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Geht es bald mit hohen Geschwindigkeiten ins Internet?

Am Mittwoch stellten Vertreter der Planungsgesellschaft seim & partner Modelle für die Breitbandstruktur vor, die es ermöglichen soll, mit hohen Geschwindigkeiten das Internet zu nutzen. Die Erkenntnis: frühestens in drei Jahren könnte schnelles Internet Realität werden -  vorausgesetzt eine ganze Reihe von Fragen können geklärt werden.

Rund 50 % der Internetnutzer in Lüchow-Dannenberg sind unzufrieden über die Geschwindigkeiten, mit denen sie im Netz surfen können. Das ergab eine Befragung aus dem vergangenen Jahr. In anderen Landkreisen ist das durchaus anders: im Durchschnitt der verglichenen Landkreise (z. B. Leer 78 %, Osnabrück 64%) sind es 69 % der BewohnerInnen, die mit ihrer Internetversorgung zufrieden sind.

Dass Lüchow-Dannenberg in Sachen Internetversorgung vor allem in der Fläche Probleme hat, ist schon länger bekannt - außer den größeren Orten wie Lüchow oder Dannenberg verfügt kaum ein Ort über schnelle Leitungen. Doch keiner der großen Anbieter, ob Telekom oder Vodafone, war bisher bereit, in den Ausbau der Netze zu investieren.

Regionalplaner und Wirtschaftsförderer der Region wissen, dass schnelle Internetverbindungen schon jetzt zum existenziellen Bestandteil regionaler Infrastruktur gehören. Bereits vor einigen Jahren berichteten Makler, dass 20 - 30 % der Hauskauf-Interessierten von einem Vertrag Abstand nahmen, wenn sie erfuhren, dass sie an dem gewünschten Ort keine schnelle DSL-Verbindung haben würden. Auch der Arbeitsmarkt ist durch die nicht vorhandenen leistungsstarken Leitungen massiv eingeschränkt: immer beliebter werdende Home-Office-Arbeitsplätze oder datenintensive Aufträge für Freischaffende sind im Landkreis Lüchow-Dannenberg nur mit erheblichen Zusatzkosten umsetzbar. Deshalb initiierte der Landkreis mit dem Auftrag an die Planungsfirma seim + partner noch einmal einen Vorstoß, um wenigstens in einigen Jahren flächendeckend schnelle Verbindungen anbieten zu können.

Am Mittwoch stellten nun Vertreter der Planungsgesellschaft aus Taunusstein verschiedene Modelle vor, wie der Landkreis zu schnellen Internetverbindungen kommen könnte. Grundlage der Modelle ist die flächendeckende Verlegung von Glasfaserkabeln.

Direkt ins Gebäude oder nur bis zum Kabelverzweiger?

Nach einer großflächigen Analyse der Gegebenheiten vor Ort kristallisierten sich für die Planer zwei umsetzbare Varianten heraus: Glasfaserverbindungen in jedes Gebäude (FttB-Anbindungen) oder Glasfaseranbindungen zu Kabelverzweigstellen (FttC).

"Um uns zukunftsfähig aufzustellen, kommt für uns wohl nur die Anbindung jedes Gebäudes an das Glasfasernetz in Frage," so Maria Schaaf, Baudezernentin des Landkreises. Denn bei der sogenannten "FttC"-Lösung enden die Glasfaserkabel an den Kabelverzweigstellen der Telekommunikationsanbieter - die Daten, die bisher über Glasfaser transportiert wurden, legen den Rest der Strecke bis zum Endkunden per Kupferkabel zurück. "Das bringt Verluste mit sich," weiß Maria Schaaf. "Die Entwicklung auf dem Internetmarkt geht immer weiter. In einigen Jahren reden wir nicht mehr über 30/40 MBits-Geschwindigkeiten, sondern über weit höhere Übertragungsraten. Das ist dann nur mit Glasfaser-Leitungen zu realisieren, die direkt bis zum Endkunden gehen."

Die Variante "FttB" ist aber weitaus teurer und aufwändiger als die "FttC"-Variante. Investitionen im zweistelligen Millionenbereich sind notwendig, so Schaaf. Genauere Zahlen mochte die Baudezernentin nicht nennen, um spätere Ausschreibungsverfahren nicht im Vorfeld zu beeinflussen. 

Netze selbst betreiben oder nur das Geld organisieren?

Neben den technischen Entscheidungen muss sich der Landkreis auch damit beschäftigen, wie das neue Telekommunikationsnetz betrieben werden soll. "Als Betreiber der Netze würde der Landkreis die Kontrolle über die Nutzung behalten," so Schaaf. "Und er würde natürlich kontinuierlich Einnahmen aus Verpachtung des Netzes erzielen." Auf diese Art und Weise würden sich die enorm hohen Investitionen der Aufbauphase im Laufe der Zeit in Rendite verwandeln.

"Die andere Variante wäre, dass der Landkreis lediglich dafür sorgt, dass die Realisierer und Betreiber der Netze ihre Wirtschaftlichkeitslücken ausgleichen können," erläuterte Schaaf weiter. "Aber das würde bedeuten, dass die Netze dann den Betreibern gehören und der Landkreis keinerlei Anteil mehr am Gewinn hat. Ganz abgesehen davon, dass der Landkreis auch die Entscheidungshoheit über die Netze verliert." Deshalb plädiert die Verwaltung im Moment dafür, eine landkreiseigene Betreibergesellschaft für das Glasfasernetz zu gründen.

Wie geht es jetzt weiter? 

"Mit der jetzt vorliegenden Strukturplanung können wir im Lenkungsausschuss die weiteren Schritte festlegen," so Schaaf. Was heißt: Optimierungsmöglichkeiten (z. B. wie und wo die Leitungen günstiger gelegt werden können, bis zu welcher Entfernung Einzelgehöfte angeschlossen werden sollen) werden geprüft, Modelle für Rechtsformen einer möglichen Betreibergesellschaft und detaillierte Kostenplanungen entwickelt.

Bis zum April, so schätzt Baudezernentin Schaaf, können diskussionsfähige Konzepte vorliegen, die dann bis zum Sommer in den politischen Gremien verhandelt sein sollen.  

Bleibt noch die große Frage der Finanzbarkeit - immerhin geht es um zweistellige Millionensummen, die für den Ausbau in die Hand genommen werden müssen. Sowohl Bund als auch Land hatten signalisiert, dass sie erhebliche Fördermittel für den Breitbandausbau zur Verfügung stellen werden. "Bisher liegen dazu aber keinerlei Richtlinien vor," bedauert Schaaf. Wie am Mittwoch von Vertretern des Landes und des Breitband-Kompetenzzentrums zu hören war, wird es wohl noch bis zum Spätsommer wenn nicht gar Herbst dauern, bis es genauere Aussagen zu möglichen Fördergeldern geben wird. 

Und dann ist da natürlich auch noch die spannende Frage zu klären, wie das Land darauf reagiert, dass der marode Landkreis, der gerade mit über 80 Millionen Euro entschuldet worden ist, mehrstellige Millionensummen an Krediten aufnehmen will, um ein flächendeckendes Telekommunikationsnetz aufzubauen. Aber auch in dieser Frage bleibt Baudezernentin Schaaf optimistisch: "Natürlich muss das abgeklärt werden. Aber dem Landkreis Uelzen wurde gerade vom Land eine ähnliche Kreditaufnahme genehmigt, da der Landkreis darstellen konnte, dass es sich um einen 'rentierlichen Kredit' handelt." Schließlich kann der Landkreis aller Voraussicht nach mit den Einnahmen aus der Netzverpachtung langfristig Gewinne erzielen - so jedenfalls die Einschatzung der Kreisverwaltung.

Zu entscheiden sind diese Fragen alle erst dann, wenn genauere Zahlen über die Projektkosten sowie die erwartbaren Pachteinnahmen vorliegen. Und wenn klar ist, dass es überhaupt interessierte Unternehmen gibt, die ein derartiges Netz betreiben wollen. Die Telekom zumindest, so Maria Schaaf, hatte vor einiger Zeit signalisiert, kaum bis kein Interesse mehr an der Versorgung ländlicher Räume zu haben. "Bei den zu erwartenden Investitionskosten müssen wir eine europaweite Ausschreibung machen," so Schaaf. Es werden wohl eher kleine bzw. unbekannte Anbieter sein, die sich um die Übernahme der Netze bewerben werden. Der Kunde wird dann die Wahl haben, ob er bei der hierzulande dominierenden Telekom bleiben oder zum neuen - womöglich unbekannten - Anbieter wechseln möchte.

Aber, so Schaaf, "wenn wir die ganze Feinjustierung hinter uns haben und auch die Finanzierungs- und Förderfragen geklärt sind, sehen wir gute Chancen, dass der flächendeckende Glasfaserausbau realisiert werden kann. Davon ist auch der Landrat überzeugt."

Bedeutet konkret: wenn die politischen Gremien mitspielen und die Finanzierung organisiert werden kann, könnte es in drei Jahren tatsächlich schnelles Internet für über 90 % der wendländischen Bevölkerung (und natürlich der Unternehmen) geben. Wie gesagt: könnte - denn bis dahin gibt es noch viele, viele Fragen zu klären.

Grafik / seim + partner: Ziemlich weiß ist die Karte Lüchow-Dannenbergs, wenn es um die Bereiche geht, die mit schnellen Internetleitungen versorgt sind. Selbst die Regionen, die mit Übertragungsraten unter 30 MBit/s (rot) arbeiten können, sind nur sporadisch über den Landkreis verteilt. Und Grün (mehr als 30 MBit/s) ist hierzulande sowieso rar gesät.



2015-03-12 ; von Angelika Blank (autor),
in 29439 Lüchow, Deutschland

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