Es gibt sie, die jungen Unternehmen im Landkreis. Eines davon ist die "Gute Kulturen" GmbH in Hitzacker. Sie stellen "saure" Produkte her und führen ihre Firma nach dem Prinzip "Sinn statt Profit".
Die Geschichte der "Gute Kulturen" GmbH beginnt vor einigen Jahren. Nachdem sie ihre erfolgreiche Firma in Baden-Württemberg verkauft hatten, zogen Swantje und Martin Theben ins Wendland, kauften sich ein Gehöft und begannen, über neue Konzepte nachzudenken. "Bei der vorherigen Firma lief der übliche Kreislauf eines Wirtschaftsunternehmens ab: "größere Unternehmensstrukturen, größere Investitionen, größere Produktionsmengen etc. etc. " so Martin Theben. "Ich wollte das nicht mehr."
Die Eheleute stellten sich immer mehr die Frage, wie eine gemeinwohlorientierte Firma aussehen könnte. Nachhaltig sollte das neue Projekt sein, wirksam für Gesundheit und Gesellschaft.
Die Leidenschaft für fermentierte Produkte einte Swantje und Martin Theben schon lange. "Der vielfältige Geschmack, die positiven gesundheitlichen Wirkungen und die Ursprünglichkeit der Produktion begeistert uns," so die beiden Produzenten. "Nicht umsonst ist die Herstellung von sauren Lebensmitteln die älteste Konservierungsmethode. Sie wurde schon in der Steinzeit eingesetzt, noch bevor das Feuermachen entdeckt wurde."
Irgendwann fragten sich die beiden Gründer, "warum das Ganze nicht größer denken?" Die Idee zur "Gute Kulturen"GmbH war geboren. Martin Theben setzte sich mit Kulturgeschichte, Herstellung, Geschmack von fermentierten Lebensmitteln auseinander, fuhr nach Kanada, wo die Herstellung von Sauerkraut und Co. schon länger etabliert ist.
Die Begeisterung der Thebens für milchsaure Lebensmittel ist nicht nur im vielfältigen Geschmack begründet. Milchsäuregärung macht aus rohem Gemüse Lebensmittel, die eine außerordentlich positive Wirkung auf die Gesundheit haben - und zudem noch lange haltbar sind.
Das wussten auch die Seeleute früherer Zeiten zu schätzen. Sauerkraut wurde auf den monate-, oft sogar jahrelangen Überfahrten quasi zum Überlebensmittel - der hohe Vitamin-C-Gehalt verhinderte Skorbut. "Industriell hergestelltes Sauerkraut hat diese Inhaltsstoffe nicht mehr," erläutert Theben. "Durch die vorgeschriebene Pasteurisierung werden nicht nur die Milchsäurebakterien zerstört, sondern auch viele Vitamine."
Weswegen die Gute Kulturen GmbH ihre "Love Craft Kraut"-Variationen nach ausgeklügelten Rezepturen so schonend produziert, dass die wertvollen Inhaltsstoffe erhalten bleiben. Durch die Kooperation mit dem Netzwerk der Regionalwert AG, einer Bürger-Aktiongesellschaft, ist es möglich, dass genügend Rohgemüse in biologischer Qualität bezogen werden kann.
Unter dem Label "Suur - Kulturschock" entstand im Laufe der Zeit eine Produktpalette, die vom klassischen Sauerkraut über "Kimchi " und "Spicy Blumenkohl" bis hin zu "Hot Shots" (scharfe Saucen) reicht.
Swantje und Martin Theben sowie ein weiterer Mitgründer sind von ihrem Unternehmen so überzeugt, dass sie kräftig investierten und in Meudelfitz ein großes Geschäftsgebäude mit über 500 qm Produktionsfläche und Büros errichteten. Investitionssumme siebenstellig.
Die Dimensionen schrecken die Beiden nicht. Hatten sie doch schon ihre vorherige Firma "Bergfreunde" so erfolgreich geführt, dass sie dafür 2009 den Deutschen Gründerpreis einheimsten. Und: sie konnten das Unternehmen so lukrativ verkaufen, dass die Investition in Hitzacker nicht zu einem unkalkurierbaren Wagnis wurde.
Gute Kulturen - auch im Unternehmertum
"Mir war wichtig, dass das neue Unternehmen wirksam ist. Die Produkte wirksam für die Gesundheit, die Unternehmenstruktur wirksam für eine neue Wirtschaftskultur, die auf Sinn ausgerichtet ist und nicht auf Profit," so Martin Theben. Konsequent also, dass nicht nur in der Produktion mit biologisch produzierten Rohwaren gearbeitet wird, sondern dass auch das Gebäude soweit möglich mit ökologischen Materialien gebaut und ausgestattet ist.
Aber bei diesen äußeren Nachhaltigkeits-Kriterien belassen es die Gründer nicht. "Zu einer neuen Wirtschaftskultur gehörtauch die Struktur eines Unternehmens. Unser Unternehmen gehört sich selbst," erklärt Martin Theben das Konstrukt der Firma. "Niemand kann Gewinn aus der Firma ziehen, alle Mitarbeiter erhalten lediglich Gehalt. Gewinne fließen zurück in die Firma."
"Um eine neue Ethik im Wirtschaftswesen zu etablieren, müssen auch Konstrukte möglich werden, mit denen das Gemeinwohlorientierte Wirtschaften in der Rechtsform verankert werden kann," so Theben. Bis es soweit ist, mussten die Gründer für die "Gute Kulturen GmbH" eine Mischung aus Stiftung und GmbH wählen. So wird es unmöglich, das Unternehmen zu verkaufen oder den Zweck des Unternehmens in Richtung Profitorientierung zu verändern.
Noch arbeitet die Gute Kulturen GmbH mit wenigen Mitarbeitern. Aber das Unternehmen beginnt, den Markt zu erobern. Was die Wirksamkeit angeht, so bleibt Martin Theben bescheiden: "Wenn mehr Menschen eine bessere Ernährung hätten, dann wäre schon etwas erreicht." Und dazu möchten seine Frau und er mit den "Suur - Kulturschock" Produkten beitragen.
UPDATE:
SUUR gibt’s online unter www.suur.love,
und mittlerweile in (fast) allen Bioläden in der näheren Umgebung sowie
in wenigen Läden in Hamburg und Berlin. Hier kann man nachschauen, wo
genau es SUUR im Handel gibt: https://www.suur.love/
Foto | Angelika Blank: Das Team der "Gute Kulturen GmbH" (von links): Swantje Theben, Martin Theben, Torge Ahrens, Elena Schulz