Mit einem gemeinsamen Gegenkandidaten für das Amt des Samtgemeinde-Bürgermeisters wollen SPD, Grüne und UWG bei der anstehenden Kommunalwahl frischen Wind in die Kommunalpolitik bringen: am Samstag stellte sich der Berufsoffizier Dieter Maurischat vor.
Er hat seine Ausbildung bei der Verwaltung gemacht und ist nunmehr seit über 30 Jahren bei der Bundeswehr beschäftigt - und dort seit vielen Jahren auch mit Führungsaufgaben betraut: Dieter Maurischat aus Kapern schreckt es deshalb nicht, ab Mai die Leitung der Gartower Samtgemeinde-Verwaltung zu übernehmen. Am Samstag stellten in Pevestorf Vertreter von SPD, Grünen und der UWG ihren gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Samtgemeinde-Bürgermeisters vor.
1960 in Hitzacker geboren und aufgewachsen entschied sich Maurischat zunächst für eine Ausbildung in der Kommunalverwaltung, die er 1979 abschloss. 1980 dann wechselte er zur Bundeswehr, wo er heute noch - inzwischen als Oberstleutnant - tätig ist. Als ABC-Abwehr-Offizier kennt er sich nicht nur mit dem Strahlenschutz, sondern auch mit Umweltfragen und Arbeitssicherheit aus. Heute ist er seit einigen Jahren bereits Dozent an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg.
Auch international hat Maurischat einige Erfahrungen gesammelt. So war er z.B. mit Koordinierungsaufgaben bei NATO-Projekten im ehemaligen Jugoslawien betraut. Des weiteren hatte er längere Zeit komplexe Verwaltungsaufgaben zu bewältigen, im Rahmen derer er durchaus mehrere hundert Mitarbeiter zu führen hatte.
Verheiratet ist Maurischat mit Irene Brade, Bürgermeisterin von Schnackenburg. Er lebt in Kapern.
Vertrauen in neue Kooperationsformen
Grüne und UWG-Vertreter hatten sich im Vorfeld länger mit Maurischat unterhalten, um entscheiden zu können, ob sie den SPD-Kandidaten unterstützen können. Trotz einiger offener Fragen fiel die Antwort mit "JA" aus.
"Uns war wichtig, dass wir einen Kandidaten unterstützen, der in der Zusammenarbeit zwischen Bürgern, Verwaltung und Politik neue Wege einschlägt," so Theda Kruse (UWG) zu ihrer Motivation, sich für Maurischat auszusprechen. "Er hat viele innovative Ideen und viel Berufserfahrung, so dass wir ihm zutrauen, dass er die Samtgemeinde nach vorne bringen kann." Für allem Maurischats geäußerte Absicht, der Bürgerbeteiligung in der Samtgemeinde mehr Raum zu geben, nahm nicht nur die UWG für ihn ein.
Auch Mathias Gallei (Grüne) ist ein neuer Umgang mit bürgerschaftlichem Engagement besonders wichtig. "Bisher hat die Samtgemeinde hier eher gebremst als gefördert," so Gallei, der für die Grünen im Samtgemeinderat sitzt. "Mit der Aufstellung von Dieter Maurischat als gemeinsamen Kandidaten gibt es nun echte Alternative zum bisherigen Allein-Kandidaten Christian Järnecke von der CDU." Durch die Tatsache, dass sich die drei im Samtgemeinde-Rat vertretenen Nicht-CDU-Parteien auf einen Kandidaten einigen konnten (ein Novum in der Gartower Politikgeschichte!), besteht eine reelle Chance, dass dort tatsächlich zu einem Führungswechsel kommt.
Im Rat hat die CDU seit der letzten Kommunalwahl nur noch dadurch eine Mehrheit, dass der Bürgermeister der CDU angehört. Ohne seine Stimme herrscht im Rat Stimmengleichheit. Ein SPD-Bürgermeister könnte also einen echten Politikwechsel bedeuten.
Viele Themen - wenig Konkretes
Wie dieser Politikwechsel allerdings tatsächlich aussehen würde, das blieb am Samstag in Pevestorf weitgehend unklar. Immer wieder wurde von den SPD-, UWG- und Grünen-Vertretern die Hoffnung auf einen veränderten Umgang miteinander erwähnt, die Hoffnung auf mehr Arbeitsplätze, innovative Ideen in der Weiterentwicklung des Tourismus, Hoffnung auf mehr Bürgerbeteiligung, Hoffnung auf Erhalt und Weiterentwicklung des Schulstandorts und die Hoffnung auf konkrete Projekte im Umgang mit dem demografischen Wandel. In den Vorgesprächen hätten sie den Eindruck gewonnen, dass mit Maurischat all diese Themen im gemeinsamen Sinne bearbeitet werden könnten - auch wenn derzeit noch kein konkretes Programm entwickelt wurde.
"Wenn ich gewählt werde, müssen wir die einzelnen Themen weiter entwickeln," so Maurischats gelassene Antwort auf Nachfragen. "Natürlich werde ich mich auch damit beschäftigen, wie wir neue Arbeitsplätze schaffen können und wie Gartow so attraktiv werden kann, dass sich mehr Fachkräfte hier ansiedeln. Letztendlich müssen wir alle Handlungsfelder nach Jahren des Ruhens neu aufstellen, überprüfen und neue Ideen entwickeln."
Und das Gartower Dauerbrenner-Thema Gorleben? Als Standortgemeinde eines geplanten Endlagers sowie eines existierenden Zwischenlagers für radioaktiven Abfall kommt dem Samtgemeinde-Bürgermeister hier eine besondere Rolle zu. Bisher war der Bürgermeister qua Amt 2. Vorsitzender der Atomkraftfreundlichen Vereinigung "Asketa", einem Zusammenschluss von 25 Kommunen mit kerntechnischen Anlagen, die sich auch trotz Ausstiegsbeschluss immer wieder vehement für die Nutzung der Atomkraft und gegen die Laufzeitbeschränkungen deutscher Kernkraftwerke einsetzt.
Trotz des noch ausstehenden Diskussion im SPD-Ortsverein scheint jedoch nach den Aussagen von Samstag zumindest klar zu sein, dass sich Maurischat gemeinsam mit UWG und Grünen für eine Veränderung des umstrittenen Ansiedlungsvertrages einsetzen wird, der der Samtgemeinde alljährlich rund 850 000 Euro in die Haushaltskassen spült. "Wir wollen keine Auflösung des Vertrages," so Theda Kruse. "Schließlich haben wir die Last eines Zwischenlagers und eines möglichen Endlagers zu tragen. Aber die sogenannte Wohlverhaltensklausel, mit der die Samtgemeinde seit Jahrzehnten am Gängelband der Atomindustrie gehalten wird, muss endlich gestrichen werden." Genau so sieht das auch Mathias Gallei von den Grünen.
Doch wie gesagt: der SPD-Ortsverein hat da auch noch ein Wörtchen mitzureden. Bisher hatte dieser es jahrzehntelang geduldet, dass die SPD-Abgeordneten im Samtgemeinde-Rat in Sachen "Gorleben" regelmäßig mit der CDU stimmten.
Foto / Angelika Blank: Stellten am Samstag in Gartow ihren gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Samtgemeinde-Bürgermeisters vor (von links): Heike Bade (SPD), Mathias Gallei (Grüne), Dieter Maurischat (SPD) und Theda Kruse (UWG)