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Genmais auf Niedersachsens Äckern? - Kontrollen ungenügend

Seit Jahren ist der Anbau von gentechnisch verändertem Mais in Deutschland verboten. Doch jedes Jahr finden die Kontrolleure genverändertes Saatgut in den Stichproben. In diesem Jahr besonders heikel: die Analyse der Stichproben fand in Niedersachsen so spät statt, dass zu befürchten ist, dass dieses - verbotene - Saatgut auf niedersächsischen Äckern gelandet ist. Nur, wo, weiß derzeit niemand.

Jutta Kremer-Heye, Pressesprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums bestätigte heute gegenüber wnet, dass in zwei von 35 gezogenen Saatgutproben genmanipuliertes Saatgut gefunden worden ist. "Wir haben bereits das Gewerbaufsichtsamt Cuxhaven eingeschaltet, welches jetzt bei der betroffenen Saatgutfirma ermittelt, welche Vertriebswege das Saatgut genommen hat." Laut Kremer-Heye weiß derzeit auch das Landesumweltministerium nicht, wohin genau das belastete Saatgut geliefert worden ist.

Nach Angaben von Greenpeace handelt es sich um die in Deutschland nicht zugelassene Gen-Mais Sorte NK603. Für die Umweltschutz-Organisation ist dies eindeutig ein Fall von "Behördenschlendrian": Das ist genau der Fall, der nicht passieren darf, kritisiert Landwirtschaftsexperte Alexander Hissting von Greenpeace. Es ist ein Skandal, dass die Ergebnisse der Untersuchungen über zwei Wochen auf den Schreibtischen der niedersächsischen Ministerien lagen. Andere Bundesländer haben das verunreinigte Saatgut rechtzeitig aus dem Verkehr gezogen.

Greenpeace hatte bereits am 26. April Untersuchungsergebnisse aus neun Bundesländern veröffentlicht. In Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Schleswig-Holstein, Hessen, Brandenburg, Bayern und Baden-Württemberg waren die Behörden fündig geworden. Allerdings gelang es, das verunreinigte Saatgut sicherzustellen, bevor es an die Landwirte ausgeliefert wurde.

Anbau von NK 603 ist illegal

Ist das mit Gen-Mais kontaminierte Saatgut erst einmal im Boden, ist es wesentlich schwieriger und teurer, es unschädlich zu machen. Schon eine Saatgutverunreinigung von nur 0,1 Prozent hat zur Folge, dass etwa 100 gentechnisch veränderte Pflanzen auf einem Hektar wachsen. Der Fall zeigt wieder: Agro-Gentechnik und gentechnikfreie Landwirtschaft können nicht nebeneinander existieren, so Hissting.

Der Anbau des verunreinigten Maises ist illegal. Greenpeace fordert das niedersächsische Ministerium auf, unverzüglich die betroffenen Landwirte zu informieren und anzuweisen, die Pflanzen auf den Feldern zu vernichten. In diesem und im nächsten Jahr darf auf diesen Flächen kein Mais angebaut werden. Eventuell aufkeimendes Mais-Saatgut muss entfernt werden.

Zudem muss das Umweltministerium die betroffenen Flächen flurstückgenau im Standortregister veröffentlichen, damit sich benachbarte Landwirte und Imker vor weiteren Verunreinigungen schützen können. Der Saatguthersteller hat für den entstandenen Schaden der Landwirte aufzukommen.

Für die Veröffentlichung der genauen Flächen gibt es einen Präzedenzfall: Im Jahr 2007 wurde festgestellt, dass bereits gesäter Raps verunreinigt war. Greenpeace konnte zusammen mit Bioland gerichtlich erreichen, dass die genauen Standorte veröffentlicht wurden. Damals ging es um Flächen in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.

Welche Maßnahmen im aktuellen Fall eingeleitet werden, konnte das Ministerium noch nicht sagen. "Da gibt es verschiedene Möglichkeiten", so Pressesprecherin Jutta Kremer-Heye. Zunächst müsse das Ermittlungsverfahren des Gewerbeaufsichtsamtes abgewartet werden.

Grüne: Keine Aufweichung der Nulltoleranz durch die Hintertür

Der agrarpolitische Sprecher der Landtagsgrünen Christian Meyer hat die Landesregierung scharf kritisiert: "Die Kontrollen in Niedersachsen sind viel zu lasch und erfolgen viel zu spät". Es sei sehr wahrscheinlich, dass die Saat bereits ausgebracht worden sei, sagte der Grünen-Politiker. Meyer forderte die Landesregierung auf, unverzüglich zu veröffentlichen, wo verunreinigtes Saatgut ausgesät wurde. "Die betroffenen Felder müssen jetzt sofort umgepflügt werden, um eine weitere Verunreinigung der Umgebung zu verhindern und Gefahren für die biologische Vielfalt, die Gesundheit und die gentechnikfreie Landwirtschaft abzuwenden."

"Der Verdacht liegt nahe, dass mit den laschen Kontrollen Fakten geschaffen werden und die Gentechnik durch die Hintertür durchgesetzt werden soll", sagte Meyer. "Die Landtagsfraktionen von CDU und FDP in Niedersachsen setzten sich seit langem für eine Aufgabe der Nulltoleranz beim Saatgut und in Futtermitteln ein. CDU und FDP haben die guten Gründe für das bundesweite Anbauverbot des giftigen Genmais MON810 immer noch nicht verstanden!

DIE LINKE im Landtag sieht sich in ihren Warnungen bestätigt, dass sich genmanipulierte Pflanzen in Niedersachsen unkontrolliert ausbreiten könnten, wenn der Aussaat kein Einhalt geboten wird. Medienberichten zufolge wurden in mehreren Maisproben gentechnisch veränderte Organismen gefunden; das Umweltministerium teilte mit, dass der betroffene Mais wahrscheinlich bereits ausgesät sei.

Die Vorsitzende der Linksfraktion, Kreszentia Flauger, sagte: "Genmanipuliertes Saatgut ist eine unkontrollierbare Gefahr. Davor warnt die LINKE schon seit Jahren, aber schwarz-gelb in Niedersachsen und im Bund ignoriert das Problem. Jetzt hören wir im Rundfunk, dass nicht einmal jede zehnte Ladung überhaupt kontrolliert wird und dann die Tests auch noch so spät durchgeführt werden, dass der Mais schon im Acker ist. Umweltminister Sander hat hier völlig versagt; er schützt Natur und Menschen nicht vor dem Risiko verseuchten Saatguts."

Foto: Timo Vogt / randbild Im Mai 2008 pflanzten die Besetzer eines geplanten Genmais-Felder in Laase bei Gorleben Blumen ein, um die Einsaat von MON 810 zu verhindern.

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2010-05-07 ; von Angelika Blank (autor),

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