Was geschieht in Gorleben, um das atomare Zwischenlager vor terroristischen Anschlägen zu schützen? Zufriedenstellende Antworten gibt es dazu bislang nicht. Die niedersächsische Landesregierung „mauerte“ wieder einmal, als am Montag im Umweltausschuss des Landtages Fragen in puncto Sicherheit gestellt wurden.
Kurt Herzog, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion, sagte im Anschluss an die Sitzung des Ausschusses: Das Umweltministerium gebe so gut wie nichts preis und verweigere die Aussage zum Schutz des Zwischenlagers unter dem Vorwand der höchsten Geheimhaltungsstufe. „Das ist eine Farce“, meint Herzog, denn: Noch 2011 habe das Ministerium zugegeben, dass es neue Erkenntnisse über Täterprofile und mögliche Waffen gebe, die eine Umlagerung von 18 Castorbehältern notwendig gemacht habe. „Jetzt werden auch die Abgeordneten zur Geheimhaltung über die vermeintlichen Sicherheitsvorkehrungen gezwungen. Dabei kann sich jede Besuchergruppe selbst ein Bild machen, welche Behälter wohin geschoben wurden“, erklärte Herzog.
Herzog: Kein Sicherheitskonzept
Daraus ein Staatsgeheimnis zu konstruieren, sei eine bewusste Vernebelungstaktik. „Damit soll verdeckt werden, dass es kein Sicherheitskonzept bei Katastrophen wie Terroranschlägen gibt“, so Herzog. Über den Bau zusätzlicher Mauern um das Zwischenlager sei das Umweltministerium als niedersächsische Atomaufsicht angeblich nicht im Bilde gewesen, obwohl zahlreiche Medien schon darüber berichtet hatten. „Die Maßnahmen zeigen, dass die Lagerungskonzeption für hoch radioaktiven Atommüll auf wackligen Beinen steht. Es gibt keine belastbare Grundlage für den sicheren Betrieb von Gorleben“, betonte Herzog. In Kürze wird sich der Ältestenrat des Landtags mit der geforderten Geheimhaltung durch die Abgeordneten beschäftigen. Die Linksfraktion wird weiter die Offenlegung der Sicherheitsvorkehrungen fordern.
„Freisetzung radioaktiver Stoffe“
Die Tatsache, dass das Zwischenlager Gorleben offensichtlich nicht ausreichend gegen Terror-Anschläge geschützt ist, war im November vergangenen Jahres bekannt geworden. Das Niedersächsische Umweltministerium hatte eine Anfrage von Greenpeace unter anderem mit dem Hinweis beantwortet, ein Anschlag auf das Zwischenlager könnte „zur Freisetzung großer Mengen radioaktiver Stoffe“ führen. Erforderliche Sicherheitsmaßnahmen gegen Terror-Angriffe seien aus zeitlichen Gründen noch nicht umgesetzt worden, zitiert die Umweltorganisation das Ministerium. Dieses gebe damit zu, dass das Zwischenlager einem Terrorangriff nicht standhalten würde, gibt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler zu bedenken.
„Bevölkerung wird Risiko ausgesetzt“
Auch die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg betrachtet das Fehlen eines Lagerschutzes gegen Anschläge mit großer Sorge. BI-Vorsitzende Kerstin Rudek erklärte schon 2011 dazu: „27 Jahre nach Inbetriebnahme des atomaren Fasslagers, 17 Jahre nach Einlagerungsbeginn von hoch radioaktiven Castorbehältern in das Zwischenlager Gorleben und zehn Jahre nach den Flugzeugcrashs in das World Trade Center die Idee zu entwickeln, doch mal nachzuprüfen, ob die strahlenden Hallen eigentlich einem Flugzeugabsturz standhalten, zeugt von einer Verantwortungslosigkeit sondergleichen.” Die BI fordere die umgehende Sicherheitsprüfung des Zwischenlagers Gorleben und Unterrichtung der Bevölkerung, welchem Risiko sie hier mutwillig von Regierungen und Atomlobby ausgesetzt werde.
Zwar gab es so genannte Beschuss-Tests, denen der Castor und auch dessen Deckel standhielten, doch: Das sage nicht aus, ob die Behälter den Aufprall eines Verkehrsflugzeuges überstehen und dicht bleiben, sagte MdL Kurt Herzog im Gespräch mit wnet. Der Politiker verweist mit Blick auf fehlende Sicherheitsvorkehrungen auch auf die Klage zweier Landwirte gegen das Zwischenlager beim – inzwischen abgeschalteten - Atomkraftwerk Esenshamm im Kreis Wesermarsch. Die beiden Bauern wollen, dass die Betriebserlaubnis des mit mindestens acht Castor-Behältern bestückten Lagers eingezogen wird, weil dieses nicht vor Terroranschlägen geschützt sei.
„Mauern halten Airbus 380 nicht stand“
Seit neun Jahren nun klagen die Landwirte, 2010 wies das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Klage ab. Begründung: Es bestünden Zweifel an den Expertisen, welche die Bauern in Sachen Zwischenlager eingereicht hatten. Die Kläger legten Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein – mit Erfolg: .Nun muss sich das Oberverwaltungsgericht Lüneburg erneut mit der Sache befassen. „Denn beim Abweisen der Klage wurde unter anderem nicht bedacht, dass die Mauern des Zwischenlagers beim Atomkraftwerk dem Absturz eines Airbus 380 nicht standhalten würden“, berichtete Radio Bremen.
Foto: GNS ... das Zwischenlagergelände von oben