Nach der Aufhebung des Moratoriums durch Bundesumweltminister Röttgen hat sich nun die Evangelische Landeskirche Hannover zu Wort gemeldet und angekündigt, mit der Bundesregierung über das weitere Vorgehen in der Endlagerfrage Gespräche führen zu wollen. Nach Ansicht der Kirche hat die Bundesregierung der Bürger vor Ort ernst zu nehmen.
Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers hat durch die Presseerklärung des Bundesumweltministers Dr. Norbert Röttgen vom 15. März 2010 und durch entsprechende Presseberichte von der Absicht erfahren, das „Gorleben-Moratorium“ aufzuheben und die Endlagererkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben wieder aufzunehmen.
Die Landeskirche hält es grundsätzlich für notwendig, in absehbarer Zeit einen Weg zur Endlagerung hochradioaktiver wärmeentwickelnder Abfälle zu finden.
"Wir haben jedoch großes Verständnis für die Sorgen der Bevölkerung, besonders im Wendland. Deshalb bitten wir den Bundesumweltminister, auf die Bedenken und Sorgen der Menschen Rücksicht zu nehmen und die Suche nach einem Endlager ergebnisoffen zu halten", so die Kirchenleitung in einer Presseerklärung vom Wochenende.
Weitererkundung nur unter Bedingungen
Die hannoversche Landeskirche, zu der die betroffenen Kirchen- und Kapellengemeinden Gorleben, Gartow und weitere gehören, hatte bereits in einer Erklärung der Landessynode im November 2009 drei Bedingungen für die Weitererkundung des Gorlebener Salzstocks aufgestellt. Danach soll mit der Aufhebung des Moratoriums die gleichzeitige Erkundung mindestens eines weiteren Standortes und eines anderen Wirtsgesteins als Salz begonnen werden, es müssen in einem transparenten öffentlichen Verfahren entwickelte standortunabhängige Sicherheitskriterien nach internationalem Standard vorliegen und dritten soll bereits die Erkundung nach den Regeln des Atomrechts statt des Bergrechts und damit unter den Bedingungen der speziellen Beteiligungsformen für Bürgerinnen und Bürger durchgeführt werden.
Diese Forderungen werden - nicht nur nach Ansicht der Landeskirche - nicht erfüllt. Darum wird die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers den Bundesumweltminister um ein baldiges klärendes Gespräch bitten.
Als Christen besondere ethische Verantwortung
"Als Christinnen und Christen stehen wir in der besonderen ethischen Verantwortung zur Bewahrung der Schöpfung. Im Blick auf die Kernenergie, insbesondere ihre äußerst langfristigen und weit reichenden Folgen, müssen strengste ethische Maßstäbe für wissenschaftliches, technisches und politisches Handeln zur Geltung gebracht werden. Im Blick auf die Endlagerung geht es um eine Standortsicherheit von 1 Million Jahre", so Pressesprecher Dr. Johannes Neukirch.
Die Landeskirche erwartet, dass den Menschen vor Ort Vertrauen entgegengebracht wird, dass sie in sämtliche Prozesse einbezogen werden und dass die Erkundung transparent, nachprüfbar und ergebnisoffen durchgeführt wird. "Bereits verloren gegangenes Vertrauen muss durch maßvolle und von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung nachvollziehbare politische Entscheidungen wieder gewonnen werden. Insgesamt bedarf es eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses, der Parteien und Wahlperioden übergreift", heißt es in der Erklärung der Kirche weiter.
Auch Vertreter aus Gartow in der Delegation
Der Endlager-Beauftragte der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, Pastor Eckhart Kruse aus Gartow, wird als Mitglied der Delegation an den geplanten Gesprächen teilnehmen. "Seit vielen Jahren hat die Landeskirche immer wieder begründete Bedenken gegen die Art und Weise des Verfahrens zur Einrichtung eines Endlagers Gorleben geäußert. Der aktuelle Beitrag zur Diskussion ist nicht als Floskel anzusehen. Die Landeskirche sieht sich in der Sache ernsthaft verpflichtet", so Pastor Kruse am Dienstag.
Als nächsten Schritt wird die Landeskirche sich nun um Gespräche mit der Bundesregierung bemühen. Die juristischen Möglichkeiten, die Weitererkundung womöglich noch stoppen zu können, werden derzeit noch geprüft. "Ob wir uns allerdings für juristische Schritte entscheiden, das wird vom weiteren Vorgehen der Bundesregierung abhängen", ergänzte Pastor Kruse.
Foto: Andreas Conradt / publixviewing: Gorlebener Gebet an den Kreuzen in der Nähe des Erkundungsbergwerks
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