Sie liebte Schwarzwälder Kirschtorte. Und sie kämpfte für ihre Freundinnen ebenso vehement wie gegen die Einrichtung eines Atommüllendlagers in Gorleben. Vergangene Woche ist Edelgard Gräfer gestorben. Hier Gedenkworte von einigen Freundinnen.
Mit fast 79 Jahren starb am 4. Januar Edelgard Gräfer. Eine Frau, die den Widerstand gegen die Atomanlagen über Jahrzehnte hinweg mitprägte. Sie lief nie im Windschatten anderer, sondern setzte dort wo sie aktiv war, deutliche Zeichen. Bei den "Gorlebenfrauen" war sie nicht wegzudenken und in der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg hat ihr Engagement sie auch zeitweise in die Rolle der Vorsitzenden gebracht.
Für immer verknüpft ist ihr Name mit der Widerstandsaktion "Stuhlprobe". Sie hatte die ebenso humorige wie sinnvolle Idee, Ältere, die nicht auf der Schiene sitzen konnten oder wollten, zu einer "Stuhlprobe" vor die Castorverladestation nach Dannenberg einzuladen.
Doch das ist nur ein Teil des Menschen Edelgard. Ihre Freundinnen konnten sich darauf verlassen, dass sie sich vehement für sie einsetzte, wenn ihnen Unrecht geschah.
Hier Gedenkworte von einigen WeggefährtInnen:
Der Gorleben Konflikt hat sicher viele Jahre Edelgard`s Leben geprägt. Engagiert, mit großer Kreativität und Handfestigkeit war sie aktiv. Aber es gab auch das Private, das Ruhige, das Empfindsame - wie bei jede/n von uns.
das Haus mit schönen Möbeln und den Garten in Sallahn
der Kirschbaum der (fast) jedes Jahr voll hing
gute Bücher und gutes Essen
das morgendliche Schwimmen im nahegelegenen Waldbad
die Rosen, die Hühner und Hund Lisa
Und es gab Marga in ihrem Leben
Ob an der Havel oder im Landkreis; Fahrradfahren und Spazierengehen. Sportlich waren beide immer wieder unterwegs.
Nun ist die schwere Zeit der Verwirrung für sie zu Ende und ich werde noch lange an sie denken. (Birgit Huneke)
Denke ich an Edelgard, sehe ich eine solidarische, engagierte Gorlebenfrau vor mir
Denke ich an Edelgard, denke ich an die „Stuhlprobe„ vor dem Verladekran
Denke ich an Edelgard, bin ich traurig, dass sie gestorben ist
und mein Lebensende rückt mir näher (Margrit Albers | Hitzacker)
Erinnerungen an Dich, Edelgard, an Dein Lachen, Deine Kraft, Deine Ideen, an die gemeinsamen Blockaden auf der Zufahrt zum Endlager, an die Schmierseifenaktion bei Gusborn, das Frühstück mit edlem Geschirr, Silberbesteck und weißen Tischtüchern vor dem Zwischenlager, die Zugfahrt nach Biblis mit Ausstieg und Aktion an jeder Haltestelle und vielem mehr, solang Deine Kraft reichte. Dank für Dein Da - Sein, Deine Menschlichkeit und Dein Engagement. Sei behütet, wo immer Du auch jetzt bist. (Susanne von Imhoff | Vietze)
Edelgard - hatte klare Haltungen, war streitbar, hat sich immer für ihre Überzeugungen mit viel Kraft und Kreativität eingesetzt.
Sie war eine feste Größe. Sie fehlt - aber alles hat seine Zeit und ihre Zeit hier ist nun zu Ende. (Andrea Zobel/Hitzacker)
Und hier ein Gedenktext von Heike Mahlke, die Edelgard bis zu ihrem Tode begleitet hat:
Beim Nachdenken über meine Begegnungen mit Edelgard Gräfer fallen mir viele Bilder ein. Ich bin Edelgard zum ersten Mal bei einer Aktion der Gorlebenfrauen auf der Straße begegnet. Sie war eine engagierte und unerschrockene Gorlebenfrau. Sie hat viele phantasievolle Aktionen ins Leben gerufen und konnte andere mitreißen, sich einzubringen. Ich erinnere mich an ihre Fröhlichkeit und ihren Unternehmungsgeist, zum Beispiel wenn wir als Gorlebenfrauen auf Reisen waren.
Edelgard konnte sehr beharrlich sein. Ich habe eine Szene in der Ausländerbehörde vor Augen, in der die Verwaltung uns beiden die Aufnahme einer bosnischen Familie verweigern wollte, aber dank Edelgards Entschiedenheit letztlich nachgegeben hat.
Das Schicksal einer von ihr betreuten kurdischen Familie hat sie so sehr berührt, dass sie der Familie nach Frankreich nachgereist ist, um zu erfahren, was aus ihr geworden ist. Edelgard konnte zornig werden, wenn ihrer Meinung nach Menschen ungerecht behandelt wurden. So hat sie eine Zeitlang in der Obdachlosenhilfe gearbeitet und sich für die Menschen eingesetzt, die ihr anvertraut waren.
Als Edelgard krank wurde, ist es um sie stiller geworden. Das Haus und der Garten wurden ihr Lebensraum. Ich sehe sie am Fenster in der Diele sitzen, darauf wartend, dass jemand kommt oder am großen Tisch in der Küche, wo sie sich auf ihre Weise am Gespräch beteiligt hat. Immer war Marga, ihre Partnerin, treu und fürsorglich in ihrer Nähe.
Foto | Ingrid und Werner Lowin: Edelgard (li.) bei einer Widerstandsaktion im Jahre 2006