Bei Salzwedel soll eines der größten CO2-Endlager in Deutschland entstehen. Greenpeace protestierte heute in Berlin gegen das CCS-Gesetz, welches die Grundlagen für Abscheidung und Endlagerung von CO2 schaffen soll. Für die Umweltinitiative wird mit diesem Gesetz eine geologische Zeitbombe geschaffen.
In Salzwedel soll das bundesweit einzigartige Pilotprojekt mit 15 Mio Euro vom Bundesforschungsministerium gefördert werden. Bei Maxdorf sollen nach dem Willen von Vattenfall und GAZ de France auf auf einer Fläche von 3 mal 7 Quadratkilometern zwischen 80 und 100 000 Tonnen Kohlendioxid in unterirdische alte Erdgasförderanlagen gepresst werden.
Eigentlich sollte die gesetzliche Grundlage für diese Art von Einlagerung, das CCS-Gesetz, heute (Mittwoch) vom Bundeskabinett beschlossen werden. Doch überraschend nahm die Bundesregierung den Gesetz-Entwurf von der Tagesordnung - nächste Woche allerdings steht er wieder zur Verhandlung und soll nach dem Willen der Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.
Für Greenpeace Anlass genug, gegen unterirdische CO2-Deponien mit einer Bombenattrappe vor dem Bundeskanzleramt zu protestieren. Auf einem Warnschild an der drei Meter hohen Attrappe heißt es: "Zeitbombe CO2-Endlager".
Greenpeace warnt, dass bisher keine Maßnahmen gegen Austritte des Klima-Gases vorgesehen sind. Zudem wurden wesentliche Formulierungen des Gesetzes von den Stromkonzernen RWE und Vattenfall zu ihren Gunsten verfasst. Greenpeace fordert die Bundesregierung auf, eine fachliche Debatte über die Risiken der Endlagerung von CO2 zu führen. "Das vorliegende Gesetz für die Entsorgung von CO2 schafft geologische Zeitbomben", sagt Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace. "Es werden die selben Fehler wie im kollabierten Atommüll-Lager Asse wiederholt. Auch hier fehlt eine wissenschaftliche Bewertung für die Endlagerung von Risiko-Müll. Das CCS-Gesetz soll nicht dem Klimaschutz dienen, sondern der Rettung des Klimakillers Kohle."
Nach Recherchen von Greenpeace stammen wesentliche Formulierungen des vorliegenden Gesetzes aus der Feder der Kohlekraftwerkbetreiber RWE und Vattenfall. Im gemeinsamen Referenten-Entwurf der Bundesministerien für Umwelt und Wirtschaft wurde auf Druck der Stromkonzerne der Begriff "Ablagerung" durch "Speicherung" ersetzt. Die Konsequenz: Mit dem Begriff "Speicherung" wird eine vorübergehende Einlagerung von Müll für die Wiederverwendung bezeichnet - damit ist der CO2-Müll rechtlich zum Wirtschaftsgut umdeklariert worden. "Mit diesem juristischen Trick wird den Stromkonzernen ermöglicht, die strengen Umweltauflagen des Abfallrechts zu umgehen", sagt Smid. "Die zukünftigen Deponie sollen nach dem lascheren Bergrecht beurteilt werden. Umwelt und Sicherheitsrisiken spielen im Bergrecht eine untergeordnete Rolle, es geht vorrangig um die Ausbeutung von Rohstoffen."
Nach dem Gesetz-Entwurf sollen RWE und Vattenfall nur für 20 bis 30 Jahre die Verantwortung für die CO2-Verpressungen tragen. Danach soll die Haftung für CO2-Endlager auf den Staat übergehen. Mögliche Folge-Kosten müssten dann die Steuerzahler tragen. Greenpeace fordert, dass die Stromkonzerne mindestens 100 Jahre für ihre Deponien haften. In den ersten hundert Jahren ist die Gefahr der CO2-Ausgasung am größten. Auch die Verantwortung für spätere Leckagen und die damit verbundenen Schäden muss vom Betreiber dauerhaft übernommen werden. "Klimaschädliche Treibhausgase müssen vermieden, nicht in die Erde gepresst werden", sagt Smid. "Die Lösungen für unser Klima-Problem sind bekannt. Sie lauten Ausbau von Regenerativen Energien und Energie-Effizienz."
Das Projekt bei Salzwedel ist das am weitesten fortgeschrittene von drei Erkundungsstandorten in Schleswig-Holstein, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. „In der Altmark will Vattenfall vollendete Fakten schaffen“, ist Greenpeace-Sprecher Frank Smid überzeugt, „CO2 soll als Wirtschaftsgut umdeklariert werden. Es geht aber um eine jahrtausendelange Endlagerung von Reststoffen.“ Für Greenpeace hat die aktuelle Diskussion über die CO2-Lagerung Parallelen zur Atommüll-Debatte „Vor 40 Jahren hielt man Salzkavernen für geeignet, für Millionen Jahre radioaktiven Müll sicher verwahren zu können. Heute weiß man es besser – siehe die Probleme im Bergwerk Asse,“ so Smid. „Milliarden Euro müssen nun vom Steuerzahler für die Sanierung aufgebracht werden. Das Gleiche könnte mit den CO2-Lagern passieren, denn die Industrie ist lediglich bereit, die Haftung für 20 Jahre zu übernehmen.“ Das Wissen um den chemischen Stoff CO2 und seine Wechselwirkungen mit in unterirdischen Höhlen vorkommenden chemischen Stoffen wie z. B. Metalloxiden ist nach Ansicht von Greenpeace heute noch viel zu gering, um bereits eine Endlagerung zuzulassen. Die Umweltinitiative fordert deswegen, zunächst erst einmal nur ein Forschungsgesetz zu erlassen.
Foto: Greenpeace
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