Seit letzter Woche ist der Genmais-Anbau in Deutschland etwas transparenter. Auf einer von Greenpeace online gestellten interaktiven Deutschlandkarte kann man ab sofort nachsehen, wo in Deutschland Gen-Mais angebaut werden soll.
Die Karte ist auf der Seite www.greenpeace.de/gen-mais-karte zu finden. Die Gen-Mais-Äcker in Bayern lassen sich mit Google-Maps sogar bis auf das Flurstück genau anzeigen. Brandenburgs Äcker sollen folgen. Grundlage für die Karten sind die im Standortregister des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) veröffentlichten Daten. Doch die Genauigkeit der Angaben hat derzeit Grenzen. Ein von Greenpeace in Auftrag gegebenes juristisches Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die Angaben im Standortregister nur mangelhaft in den meisten Bundesländern kontrolliert werden.
Auch dieses Jahr wird wieder riskanter Gen-Mais in Deutschland angebaut. Und das obwohl Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner versprochen hat, negative Folgen von Gen-Pflanzen für Umwelt und Gesundheit zu verhindern", sagt Stephanie Töwe, Gentechnik-Expertin von Greenpeace. "Die Kontrollen in Deutschland zum Anbau von Gen-Pflanzen sind ein Witz." Aktuelle Studien belegen, dass von Gen-Mais Gefahren für die Umwelt ausgehen. Zahlreiche europäische Länder haben deshalb den Anbau des Maises gestoppt. "Landwirtschaftsministerin Aigner muss sich daran ein Beispiel nehmen und auch in Deutschland den Gen-Mais verbieten", fordert Töwe.
Schon beim ersten Blick auf die "Genmais"-Karte fällt auf, dass die meisten zur Aussaat vorgesehenen Flächen im Osten Deutschlands oder in Bayern liegen. "Das hat verschiedene Ursachen", weiß Alexander Hissting von Greenpeace, "Zum einen tritt der Maiszünsler - das ist der Schädling, wegen dem die meisten Landwirte meinen auf Genmais umstellen zu müssen - nicht überall gleich stark auf. Zum Anderen kann man klar beobachten, dass dort, wo sich der Widerstand in der Umgebung stärker regt, weniger Gen-Mais angebaut wird. Im Osten Deutschlands ist der Widerstandswille bisher nicht sehr groß, auch deswegen wird hier mehr angebaut. Ausserdem haben es die Landwirte im Osten leichter: ihre Flächen sind oft so groß, dass die Äcker, auf denen Gen-Mais angebaut werden soll, inmitten eigener Flächen liegen. So fühlen sich weniger Nachbarn direkt betroffen. "
Derzeit sind über 3.500 Hektar (37.291.932 qm) für den Anbau von Gentechnik angemeldet - 500 Hektar weniger als im vergangenen Jahr. Bezogen auf die Gesamtanbaufläche von Mais sind das derzeit 0,17 Prozent der Fläche. Dieser Anteil wird voraussichtlich noch geringer ausfallen. So sind in den vergangenen Jahren zunächst angemeldete Flächen später wieder abgemeldet worden. "Ökologisch war der Gen-Mais schon immer ein Desaster. Jetzt scheint er auch ökonomisch ein Flop zu werden", sagt Töwe.
Ein von Greenpeace in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten macht deutlich, dass der Anbau zudem kaum überwacht wird. Jedes Bundesland kontrolliert nach eigenen Maßstäben. Einheitliche Regeln zur bundesweiten Überwachung gibt es nicht. Nicht erfasst wird in den meisten Bundesländern, ob ein Landwirt illegal Gen-Mais anbaut, er seine Nachbarn nicht wie vorgeschrieben informiert oder die Abstände zu benachbarten Maisflächen nicht eingehalten werden. Oft reagieren die Behörden nur auf Anzeigen von Dritten. Felder, auf denen Gen-Mais angebaut werden soll, müssen bis drei Monate vor der Aussaat gemeldet werden.
Ändert ein Bauer seine Pläne und will doch keine Gentechnik auf den angemeldeten Acker bringen, muss er dies dem Bundesamt unverzüglich mitteilen. "Genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Viele Gen-Bauern halten sich nicht an die Meldefristen und machen, was sie wollen. Landwirtschaftsminsterin Aigner muss handeln und die Einhaltung der Vorschriften stärker kontrollieren lassen", so Töwe.
Foto: Timo Vogt / randbild
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ÜBRIGENS: Am Mittwoch veranstaltet das "Bündnis gentechnikfreies Wendland" in Lüchow eine Informationsveranstaltung mit vier Referenten: Dr. Christian Schüler, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Witzenhausen (Fachgebiet Ökologische Landwirtschaft) spricht über die Risiken der Agro-Tentechnik. Martin Schulz, Landwirt aus Quickborn, referiert über die Entwicklung von gentechnikfreien Regionen in Norddeutschland. Die Risiken für die Honigproduktion sind das Thema von Imkermeister Marc Otte aus Beutow. Ausserdem wird Gwendolyn Jobst, eine wendländische Aktivistin, über die bundesweite Initiative "Gendreck weg" berichten.
Wann? 11. Februar, 19.30 Uhr
Wo? evangelisches Gemeindehaus Lüchow