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Gedenkstunde für russische Zwangsarbeiter

Zehn Tage lebten sie in einem Zeltcamp miteinander, beschäftigten sich mit den Geschehnissen des zweiten Weltkrieges: 18 junge Menschen aus Polen, Deutschland und der Ukraine nahmen teil an der trinationalen Jugendbegegnung. Letzten Dienstag beendeten sie ihre Begegnung mit einer Gedenkstunde am Ehrenmal für sechs russische Zwangsarbeiter in Neu Tramm.

Sie hießen Mironow, Tschtataljow, Zysow, Iwanow, Makarzyk und Naumow - viel mehr als ihre Namen weiß man nicht über die sechs Zwangsarbeiter, die Ende des zweiten Weltkrieges ihren Tod in Neu Tramm fanden. An der Montage der V2-Raketen mussten sie mitarbeitenm, die damals in dem kleinen Ort hergestellt wurden.

Nach ihrem Tode wurden sie in dem Wald nahe Neu Tramm verscharrt. Doch immerhin blieb die Erinnerung an die sechs Toten erhalten. Ende der 50er Jahre wurde Peter Selber von seinem Major auf die schon damals angelegte Gedenkstätte hingewiesen - besonders gepflegt war sie zu der Zeit nicht. Gemeinsam mit einigen Kameraden begann dann der heutige Dannenberger Bürgermeister sich regelmäßig um die Gedenkstätte zu kümmern. Umso erfreuter war Peter Selber, als sich nun Jugendliche aus drei Ländern an der Pflege beteiligten.

Für die Jugendlichen war das zehntägige trinationale Jugendcamp vor allem eine Gelegenheit zur Begegnung und zum Austausch. Zehn Tage lang lebten sie zusammen, arbeiteten, scherzten und ammelten neue Eindrücke. letzte Montag führte die Jugendlichen noch einmal zusammen auf den kleinen Waldfriedhof bei Neu Tramm.

Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen

In den zehn Tagen vorher hatten sie sich intensiv mit den Gräueltaten im Nationalsozialismus auseinandergesetzt, das ehemalige Konzentrationslager Neuengamme besucht, das Wifo-Gelände in Hitzacker sowie den Forschungsbereich Nationalsozialismus im Museum Wustrow.

In vielen Gesprächen und Besuchen verwirklichten die Jugendlichen aus drei Ländern das Motto des Camps "Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen". Unter dem Motto standen dann auch die Rezitier- und Gesangbeiträge der jungen Leute und der älteren Gastgeber wie Pastor Klaus Schulz-Sandhof, Bürgermeister Peter Selber, Carola Ebeling und Diethard Gnade (für den erkrankten Hans Naumann).

Alle Redner erinnerten daran, wie glücklich Europa sich schätzen könne, seit 65 Jahre im Frieden zu leben. "Doch Frieden bleibt nicht einfach so. Wir müssen alle mithelfen, dass es so bleibt" mahnte Peter Selber. Und Pastor Schulz-Sandhof würdigte das Engagement der Jugendlichen die sich freiwillig mit einem sehr düsteren Kapitel europäischer Geschichte auseinandersetzten. Auch er mahnte, die Gräuel nicht zu vergessen: "Der ist tapfer, der die Gefahr ahnt, der um die Brutalität der Menschen weiß und trotzdem nicht aufgibt. Der Respekt vor den Toten muss tief in unseren Herzen wurzeln." Alle sind verpflichtet, das Schicksal der Kriegstoten zu würdigen, so der Pastor aus Drethem weiter.

Auch Carola Ebeling vom Schulvorstand der Berufsbildenden Schulen in Lüchow dankte den Jugendlichen für ihr Engagement. SchülerInnen der BBS hatten dafür gesorgt, dass der kleine Friedhof einen neuen Zaun erhält und gründlich saniert wird.

Mit zwei gemeinsam gesungenen Liedern ging die Feierstunde am Gedenkmal zu Ende.

Behandelt mir die Kriegsgefangenen gut

Wie präsent die Folgen des zweiten Weltkriegs immer noch sind, bewies dann später am Tag die Begegnung mit einer Dannenbergerin. Die 85-jährige Herta Rehe findet den Weg zum 800 m tief im Wald gelegenen Friedhof längst ohne Hinweisschild (das im übrigen immer noch fehlt). "Mindestens einmal im Jahr komme ich an diesen Ort, den ich vor rund sieben Jahren entdeckt habe. Für mich ist das ein wunderbarer Ort, mich an meinen beiden Brüder zu erinnern, die 1944 irgendwo in Russland in Gefangenschaft geraten und niemals nach Hause zurückgekehrt sind", erzählte die alte Dame. "Auch wir hatten im Krieg auf unserem Hof serbische Zwangsarbeiter. Ich werde nie vergessen, wie mein Bruder einmal auf Heimaturlaub zu mir sagte, dass wir 'ja unsere Kriegsgefangenen gut behandeln sollen. Denkt daran, wie leicht es uns genau so ergehen kann.' Einige Monate später kam dann die Nachricht, dass, beide Brüder gefangen genommen worden sind." Für Herta Rehe war das das letzte ärmliche „Lebenszeichen“ von ihren Brüdern. Wenn sie jetzt auf den Waldfriedhof kommt, dann stellt sie sich vor, dass ihre Brüder durch fremde Menschen zuletzt auch so ein schönes Plätzchen gefunden haben. "Ein schöner Ort für meine Trauer. Dafür bin ich jetzt auch den jungen Leuten sehr dankbar. Aber ich kann auch froh und glücklich sein, dass, zum Beispiel, meine Söhne und Enkelkinder in den letzten 65 Jahren in Ruhe und Frieden heranwachsen und reifen durften", freute sich Herta Rehe über das Engagement der Jugendlichen.

Adam Malinski, Begleiter der polnischen Jugendlichen, prägte das Wort der “Schicksalsgemeinschaft“, in der Deutsche, Polen und Ukrainer leben - über Gräben und Gräber der Vergangenheit hinaus. Aus dem Unverständnis der jungen Polen, Ukrainer und Deutschen schöpft Adam den Glauben daran, dass das Grauen, das es überall in Europa und der Welt vor den Gräueltaten der Faschisten aller Länder aber besonders für die Grausamkeiten der deutschen Kriegs- und Vernichtungsmaschinerie gab, langsam geschwunden ist. Alles ist wirklich geschehen, und alle haben auf die eine oder andere Art darunter gelitten.

"So bilden wir eine Schicksalsgemeinschaft und haben im einiger werdenden Europa d i e Chance, sich dessen bewusst zu werden und freundschaftlich zusammenzurücken", so Adam am Rande der Veranstaltung. Bei der heiter-gelösten Stimmung, die während des zehntägigen Camps herrschte, besteht gute Hoffnung, dass Freundschaft und Versöhnung zumindest für die kommenden Generationen keine leeren Wörter mehr sind.

Foto: Angelika Blank

 

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2010-07-10 ; von Bernd Bruno Meyer / Angelika Blank (autor),

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