Zwei Wochen haben sie studiert, Betriebe besucht, sich mit Materialien und Formen auseinander gesetzt sowie die Region erkundet : Ca zwanzig Design-Studenten von drei Hochschulen präsentierten am Samstag ihre Marketing-Ideen für wendländische Unternehmen.
Im hektischen Betriebsalltag ist es für Unternehmen oft nicht möglich, Produkte oder Geschäftsideen weiter zu entwickeln. Hier setzt das Projekt Grüne Werkstatt Wendland (GWW) an, welches bereits Anfang des Jahres mit Studenten der Kunsthochschulen Berlin-Weißensee und Burg Giebichenstein sowie der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim an konkreten Produktideen für regionale Unternehmen gearbeitet hatte.
Bis zum Wochenende arbeiteten nun Studenten aller drei Hochschulen zwei Wochen lang im „Design-Sommercamp“ im Werkhof Kukate an Problemlösungs-Strategien, die ihnen von an der GWW beteiligten Unternehmen mit auf den Weg gegeben worden waren. Die Firma Voelkel wünscht sich zum Beispiel ein Konzept, welches ihre Säfte für den mobilen Einsatz optimiert. Auch ein Kartenspiel, das Kindern Säfte, ihre Herstellung und ihre gesundheitliche Bedeutung nahe bringt, stand auf der Agenda der Studenten.
Für die Firma Werkhaus aus Bad Bodenteich entwickelten die Studenten den Prototyp einer „Communication Island“, die sowohl die Möglichkeit der öffentlichen Präsentation, eine Rückzugsmöglichkeit für Gespräche als auch einen Raum für Kinderbetreuung bietet. Dieser „multifunktionale Pavillon“ soll dabei nicht nur Geschäftsleuten nützen, sondern auch in privaten Gärten Einsatz finden können.
Um den Austausch mit Unternehmen zu fördern, standen für die StudentInnen viele Besuche bei hiesigen Unternehmen an, die ihnen tieferen Einblick in ihren Arbeitsalltag und konkrete Problemlagen gaben. Was es heißt, konkrete Produktideen für ein Unternehmen umzusetzen, erfuhren zwei Studentinnen bei ihrer Arbeit an der "Communication Island" für die Firma Werkhaus. Das halbrunde, einer Jurte nachempfunde Grundgerüst für einen Präsentationsraum war auf dem Computer und später mit der 3D-Software bei Werkhaus optimal ausgearbeitet worden. "Alles sah prima aus", lachte Werkhaus-Inhaber Holger Danneberg, der ahnte, was passieren würde. "Doch beim Aufbau stellte sich heraus, dass die Statik nicht stimmte und Module teilweise nicht ineinander passten." Ein Frust-Erlebnis, dass Danneberg seit über 30 Jahren kennt. "Man entwickelt, plant, rechnet - um dann bei Zusammenbau festzustellen, dass es doch nicht funktioniert oder die vorgesehene Funktion in der Realität gar nicht nutzbar ist", so Danneberg. Für die Studentinnen war es eine völlig neue Erfahrung, die aber ihr Durchhaltevermögen sehr gestärkt hat.
Da hatten es die Studenten leichter, die Vogelhäuschen mit Smartphone-Anschluss vorstellten. Im traditionellen Werkhaus-Design präsentierten sich kleine elegante Häuser, die auf den ersten Blick wie Modelle für eine neue "Werkhaus"-Architektur daher kamen. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppten sie sich als ausgeklügelte Hightech-Wohnungen für kleine Piepmätze: Ausgestattet mit einem austauschbaren Inneneinsatz, der das Reinigen überflüssig macht, gab's zusätzlich noch einen "Anbau", in dem eine Webcam oder ein Smartphone untergebracht werden kann, mit denen die Vögel bei Aufzucht und Pflege beobachtet werden können. Auch dies für Holger Danneberg eine durchaus spannende Produktidee, die weiter entwickelt werden wird.
Viele gute Ideen und neue Beziehungen
Auch die Studenten, die an neuen Verpackungsideen für die Firmen Huth + Fricke und Klank arbeiteten, müssen damit leben, dass ihre Ideen zwar bei Firmeninhaber Claas Spitz gut ankommen, ihr Einsatz in der Realität aber noch einiges an Arbeit erfordern wird. "Die Idee, ein Verpackungsdesign zu entwickeln, welches für alle Geschäftsleute in Lüchow ein Markenzeichen werden könnte, braucht noch viel diplomatisches Geschick," so Claas Spitz, gleichzeitig Vorsitzender der Interessensgemeinschaft Handel in Lüchow. Die grundlegenden Ideen, die die Studenten am Samstag präsentierten, fand Spitz aber so spannend, dass "hier garantiert noch weiter gearbeitet" werde.
Auch Frank Stieldorf, Geschäftsführer der Firma Voelkel zeigte sich sehr interessiert an den Produktideen der "Voelkel"-Arbeitsgruppe. Ein Kartenspiel hatten die Studenten in den vergangenen zwei Wochen kreiert, welches auf witzige Art und Weise Kindern mehr Informationen über Herstellung und Inhaltsstoffe von Säften vermittelt. Aber auch für das Thema "Voelkel to go" hatten die Studenten Ideen parat: in kleinen Flaschen, die sehr an die Schulmilchflaschen früherer Tage erinnern und als "Tri-Pack" im Pappring mit Schlaufe einfach davon zu tragen, gibt es nach der Vorstellung der Studenten drei Säfte, deren Vitamin- und Mineralstoff-Gehalt dem tageszeitlichen Bedarf angepasst ist. Um morgens die Energie zu stärken, gibt es einen anderen Saft als abends, wo Ruhe und Entspannung gefragt sind. Und Ideen für die passende Werbekampagne im 50er-Jahre-Retro-Design lieferten die Studenten auch gleich mit.
Ein Ziel, welches die Initiatoren der Grünen Werkstatt Wendland mit dem Design-Sommercamp erreichen wollten, war mit der zweiwöchigen Arbeit der Studenten allemal erreicht: Studenten und Betriebe miteinander ins Gespräch zu bringen. Nicht nur Professorin Barbara Tietze, die jahrzehntelang an der Hochschule der Künste in Berlin Design-Studenten unterrichtete, weiß, wie schwer es die Studenten oft haben, für ihre Ideen einen Realitätsbezug herzustellen. Deshalb versuchte Tietze, die als Betreuerin in Kukate einen Teil der Arbeit übernommen hatte, die Nachwuchs-Designer dazu anzuhalten, ihre Ideen kontinuierlich einer Realitätsüberprüfung zu unterziehen.
Während des Design-Sommercamps war dies ein Leichtes, denn die der GWW angeschlossenen Unternehmen waren regelmässig für Gespräche und Austausch erreichbar, so dass die jeweiligen Produkte ganz "betriebsnah" entwickelt werden konnten.
Und trotzdem wird es noch eine Menge Arbeit sein, selbst die besten Ideen "marktreif" zu gestalten. Doch die ersten Steine für eine fruchtbare weitere Zusammenarbeit sind gelegt. Ob und wie es weitergeht - das hängt vom weiteren Engagement von Studenten und Unternehmen ab. Am Samstag jedenfalls waren alle Beteiligten guten Mutes, dass zumindest ein Teil der vorgestellten Ideen in die Produktion gehen werden.
Foto (Angelika Blank ) : Auch eine App für die Säfte der Fa. Voelkel war eine Idee der Design-Studenten