Gorleben-Dialog – ein Monolog unter Ausgewählten

„Vollständige Transparenz und Bürgerbeteiligung“ hatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen bei der Ankündigung des Gorleben-Dialogs versprochen, doch wie es aussieht, wird es wohl eher ein Monolog unter handverlesenen Beteiligten. Nicht einmal Ort und Zeit des für Mittwoch angekündigten Fachgesprächs mit Experten werden der Öffentlichkeit bekanntgegeben.

 

Im Dezember 2010 hatte der Bundesumweltminister den Bürgern nicht nur einen völlig transparenten und offenen Dialog, sondern auch umfangreiche Beteiligungs- und Entscheidungsmöglichkeiten angeboten. "Ich sehe mich in der Garantiefunktion dafür, die Bringschuld des Staates einzulösen und für Offenheit und Integrität des Verfahrens zu sorgen", so Röttgen damals.

Doch Gorlebengegner bezweifelten schon damals, dass Röttgen dieses Versprechen ernst meint. Für sie kam das Dialogangebot zu spät. „An einer Debatte über die Fortführung der Erkundung, wie es in der Einladung zu einer ersten Fachtagung am 12. Oktober heißt, gibt es kein Interesse", fasst die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) die Stimmung im Wendland zusammen. "Der entscheidende Fehler Röttgens war, dass er das Moratorium in Gorleben aufhob und erst nachdem Fakten geschaffen waren den Dialog suchte", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Wie aus einer BI-Mitteilung hervorgeht, werden die wenigen, die sich im Internet am Dialog beteiligt haben, vom Ministerium persönlich zum Fachgespräch am Mittwoch, dem 12. Oktober nach „Hitzacker“ eingeladen. Demnach ist das BMU sogar bereit, Diskutierwilligen die Kosten für die Teilnahme zu erstatten. Wörtlich heißt es in der Einladung an einen Besucher der Internet-Plattform des BMU: "Die für Sie entstehenden Fahrtkosten werden nach Auslage durch Sie vom Bundesumweltministerium erstattet (Bahnfahrten der 2. Klasse und bei Nutzung des eigenen PKWs, 20 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke, höchsten jedoch 130 Euro). Falls Sie in Hitzacker übernachten müssten, teilen Sie uns das bitte bei Ihrer Anmeldung mit."

Expertenrunde hinter verschlossenen Türen?

Pressevertreter allerdings, die versuchen, mehr über Ort und Uhrzeit des „Fachgesprächs“ zu erfahren, machen bei der Pressestelle des BMU seltsame Erfahrungen. „Der Stand von Donnerstag ist, dass wir auch nicht mehr wissen, als das was im Internet steht“, so eine Pressesprecherin des Ministeriums am Freitag Morgen. Im „Internet“ allerdings, sprich der Website des BMU „gorlebendialog.de“, gibt es nur die dürre Terminankündigung eines Fachgesprächs mit Experten am 12. Oktober. Kein Ort, keine Uhrzeit. Lediglich ein Livestream der Veranstaltung wird angekündigt.

Auch die lokale „Elbe-Jeetzel-Zeitung“ ist bisher nach Auskunft eines Redakteurs vom BMU nicht zum Fachgespräch eingeladen worden. Die Frage von wnet nach einer Akkreditierung für das Fachgespräch wurde ebenfalls bis Freitag Mittag nicht beantwortet.

Weitere Merkwürdigkeit im Geschehen: Obwohl der Dipl.-Geologe Ulrich Schneider bereits am 19. September dem BMU mitgeteilt hatte, dass er an dem Fachgespräch nicht teilnehmen wird, wirbt das BMU noch am 29. September in einer Anzeige im Wirtschaftsteil der HAZ mit seiner Teilnahme. Schneider ist als Gutachter der BI, als Experte für Gaseinschlüsse im Salzstock Gorleben bekannt geworden. Schneider begründete seine Absage damit, dass er aus fachgeologischer Sicht keinen Sinn mehr in der weiteren Erkundung des Salzstocks sieht und plädiert für vergleichende Untersuchungen anderer Wirtsgesteine, Salz kommt für ihn als Endlagermedium nicht mehr in Frage.

Es stellt sich die Frage, was das Ministerium unter "Transparenz und Offenheit" versteht: so wie es sich derzeit darstellt, will das BMU nur einen Dialog unter Fachleuten mit einer handverlesenen Auswahl von Fragestellern. Die breite Öffentlichkeit darf dann per "Livestream" zuschauen, was in Hitzacker (soviel ist inzwischen bekannt) diskutiert wird.

UPDATE: Zwei Stunden, nachdem dieser Artikel online gestellt war, teilte eine Sprecherin des BMU mit, dass das Fachgespräch am Mittwoch, dem 12. Oktober, von 16.00 - 18.30 Uhr im Kultur- und Veranstaltungszentrum VERDO in Hitzacker stattfindet. Noch am heutigen Tage (Freitag) sollen nach der telefonischen Mitteilung Termin und Ort auf der Internetseite gorlebendialog.de mit Anmeldemöglichkeit ergänzt werden.

Foto: Screenshot der Website "gorlebendialog.de"




2011-10-07 ; von Angelika Blank (autor),

endlager_gorleben  

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