholz.

Mit dieser Leidenschaft bringt die Freie Bühne immer wieder Stücke heraus, die Herz und Verstand ihres Publikums erreichen. Derzeit laufen die Proben für „Die Odyssee“, eine witzige und turbulente Umsetzung der Gesänge von Homer. Anfang April ist Premiere. Jeannette Arndt bereitet gemeinsam mit einem Geflüchteten das Stück "Ausschlafen" vor. Es erzählt von zur Abschiebung vorgesehenen Geflüchteten, die zeitweise bei Deutschen schlafen, um wenigstens eine Nacht ohne Angst durchschlafen zu können. Hintergrund: Allzu oft werden die Abzuschiebenden nachts von einem ganzen Trupp Uniformierter aus dem Bett geholt. Betroffene erzählen, dass die Polizisten ohne Vorwarnung an ihrem Bett gestanden und sie mit Taschenlampen geblendet hätten.

Zur Kulturellen Landpartie ist die Freie Bühne mit mehreren Stücken in Klein Witzeetze zu erleben. An verschiedenen Orten macht zur KLP „Der Junge im Bus“ halt.

Mehr zum Spielplan gibt es unter freiebuehnewendland.de.

Foto | Angelika Blank: Abendmahl auf turbulente Art - ein Arbeitstreffen der Freien Bühne Wendland (von links): Caspar Harlan, Gero Wachholz, Carolin Serafin, Ursula Pehlke, Marion Kollenrott, Jeanette Arndt, Kerstin Wittstamm.



2019-02-26 ; von Angelika Blank (text),
in Platenlaase, 29479 Jameln, Deutschland

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