Nach der Ankündigung der Nemitzer Heidegas GbR, die in dem Ort eine Biogasanlage betreibt, die Anlage zu erweitern, um Fernwärme nach Trebel liefern zu können, fühlen sich die Gegner erneut auf den Plan gerufen. Während einer Informationsveranstaltung am Mittwoch Abend kündigten sie in einem offenen Brief ihren Widerstand an.
Vor sechs Jahren tobte ein regelrechter Dorfkrieg um den Bau der Biogasanlage in Nemitz. Nun ruht dieser Konflikt schon seit einiger Zeit, wenn auch seitdem ein tiefer Graben durch die Dorfgemeinschaft geht. Doch nun droht der Kampf erneut auszubrechen: die Betreiber der Biogasanlage, die Landwirte der Heidegas GbR (Frank Schmitt, Hans-Jörg Peters und Jörg Drenckhan) kündigten am Mittwoch in den Trebeler Bauernstuben an, dass sie die Anlage erweitern möchten.
Derzeit produziert die Anlage in Nemitz Monat für Monat genügend Wärme-Energie, um 16 Haushalte im Ort zu versorgen. Eigentlich wollten sich die drei Landwirte damit zufrieden geben und hatten nicht geplant zu expandieren. Doch nachdem einige Anfragen aus Trebel bei der Heidegas GbR eingegangen waren, ob und wie sie ebenfalls von der Anlage profitieren könnten, überlegen die drei Landwirte nun, ihre Biogasanlage zu erweitern und eine Biogasleitung nach Trebel zu legen, um dort ein BHKW zu installieren, dessen Abwärme dann 20 – 25 Haushalte mit Biogas-Energie aus Nemitz versorgen kann.
Zusätzliche Gewerbefläche von 0,7 ha
Trebeler Haushalte waren bereits per Handzettel über die Überlegungen informiert worden. Nun sollten am Mittwoch Abend alle Interessierten im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung die Gelegenheit erhalten, sich über technische Details und Kosten eines eventuellen Anschlusses zu informieren. Landwirt Frank Schmitt, der Anlagenplaner Gerhard Wiese aus Gedelitz sowie ihr technischer Berater Andreas Hogan von der Firma Dreyer und Bosse standen den rund 50 Interessierten für Fragen zur Verfügung.
„Es ist notwendig, die Anlage in Nemitz mit einem zusätzlichen Vorratsbehälter sowie einer Siloplatte ergänzen“, so Frank Schmitt. „Dafür brauchen wir ca. 0,7 ha Fläche, die mit der bestehenden Fläche als Gewerbegebiet ausgewiesen werden müsste.“ Mittels einer – ebenfalls neu zu bauenden - ca. 2,5 km langen Gasleitung würde das Biogas dann nach Trebel geschickt, um dort in einem Blockheizkraftwerk zu nutzbarer Heizenergie umgewandelt zu werden.
Doch bis es soweit ist, müssen noch einige Hürden genommen werden, dessen sind sich auch die drei Landwirte bewusst: Die zusätzliche benötigte Fläche muss als Gewerbegebiet ausgewiesen werden, wofür ein öffentliches Beteiligungsverfahren notwendig ist, in dessen Rahmen auch eine Umwelt-Verträglichkeitsprüfung stattfinden muss. Denn die Erweiterungsfläche liegt mit einem kleinen Teil im Natura 2000 Gebiet, so dass in jedem Fall ein Fauna- und Flora Verträglichkeitsgutachten erstellt werden muss.
Viele offene Fragen
Einige Vorbedingungen, die das Projekt überhaupt erst möglich machen, scheinen relativ leicht umsetzbar. So sind zwei der vier an der Strecke der Gasleitung liegenden Grundstückseigentümer bereits mit der Verlegung einer Gasleitung einverstanden. Einer von den beiden ist der an der Heidegas GbR beteiligte Hans-Jörg Peters, der andere ein Mitgesellschafter aus Trebel. Dieser hat auch schon zugesagt, dass das neu zu erstellende Blockheizkraftwerk auf seinem Grundstück gebaut werden kann.
Die Gegner der Erweiterung, die größtenteils schon vehement gegen den Bau der ursprünglichen Biogasanlage gekämpft hatten, waren erwartungsgemäß ebenfalls mit einigen Vertretern zu der Veranstaltung erschienen. In einem offenen Brief formulierten sie erneut ihre Bedenken. Schon bei dem Bau im Jahre 2004 hätten sie davor gewarnt, dass diese Anlage nicht erweiterungsfähig sei, heißt es darin. Außerdem wiederholten die Gegner, die sich im damaligen Konflikt als „ruhebedürftige Unternehmer“ (hauptsächlich aus dem touristischen Bereich) aus Nemitz bezeichnet hatten, ihre Auffassung, dass Nemitz ein unpassender Standort sei.
Viele Bedenken, doch wenig Argumente
„Wir befürchten, dass sich sowohl die Lärm- als auch die Geruchsbelästigungen durch den Erweiterungsbau erhöhen werden“, war immer wieder aus Kreisen der Gegner zu hören. Eine Sorge war womöglich zunehmender Traktor-Verkehr durch das Dorf, für den allerdings schon bei der Genehmigung der Basis-Anlage eine Regelung gefunden worden war. In einem städtebaulichen Vertrag wurde vereinbart, dass nur die Anfahrten durch das Dorf gehen und die Leerfahrten auf der Rückfahrt über eine eigenes durch die Gemeinde erstellte "Umgehungsstraße", so dass mindestens die Hälfte der Traktoren-Fahrten durch das Dorf entfällt.
Weiterer Lärm könnte vom Betrieb des Blockheizkraftwerks ausgehen, dessen Motoren Tag und Nacht laufen müssen. Andreas Hogan erläuterte, mit welchen Geräuschbelästigungen die Trebeler zu rechnen haben werden, denn dort wird das Blockheizkraftwerk stehen: „Wir planen die Anlage auf einen maximalen Geräuschpegel von 35 dB in zehn Meter Entfernung. Das entspricht einem Wert nach Immissionsschutzgesetz, der für das Umfeld von Kurgebieten, Krankenhäusern und Pflegeanstalten vorgegeben ist.“ Eine massive Umbauung des Kraftwerks mit zusätzlicher Abdichtung soll dafür sorgen, dass möglichst wenig Geräusche nach außen dringen.
Die Frage der Geruchsbelästigung wurde von einem Nemitzer Anwohner beantwortet, der seine Terrasse direkt neben der Biogasanlage hat. „Ist doch komisch, dass ich nichts rieche, obwohl ich doch so dicht an der Anlage wohne“, rief er den Gegnern zu.
Interessantes Projekt für Trebeler Haushalte
Doch diese mochten sich von den Erläuterungen des technischen Beraters nicht recht beruhigen lassen. Viele schienen überhört zu haben, dass das Geräusche verursachende Blockheizkraft in Trebel stehen wird. Manche fühlten sich getäuscht, da die Heidegas GbR damals nach ihrer Ansicht eine Erweiterung verneint hatte.
Die Trebeler Anwesenden interessierte viel mehr, welche Vorteile sie von einem Anschluss an das Fernwärmenetz haben könnten. "Wir können rund 20 - 25 Haushalte zu einem sehr günstigen Preis mit regionaler regenerativer Energie versorgen", so Frank Schmitt. Mit Anschlussgebühren von rund 1600 Euro pro Vier-Personen-Haushalt (bei einer geschätzten Auslegung der Heizanlage auf 20 kw Leistung) und einem avisierten Preis von 3 Ct/kwh klang das Angebot der Heidegas GbR Vielen interessant genug, um sich näher damit zu beschäftigen. So waren auch konkrete Fragen nach der Größe der Anlage im Haus und den praktischen Bedingungen des Anschlusses zu hören. Nach Auskunft von Frank Schmitt ist in den vorgesehenen Anschlussgebühren die Verlegung der Gasleitung bis ins Haus sowie die Installation der Hausverteiler-Station enthalten. Lediglich das Aufgraben der für die Gasleitung notwendigen Kanäle auf dem eigenen Grundstück ist von den Kunden zu leisten.
Dass die Versammlung bis zum Schluss einen ruhigen Verlauf nahm, war einerseits der umsichtigen Moderation von Frank Schmitt zu verdanken, andererseits wohl aber auch der Tatsache, dass für die Erweiterung in jedem Fall ein förmliches Beteiligungsverfahren durchgeführt werden muss, in dessen Verlauf sowohl immissionsschutzrechtliche Bedenken eingebracht werden können als auch eine Verträglichkeitsprüfung nach Naturschutzrichtlinien durchgeführt werden muss. Dem Verhalten der Gegner am Mittwoch Abend war anzumerken, dass sie diese Gelegenheit ausgiebig nutzen werden, um ihre Bedenken einzubringen.
Aus diesem Grunde konnte Frank Schmitt auch noch keine festen Zeitpläne für die Inbetriebnahme des Fernwärmenetzes nennen. "Wir müssen abwarten, wie lange das Beteiligungsverfahren dauert", so Schmitt. Im ersten Schritt muss sich zunächst der Gemeinderat Trebel mit dem Planungsantrag befassen und ihn für gut befinden. Dies ist schon die erste Hürde, die die Heidegas GbR zu nehmen hat, denn auch in diesem Gremium haben die Energieerzeuger nicht nur Freunde.
Den Heidegas-Beteiligten ist bewusst, dass sie mit ihrem Erweiterungsprojekt nicht nur auf Gegenliebe stoßen. Deswegen haben sie vorsorglich schon einmal einen Biologen beauftragt, zu überprüfen, ob und welche Naturschutzbedenken bestehen könnten.
Für Andreas Hogan, der für Dreyer und Bosse in Nord-Ost-Niedersachsen und Hamburg für den Vertrieb zuständig ist, waren die vielen eingebrachten Bedenken eher befremdlich. "So etwas habe ich bei den rund 2000 Biogas-Standorten, die ich im Zuge meines Berufs kennen gelernt habe, noch nicht erlebt. Woanders wird gefragt, ob man denn nicht gleich größer bauen könne, damit noch mehr Haushalte von der Anlage profitieren können. Da herrscht eher die Sorge, dass die Anlage zu klein konzipiert sein könnte."
Die drei Landwirte der Heidegas GbR lassen sich von den neuerlichen Bedenken jedoch vorerst nicht abschrecken. Sie wissen, dass für den Erweiterungsbau ein formales Verfahren vorgeschrieben ist, da die dann erweiterte Anlage über 500 kW Leistung haben wird.
1. Bauleitplanung - hierüber muss der Gemeinderat entscheiden
2. Nutzungsänderung des Flächenplans - Entscheidung des Samtgemeinderates in Gartow
3. öffentliches Beteiligungsverfahren, in dem u.a. verschiedene Behörden ihre Gutachten abgeben müssen (Immissionsschutz/Gewerbeaufsicht, Naturschutz, ...)
Die Heidegas GbR ist bereit, für die Versorgung von Trebeler Haushalten noch einmal 800 - 900 000 Euro zu investieren, jedoch: "Sollten sich nicht genügend Interessenten finden oder die Genehmigungen nicht oder nur unter unannehmbaren Bedingungen zu erhalten sein, so können wir auch gut mit der schon existierenden Anlage weiterleben. Wir müssen nicht um jeden Preis erweitern", betonte Frank Schmitt am Rande der Veranstaltung.
Foto: Frank Schmitt (li.) und Andreas Hogan (re.) hatten am Mittwoch Abend viele Fragen zu beantworten.
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