Am Donnerstag sind die Gespräche zwischen Bundes-Umweltminister Norbert Röttgen und Vertretern aus den Ländern über die Endlagerung von Atmmüll ohne eindeutige Ergebnisse zu Ende gegangen. Die Bürger sollen mehr beteiligt werden, war man sich einig. Über Gorleben als Standort wurde gar nicht gesprochen.
"Es ist elementar, die Bürger zu beteiligen, nicht nur zu informieren", hatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Donnerstag nach den Gesprächen mit Vertretern aller Bundesländer in Berlin erklärt. Dies scheint aber nach erster Durchsicht der Statements der einzige wirkliche Konsens zwischen den Beteiligten zu sein, auch wenn die Grünen eine weitergehende Bürgerbeteiligung fordern als im jetzigen Entwurf von Minister Röttgen vorgesehen.
Ob Gorleben weiterhin im Topf der möglichen Endlagerstandorte bleibt, ist dagegen umstritten.
Grünes Endlagerkonzept: Gorleben soll rechtssicher ausgeschlossen werden
Zum Thema Endlager hat die Bundestagsfraktion der Grünen übrigens erst kürzlich ein Positionspapier beschlossen, indem die Partei ausführlich auf Gorleben eingeht
Die Grünen setzen darin zwar auf die Endlagerung in tiefen geologischen Schichten, fordern aber eine Ausklammerung von Gorleben im weiteren Standort-Suchverfahren.
"Spätestens mit den Erkenntnissen des PUA (parlamentarischer Untersuchungsausschuss) Gorleben können wir davon ausgehen, dass Gorleben als Endlager-Standort für hochradioaktiven Müll ungeeignet ist", heißt es in dem Konzeptpapier, das wnet in seinen Eckpunkten vorliegt. und weiter: "Der Salzstock weist zu viele geologische Defizite auf. Genauso fatal ist die gesellschaftspolitische Geschichte des Standorts."
In Gorleben hätten sich politische Entscheider und Behörden lange Jahre auf eine Weise verhalten, die bei vielen EinwohnerInnen des umgebenden Wendlands jegliches Vertrauen zerstört habe. Der so wichtige soziale Prozess bei Auswahl und Einrichtung eines Endlagers wurde von Anfang an mit Füßen getreten, so die Grünen. Dieser destruktive Prozess sei nicht zu heilen.
Für den Neuanfang der Endlagersuche stellt sich für die Grünen nun die Frage, wie sehr er durch einen weiterhin existenten potentiellen Standort Gorleben belastet würde – ob der „Neuanfang unter anderen Vorzeichen“, mit Transparenz und neuer Partizipationskultur, glaubwürdig sein kann, wenn die neu ausgewählten Standorte sich dem Vergleich mit einem Standort stellen müssen, der intransparent, ohne Beteiligungskultur und mit Lug und Trug ausgewählt wurde.
Deswegen fordern die Grünen, dass unter den Standort Gorleben endlich ein Schlussstrich gezogen wird, der allerdings in einem rechtssicheren Verfahren erfolgen soll, d.h. "aufgrund einer offensichtlichen Nichterfüllung von festgelegten Kriterien oder der Erfüllung eines Ausschlusskriteriums. Deshalb müssen die Kriterien detailliert und klar im Endlagersuchgesetz festgeschrieben sein," heißt es in dem Grünen-Konzeptpapier.
Sonder-Arbeitsgruppe soll sich mit Gorleben beschäftigen
In den aktuellen Bund-Länder-Gesprächen in Berlin war Gorleben kein Thema. Damit soll sich eine Sonder-Arbeitsgruppe beschäftigen. Sollte die AG zu dem Schluss kommen, dass Gorleben ausgeschlossen werden soll, so möchte Umweltminister Röttgen auch dieses vom Parlament beschliessen lassen.
Röttgen bleibt optimistisch, dass das Endlager-Suchgesetz im Sommer dem Bundestag vorgelegt werden kann.
REAKTIONEN
DIE LINKE im Landtag hat die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema Endlagersuche als Kuhhandel bezeichnet. Der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Kurt Herzog, sagte, die Gruppe habe am Wesentlichen vorbeigekungelt: „Die Fehler der Vergangenheit werden genauso geleugnet wie die katastrophalen geologischen Verhältnisse in Gorleben. So kommen wir in der Endlagerfrage keinen Schritt voran.“
Herzog kritisierte auch die Haltung von SPD und Grünen, die Gorleben im Topf möglicher Endlagerstandorte behalten wollen: „Sie verschanzen sich hinter angeblichen Rechtsunsicherheiten und wollen die Entscheidung immer weiter vertagen.“ Beides sei falsch, denn das Gutachten des Rechtsanwaltes Ulrich Wollenteit zeige, warum es juristisch sicher und fachlich geboten sei, Gorleben auszuschließen. Bleibe der dortige Salzstock nämlich im Topf, würden alle Sicherheitskriterien, die eigentlich unabhängig von Standortfestlegungen gelten sollen, so zurechtgeschneidert, dass er nicht herausfalle. Herzog: „Das klingt absurd, aber es ist die Logik der Gorleben-Befürworter.“
Auch bei der Beteiligung der Bevölkerung drohe die Arbeitsgruppe Fehler zu machen: „Es reicht nicht, eine Beteiligung ‚anzustreben‘, um letztlich doch über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu entscheiden. Informationsveranstaltungen, die eigentlich der Desinformation dienen, und einseitige, unverbindliche Dialogformen hatten wir genug. Die Bevölkerung in Lüchow-Dannenberg hat mehr als deutlich gemacht, dass sie davon die Nase voll hat.“
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) kritisierte, dass die Vertreter von Bund und Ländern ohne greifbare Ergebnisse in der Endlagerdebatte auseinandergegangen seien und dass Gorleben offensichtlich noch lange nicht vom Tisch sei. "Die Endlagerdebatte hat zwar Fahrt aufgenommen, jetzt ist sie wegen der Gorleben-Frage ins Stocken geraten, aber die Richtung stimmt nicht. Die geologischen Schwachstellen des Salzstocks Gorleben werden von der Regierungsmehrheit konsequent ignoriert und die Opposition hat nicht die Kraft, die notwendigen Konsequenzen aus dem Gorleben-Desaster zu ziehen – ein Neustart mit der Altlast Gorleben ist eben kein Neustart, der wäre nur ohne Gorleben glaubwürdig", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Umweltverbände und Anti-AKW-Initiativen werden ihre Bemühungen verstärken, für ein Verfahren einzutreten, das über einen Parteienkonsens hinausgeht. "Stocken müssten die Verhandlungen, weil die Fehler der Vergangenheit, für die Morsleben, die Asse II, der Schacht Konrad und Gorleben symbolisch stehen, nicht aufgearbeitet werden. "So drehen wir uns im Kreis, statt den gordischen Knoten Gorleben endlich einmal durchzuhauen", so Ehmke.
Foto: C. Palitzsch ... publixviewing.de / Direkt vor dem Brandenburger Tor in Berlin entstand am 9. Februar 2012 ein großes gelbes X. Rund 150 Menschen formten das Symbol des Widerstands gegen ein Atommüll-Endlager in Gorleben. Anschließend zogen sie mit dutzenden Atommüllfässern vor das Umweltministerium, wo Minister Röttgen mit Vertretern aus den Bundesländern tagte.