Thema: corona

Gastronomieöffnungen: "Wir hängen in der Luft"

Gäste freuen sich, dass sie endlich wieder lecker Essen gehen oder einfach nur ein Glas Wein in der Kneipe trinken können. Doch für die Gastwirte sind die aufgestellten Hygieneregeln eine harte Herausforderung. Vor allem für kleine Betriebe könnte eine Öffnung den Ruin bedeuten.

Ein Abstand von 2 m von Tisch zu Tisch, nur 50 % der sonst üblichen Gästezahl, Vorbestellung, Kontaktdaten sammeln und lediglich zwei Personen an einem Tisch - die Regeln für Gastwirte, die ab dem 11. Mai öffnen wollen, sind hart.

Nicht alle können da mitspielen. Sven Rieger, selbst Betreiber eines Landgasthofs mit angeschlossenem Hotel und Vorsitzender des hiesigen DEHOGA Kreisverbandes (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) weiß, dass einige seiner Kollegen am Montag nicht öffnen werden.

"Es ist schwierig," so Rieger. Er selbst hat genug Fläche, um die scharfen Regeln einhalten zu können. "Aber diejenigen mit kleinen Räumen machen Verluste, wenn sie öffnen." Bei einer Öffnung muss wieder mehr Personal eingesetzt werden - die möglichen Einnahmen können aber maximal die Hälfte dessen sein, was bei Normalbetrieb reinkommt.

Bei den Telefonkonferenzen zwischen den DEHOGA-Kollegen ist die Meinung unterschiedlich. "Jeder hat da seine eigene Herangehensweise," so Rieger. "Diese Öffnungserlaubnis hat einen faden Beigeschmack. Die Gäste denken, es ist normal geöffnet und dann muss ich ihnen sagen, dass eine Reservierung für 13 Personen nicht möglich ist." Das stößt nicht immer auf Verständnis.

Noch schwieriger ist die Situation im Hotelbereich. Ab dem 25. Mai dürfen zwar Gäste wieder beherbergt werden, aber es dürfen nur 50 % der vorhandenen Zimmer belegt - und nach Abreise der Gäste sieben Tage lang nicht wieder neu vermietet werden. Für Rieger bedeutet das eine Auslastung von lediglich rund 30 %. Die Kosten für Reinigung, Service etc. fallen aber trotzdem an.

Andere Pensionen öffnen deswegen gar nicht erst, weil sie sich die Unterbelegung nicht leisten können. 

Läuft die Förderung weiter?

Unklar ist, ob die versprochene Unterstützung des Landes - ob Soforthilfe oder Liquiditätskredit - auch noch gewährt wird, wenn die Betriebe wieder geöffnet sind. Nicht nur für Sven Rieger eine spannende Frage. Nach seiner Kenntnis haben bisher ein Drittel der Betriebe eine Förderung erhalten, ein Drittel wurde abgelehnt und ein Drittel wartet noch auf Bescheide. "Dabei wird oft nur Förderung für einen Monat bewilligt," so Rieger. Über die Anträge auf mehrmonatige Förderung gibt es seines Wissens noch keine Entscheidungen.

"Wir hängen in der Luft," so Rieger. "Weil wir auch nicht wissen, was passiert. Die Regeln werden dauernd geändert. Und: Wie eng sieht das Ordnungsamt die Einhaltung der Regeln? Werden wir schon bestraft, wenn die Tische nur wenige Zentimeter auseinander stehen? Außerdem gibt es jetzt schon die ersten schwarzen Schafe, die einen ganz normalen gastronomischen Betrieb laufen lassen." Rieger befürchtet nicht nur Wettbewerbsverzerrung, sondern auch, dass das Öffnungsrecht wieder zurückgenommen wird, wenn zuviele Betriebe sich nicht an die Regeln halten. "Es bleibt spannend," so Rieger. "Aber wir versuchen, das Beste herauszuholen."

EINIGE BEISPIELE

Gartow: Das Hahnenberger/Lago di Gartow/Bootsterrasse

Das Restaurant "Hahnenberger" am Schützenplatz bleibt bis ca. Pfingsten zu. "Da warten wir ab, wie sich die Situation entwickelt," so Wolfram Kumpert, Inhaber der drei Restaurants in Gartow. "Eventuell machen wir Pfingsten mit den Terrassen wieder auf."

Die Bootsterrasse am See wird wieder geöffnet ebenso wie das italienische Restaurant Lago di Gartow. "Wir schauen uns jetzt erst einmal vier Wochen lang an, wie sich der Betrieb entwickelt," so Kumpert. "Wir sind ja in der glücklichen Situation, sowohl die Terrasse als auch die Wiesenfläche nutzen zu können." Mit der doppelten Einschränkung - nur 50 % Belegung und 2 m Abstand von Tisch zu Tisch - ist Kumpert allerdings nicht zufrieden. "Viel verdienen kann man damit nicht."

Grabow: Kulturbarbarei

Mit rund 80 qm Gastraum hat die "Kulturbarbarei" sehr wenig Platz zur Verfügung. "Normalerweise können wir max. 70 Sitzplätze anbieten, mit den Beschränkungen jetzt nur noch max. 25. Ich weiß einfach nicht, ob die Kosten wieder eingespielt werden." Deshalb bleibt die Kulturbarbarei bis September geschlossen.

Trebel: Bauernstuben

Uwe Bartholomäus, Inhaber der Trebeler Bauernstuben, ist wiederum in der glücklichen Situation, viel Fläche und eine Terrasse zur Verfügung zu haben, deswegen hat er viel Spielmöglichkeiten. "Aber leben kann ich mit der vorgeschriebenen 50%igen Auslastung nicht." Trotzdem wird er sein Restaurant öffnen.

Den Pensionsbetrieb lässt er angesichts der harten Spielregeln geschlossen. "Das rechnet sich gar nicht," so Bartholomäus.

Keine große Begeisterung

Begeistert ist keiner der befragten Gastwirte über die Möglichkeit, den Betrieb wieder zu öffnen. Einerseits sind es die schwierigen Vorgaben, andererseits auch die Unsicherheit, ob und wann erneut eine Schließungsanordnung kommt, die die Gastronomen nur mit angezogener Handbremse fahren lässt. Außerdem gibt es noch einige Unklarheiten, zum Beispiel die Frage, wieviele Personen an einem Tisch sitzen dürfen.

Bei Verstößen: Bußgeld auch für Gäste

Die Gäste können sich freuen, ab Montag wieder ein Restaurant aufsuchen zu dürfen, aber sie sollten wissen:

  • Gruppenreservierungen sind nicht möglich (es sei denn, alle Teilnehmenden kommen aus einem Haushalt)
  • Bei Nichteinhaltung der Landesvorgaben kann das den Gastwirt bis zu 3000 Euro Bußgeld kosten
  • Und auch für die Gäste könnte das Abendessen mit Freunden teuer werden: hier ist für jede/n Teilnehmende/n ein Bußgeld von 150 Euro fällig, wenn sie beim fröhlichen Gruppenumtrunk erwischt werden.


Foto | Angelika Blank: Leere Tische sind für die "Trebeler Bauernstuben" ab Montag nur noch zur Hälfte Realität.




2020-05-09 ; von Angelika Blank (text),
in Lüchow-Dannenberg, Deutschland

corona  

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können