Was die Fußball-Fangemeinde erfreut, treibt den Landwirten zunehmend die Sorgenfalten ins Gesicht: Die Schönwetterperiode mit Hitzerekorden hat die Ertragserwartungen der Getreidebauern deutlich zurückgeschraubt. Vor allem bei Kartoffeln und Silomais sind Totalausfälle zu befürchten, wenn es nicht innerhalb der nächsten Tage ausgiebig regnet. Nach einer Umfrage des Landvolk-Pressedienstes zeichnen sich bei der Wintergerste, die alljährlich den Erntereigen eröffnet, noch recht gute Erträge ab. Sie war ähnlich wie der Raps in der Abreife bereits recht weit fortgeschritten, so dass ihr die Gluthitze der ersten Julitage nicht mehr sehr viel anhaben konnte. Für den Weizen als wichtigste Getreidekultur dagegen dürfte es zumindest auf den in Niedersachsen in weiten Regionen vorherrschenden schwächeren Standorten eng werden. Die Bestände waren Anfang Juli erst in der Phase der Kornfüllung. Bei Temperaturen von 30 Grad Celsius und mehr haben die Pflanzen ähnlich wie viele Menschen in den absoluten Spargang geschaltet und damit keine Reservestoffe eingelagert. Die Landwirte erkennen dies an den zunehmend weißen Ähren, die nur schwach ausgebildete Körner enthalten.
Auf den besseren Böden dagegen hielt die Wassernachlieferung länger durch, hier könnten durchaus noch respektable Erträge und insbesondere gute Qualitäten geerntet werden. Bei einer nach ersten noch vorläufigen Prognosen des Landesbetriebes für Statistik um gut fünf Prozent eingeschränkten Getreidefläche und einem Ertragsniveau, das nicht an die Spitzenerträge des Vorjahres heranreicht, dürfte die Getreideernte in Niedersachsen die Gesamtmarke von 6,7 Mio. t wie im Vorjahr deutlich unterschreiten. Die nach zunächst recht guten Prognosen mittlerweile zurückgeschraubten Ertragserwartungen sorgen inzwischen auch bei Landhandel und Genossenschaften sowie an den Rohstoffbörsen für nervöse Stimmung. Die ersten Mähdrescher dürften mit der erneuten Hitzeperiode zum Wochenende ihre Arbeit beginnen, der Erntestart läge dann wieder im langjährigen Mittel.
Doch für Kartoffeln und Silomais ist es fast schon zu spät. Hatte der Landwirt keine Gelegenheit zur Beregnung, dann ist für diese beiden Sorten wohl mit einem Totalausfall zu rechnen, so Adolf Tebel, Vorsitzender des Landvolks in Lüchow-Dannenberg. Auch das Vieh hat unter der Hitze zu leiden. Adolf Tebels Schweine bekommen zum Beispiel jeden Tag eine kalte Dusche, damit ihnen nicht zu heiß wird. "Wir versuchen auch, den Stall mit kaltem Wasser abzukühlen, aber das hält bei diesen Temperaturen nur kurze Zeit", stöhnt Tebel.
Insgesamt bewegte sich die Witterung im ersten Halbjahr im Bereich der Extreme: einem deutlich kalten und hartnäckigen Winter folgten ein warmer März und ein nasser April. Der Mai dagegen zeigte sich wie die erste Junihälfte eher von der kühlen Seite, ehe mit dem Juli die große Hitze Einzug hielt. Ob sich die alte Bauernregel „Juli heiß lohnt Müh und Schweiß“ bewahrheiten wird, wird sich für die Ackerbauern erst nach Abschluss der Ernte herausstellen.