Thema: gentechnik

Gen-Mais in Grippel: "Ich mach doch nichts Illegales"

Der (besetzte) Maisacker

Für Gentechnik-Gegner, ist es unverantwortlich, genveränderte Pflanzen auf Äcker zu bringen. Für Landwirt Riebau aus Grippel aber ist der genveränderte Mais MON 810 lediglich eine Möglichkeit, zu höheren Erträgen zu kommen, ohne massiv mit Chemikalien gegen den Maiszünsler anzukämpfen. "Wenn ich nur 10 - 20% meiner Ernte durch den Maiszünsler verlieren würde, dann bräuchte ich den Genmais nicht", so Riebau. Doch im Landkreis Lüchow-Dannenberg sollen nach Angaben von Heino Hahlbohm, dem Monsanto-Gebietsleiter, 1/3 der Flächen von dem Mais-Schädling befallen sein.

Gelassen empfängt uns Landwirt Riebau auf seinem Hof in Grippel {{tpl:gmap |ort=grippel,langendorf }}. Zufällig ist auch Heino Hahlbohm anwesend.  Seit Jahren kauft Riebau schon bei Monsanto ein - keine genveränderten Organismen (GVO), sondern konventionelle Produkte. "Viele wissen gar nicht, dass der Verkauf von genverändertem Saatgut nur ein Teilgeschäft von Monsanto ist," so Hahlbohm. Liniengezüchtetes und Hybrid-Saatgut stehe genauso auf den Verkaufslisten wie die genveränderten Sorten.

Für Riebau ist die Zusammenarbeit mit Monsanto deswegen auch nichts Besonderes. "Ich habe keinerlei Verträge mit Monsanto abgeschlossen, nur ganz normal das genveränderte Saatgut bestellt, gekauft und bezahlt." Im Zusammenhang mit dem Saatgut-Kauf habe er keinerlei Verträge, Einwilligungs- oder Verpflichtungserklärungen unterschreiben müssen. Lediglich die Genehmigungs-Anträge für das Ausbringen des genveränderten Saatguts machten den Kauf von MON 810 zu etwas Besonderem. "Ich habe alle Genehmigungen eingeholt, die ich brauche, um Mon 810 aussäen zu können.", so Riebau.

Deswegen versteht der Landwirt nicht, warum ausgerechnet ihm das Feld besetzt wird: "Ich mache doch nichts Illegales. Es sind doch nur 2 ha, auf denen ich den Gen-Mais ausbringen will. Woanders sind es 100 ha, die mit Gen-Mais belegt sind. Warum wird dort nicht demonstriert?"

55 ha belegt der Landwirt seit Jahren mit verschiedenen Sorten Mais. Dieses Jahr sind es acht Sorten, die auf den verschiedenen Felder verteilt stehen. Dazu soll auf 2 ha der genveränderte Mais kommen. Denn für Riebau war es noch nie vernünftiges Handeln, nur aufgrund der Werbung der Saatgut-Lieferanten die Sorte zu wechseln. "Monsanto verspricht zwar höhere Erträge und eine fast vollständige Resistenz gegen den Maiszünsler, doch das möchte ich gern im Vergleich zu anderen, konventionellen Sorten überprüfen." Nur wenn sich eine Sorte im Betrieb bewähre, sprich höhere Erträge bringe, würde er diese weiter ausbringen.

Hat er keine Angst, sich von Firmen wie Monsanto abhängig zu machen?

"Nein, wieso denn, ich habe mein Saatgut doch immer von grossen Firmen eingekauft", wundert sich Riebau. Die verloren gegangene Möglichkeit, sein eigenes Saatgut zu produzieren, ist für Riebau kein Verlust. "Ich habe doch hier gar nicht die Möglichkeiten, gute Sorten weiter zu entwickeln oder auch nur auf dem Qualitätslevel zu halten". Dafür seien aufwändige Entwicklungsverfahren notwendig, die nur die grösseren Forschungslabore leisten könnten. Wenn er neue Saaten aus seinem eigenen Material ziehe, so würde ihm nach kurzer Zeit die Ernte verkümmern. "Ich bin froh, dass die Entwicklungsarbeit und die Qualitätserhaltung andere für mich übernehmen", so Riebau. "Ich bin auf optimale Erträge angewiesen, um als Betrieb überleben zu können." Monsanto sei da nur eine von mehreren Firmen, die ihm das gewünschte Saatgut liefern würden. Von Knebelverträgen habe er noch nichts gehört, so Riebau. Lizenzverträge für mehrjährig zu nutzendes Saatgut seien etwas völlig Normales für einen Landwirt.

Hier schaltet sich Monsanto-Vertreter Hahlbohm ein: "Hier muß man auch sehen, dass durch die bürokratischen und aufwändigen Zulassungsverfahren der EU nur noch grosse Konzerne in der Lage sind, den Anforderungen zu entsprechen."

Riebau treibt mehr die Angst um, seine Ernten fast vollständig an den Maiszünsler zu verlieren, als die Angst vor Abhängigkeit. Auch Umweltschäden befürchtet er nicht - schließlich seien diese noch nirgendwo nachgewiesen worden. "Aber im Oderbruch hat der Maiszünsler fast 80 % der Ernte vernichtet. Das kann ich mir nicht leisten." Ausserdem seien andere Schädlinge wie der Maiswurzelbohrer im Anmarsch gegen die konventionelle Schädlingsbekämpfungsmittel nichts nützen.

Für Heino Hahlbohm ist die Gentechnik sogar sicherer als konventionell hergestelltes Saatgut. "Bei den traditionellen Linienzüchtungen ist die Gefahr viel größer, dass ungewollt neue Arten auf die Äcker gelangen." Schließlich würde bei der Linienzüchtung das Saatgut per Gammastrahlung zur Mutation gebracht, um die besten Eigenschaften heraus zu züchten. Dabei käme es immer wieder vor, dass - nicht erwünschte - neue Arten in den Feldern auftauchten. Auch was die Bienen anginge, so hätten verschiedene Studien belegt, dass Bt-Mais für diese nicht gefährlich sei. Ausserdem sei Mais ein Windbestäuber, den Bienen nur dann als Futterquelle nutzen würden, wenn in der Umgebung kein anderes Futter zur Verfügung stünde.

Für Hahlbohm ist es weit riskanter, wenn Deutschland aus der Gentechnik-Forschung ausstiege, als Genpflanzen zu nutzen. "Weltweit sind 115 Mio. ha bereits mit Genpflanzen belegt - nur in Deutschland gibt es massiven Widerstand gegen den Einsatz der Technologie. Für mich ist es fragwürdig, wenn Gentechnik-Forschung hierzulande blockiert wird." In einer grossen Agro-Zeitschrift sei dies sogar als der eigentliche Skandal dargestellt worden. "Demnächst kommen Genpflanzen auf den Markt, die z. B. 30 % weniger Wasser benötigen..." In den Raum stellt er die Frage, ob es verantwortlich sei, diese Entwicklung abzulehnen.

Ist es aber verantwortlich, ein Produkt in die Umwelt zu bringen, dessen langfristige Folgen man noch nicht abschätzen kann?

Hahlbohm: "Welche Zeiträume wollen Sie denn da betrachten? Seit 1976 werden die Effekte und Auswirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen erforscht. Bis jetzt hat keine Studie ergeben, dass es deutliche Schäden für die Umwelt gibt." Für Hahlbohm ein ausreichender Zeitraum. 

Aber wie steht es mit dem Schutz der Nachbarn, die womöglich Bio-Landbau betreiben und nun Angst haben, dass ihnen Spuren genveränderten Materials auf die Äcker geweht werden? Wieder mischt sich Heino Hahlbohm ein: "Die gesetzliche Grenze für den Nachweis von genverändertem Material in anderen Pflanzen liegt bei 0,9 %. Das ist klar geregelt. Wenn ein Biobauer also seinem Verband verspricht, Produkte mit einem Reinheitsgehalt von mehr als 99,1 % zu liefern, so halte ich das für nicht reell."

Hier trifft Hahlbohm auch einen Nerv bei Günther Riebau. "Wessen Recht gilt denn hier mehr? Es schützt mich niemand vor den Unkräutern oder Schädlingen, die mir womöglich vom Feld des Biobauern auf meine Äcker geweht werden. Dafür soll ich auf höhere Erträge verzichten, weil die Biobauern so strenge Verträge mit ihren Verbänden geschlossen haben." Trotzdem nimmt er Rücksicht auf seine Nachbarn. "Um ganz auf Nummer Sicher zu gehen,  habe ich das Feld hinter dem Deich ausgewählt, weil der nächste Nachbar mehr als 300 m entfernt seine Flächen bewirtschaftet - doppelt so weit entfernt, wie das Gesetz mir vorschreibt." Diese Fläche liege zwar im Biosphärenreservat, aber bei allen anderen Äckern seien die Nachbar-Landwirte zu dicht - zum Teil auch Biobauern. Im übrigen sei ihm von der Biosphärenreservatsverwaltung Geld angeboten worden, wenn er den Gen-Mais dort nicht säe, das habe er aber abgelehnt. Für Riebau ist das ein Beleg, dass er nicht käuflich sei.

Im übrigen betont er, dass er der Eigentümer seiner Äcker ist - entgegen der Gerüchte, die besagen, dass Riebau nur deswegen Gensaat auf seinen Äckern ausbringe, weil er diese lediglich von Heino Hahlbohm gepachtet habe und sein Pachtvertrag bald auslaufen würde. "Das ist Quatsch. Lediglich 2 Morgen habe ich dazu gepachtet - und die nicht von Heino Hahlbohm." Und den Gen-Mais bringe er auf jeden Fall aus - wann auch immer. Schließlich gelte die Genehmigung noch bis Ende des Jahres. "Noch habe ich Geduld, aber irgendwann werde ich Maßnahmen ergreifen", so Riebau. "Gegen eine Demonstrantin habe ich bereits eine einstweilige Verfügung erwirken können. Aber welchen Erfolg das hat..." Im übrigen hofft Günther Riebau aber immer noch, die "Angelegenheit" friedlich regeln zu können. Anwaltlichen Rat habe er sich aber bereits geholt - auch wenn kein Anwalt aus dem Landkreis ihn im Sinne von Monsanto habe vertreten wollen. "Deswegen bin ich bei einem Anwalt gelandet, der schon mehrere Verfahren für Monsanto geführt hat." Schließlich kenne sich dieser auch besser aus.

Insgesamt macht Günther Riebau nicht den Eindruck eines geknebelten Bauern, der unter Kontrolle des Konzerns steht. Selbstbewusst vertritt er seine Ansichten, ohne ständige Rückversicherungen beim Monsanto-Vertreter. Aber deutlich wird auch eine eingespielte Zusammenarbeit: hier der Landwirt, der die praktische Arbeit auf dem Acker leistet, dessen Sache Rethorik und wissenschaftliche Forschung nicht sind - dort der Saatgut-Konzern, der die technologische Forschung und Entwicklung betreibt, den globalen Markt im Blick und scheinbar ein Ohr für die Sorgen der Landwirte hat.

Auf den ersten Blick eine Allianz, die beiden Seiten Vorteile bringt.  Aber bringt sie auch der Umwelt Vorteil? Und vor allem den Menschen? Das wird wohl erst die Zukunft zeigen.

 

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Foto:  Timo Vogt/randbild.de




2008-05-16 ; von angelika blank (autor),

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