Gorleben: Auch der Widerstand stellt sich neu auf

Während Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander keine 48 Stunden nach der Wahl öffentlich die schwarz-gelbe Bundesregierung auffordert, die Erkundung des Salzstocks in Gorleben fortzusetzen, kündigen Anti-AKW-Gruppen eine Verschärfung des Protests an.

Für Sander ist es eine Frage der „Verantwortung gegenüber kommenden Generationen», dass Gorleben „ergebnisoffen“ weiter erkundet wird. Für die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg dagegen bedient Schwarz-Gelb die Interessen der Atomwirtschaft. "Der gesellschaftliche Konflikt ist vorgezeichnet, die Anti-Atom-Bewegung wieder da und wird sich unmittelbar einmischen, wenn sich Merkel und Westerwelle über einen Pro- Atomkurs verständigen wollen, mit der Atomkraft gibt es keinen Frieden", prophezeit die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).

Die Strategie, die Atomkraft als Ökoenergie darzustellen, war nach Ansicht der BI schon vor den Wahlen gescheitert, die absehbare Stilllegung des AKW Krümmel als Bauernopfer werde niemanden über die dreisten Pläne der CDU und der Wirtschaftsliberalen hinwegtäuschen, mit einer Laufzeitverlängerung der AKW allein die Kassen der Konzerne klingeln zu lassen.

"Bei uns hat es längst geklingelt, wenn trotz der Enthüllungen um geschönte Gutachten, gemobbte und überregelte Geologen an Gorleben als Endlagerstandort festgehalten wird, garantieren wir einen harten Dauerkonflikt: vor Gericht bei Aufhebung des Gorleben-Moratoriums, vor den Toren der Endlager-Baustelle und auf der Straße, bei jeder Gelegenheit, die sich uns bietet", kündigt die BI an. "Litaneihafte Falschaussagen wie jüngst durch den niedersächsischen Umweltminister Sander, Gorleben sei bereits "weitgehendend" erkundet, es gäbe "keinen sachlichen Grund, dies jetzt nicht zu Ende zu bringen", haben wir vor der Wahl belächelt, jetzt müssen die Ignoranz bekämpfen."

Auch das Kampagnen-Netzwerk Campact sowie die Anti-Atom-Kampagne .ausgestrahlt reagierten schnell auf den Regierungswechsel: Schon 24 Stunden nach der Wahl konnte ein von 25 000 AKW-Gegner unterschriebener offener offener Brief an Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle abgeschickt werden. Darin appellieren sie an CDU, CSU und FDP den mit dem Atomkonsens halbwegs befriedeten Konflikt um die Atomkraft, der Jahrzehnte die Republik gespalten habe, nicht wieder anzufachen. Sollte eine neue schwarz-gelbe Regierungskoalition den Atomausstieg nicht endlich vollziehen, kündigen die Unterzeichner an, "sich an den zu erwartenden massiven Protesten der Anti-Atom-Bewegung zu beteiligen."

"Selten gab es bei einem Online-Appell so eine hohe Beteiligung in so kurzer Zeit. Sollten Union und FDP wirklich eine Renaissance der Atomkraft in Deutschland einläuten wollen, werden sie ein Comeback der Anti-Atom-Bewegung erleben", erklärte Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz. "Alle Umfragen belegen, dass CDU, CSU und FDP die Bundestagswahl nicht wegen, sondern trotz ihrer Position zur Atomenergie gewonnen haben. Selbst die eigenen Anhänger wollen mehrheitlich der Risikotechnologie Atomkraft den Rücken kehren."

"Wir sind über die Begehrlichkeiten der Stromkonzerne empört, die weiter auf Kosten der Allgemeinheit mit maroden Atomkraftwerken Gewinne einfahren wollen", erklärt Jochen Stay, Sprecher von .ausgestrahlt. "Werden Schrottreaktoren wie beispielsweise Biblis, Brunsbüttel und Krümmel nicht umgehend stillgelegt, wird sich der Konflikt um die Atomkraft weiter zuspitzen. Merkel muss zeigen, ob sie wirklich wie versprochen die Kanzlerin für alle sein möchte oder nur den Interessen
der Atomlobby dient."

Mit dem Offenen Brief fordern die Unterzeichner, den Atomausstieg zu beschleunigen und die sieben ältesten Atomkraftwerke und den Pannenreaktor Krümmel umgehend vom Netz zu nehmen. "Ziehen Sie endlich einen Schlussstrich unter die jahrzehntelangen Lügen, die den Ausbau des völlig ungeeigneten Salzstocks Gorleben zum Endlager begleitet haben! Starten Sie eine neue, vergleichende Standortsuche nach klaren Kriterien", heißt es in dem Brief weiter. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz müsse weiter gehen. Jedes Aufweichen des Atomausstieges gefährde die Investitionssicherheit dieser Zukunftsbranchen.

"Wir werden in den nächsten Tagen weiter Unterschriften sammeln", kündigt Christoph Bautz an. "Damit die künftige Bundesregierung eine Vorstellung davon bekommt, was auf sie zukommt, wenn sie den Begehrlichkeiten der Stromkonzerne folgt", sagte Bautz.

Der komplette Wortlaut des offenen Briefes an Merkel, Westerwelle und Seehofer findet sich hier.

Foto: publixviewing/Andreas Conradt, Protest von Antik-AKW-Gruppen anlässlich eines Wahlkampfbesuchs von Kanzlerin Merkel in Hamburg.

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2009-09-30 ; von asb (autor),

endlager_gorleben  

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