Wie 2009 wird, wissen wir natürlich auch nicht. Aber wir haben versucht etwas über die Erwartungen in der Region bei Handel, Landwirtschaft und Industrie in Erfahrung zu bringen. Eine nicht repräsentative Umfrage.
Nya Nordiska ist, wenn auch nicht unbedingt der grösste, so doch einer der renommiertesten Betriebe der Region. Jährlich gewinnt die Textilgestaltungsfirma internationale Design-Wettbewerbe mit ihren hochwertigen Deko- und Vorhangstoffen. Gerade hat das Unternehmen damit begonnen, einen Erweiterungsbau in Dannenbergs Innenstadt in Angriff zu nehmen. Nach Fertigstellung sollen dort zwanzig weitere Arbeitsplätze entstehen.
Firmeninhaberin Diete Hansl-Röntgen schaut optimistisch ins beginnende Jahr: „Mit dem Umbau haben wir uns wirklich große Dinge vorgenommen. Das würden wir nicht tun, wenn wir nicht positiv gestimmt in die Zukunft schauen würden.“ Auch Nya Nordiska spürt, dass die Umsätze in einigen Ländern, wie zum Beispiel Großbritannien, zurückgehen.
Diete Hansl-Röntgen: „Wir wissen zwar, dass auch die Luxusgüterindustrie allgemein durchaus Rückgänge zu verzeichnen hat, aber wir haben schon immer langfristig gearbeitet und darauf geachtet, dass wir uns nicht nur auf ein Exportland konzentrieren.“ Für ihre „solide deutsche Wertarbeit“, die auch guten Service, Beständigkeit und Kontinuität bei den Mitarbeitern mit einschließt, erhalten sie auf den Messen immer wieder positive Resonanz. „Deswegen glauben wir auch, dass wir von einer sich womöglichen Finanzkrise nicht besonders betroffen sein werden."
Zugute kommt dem Unternehmen, dass die Finanzkrise auch ihre (positive) Kehrseite hat: Stahlpreise und Kreditzinsen sind gesunken, so dass der Umbau voraussichtlich günstiger wird als vorgesehen.
Auch bei der AOK in Uelzen ist man vorsichtig optimistisch. Pressesprecher Torsten Schulz-Widdecke: "Wir sind jetzt erst einmal gespannt, wie sich der Gesundheitsfonds wirklich auswirken wird. Da wir ja als AOK, anders als die Privatkassen, noch immer für die Bedürftigen zuständig sind, haben wir mehr zu kämpfen als die Privaten. Andererseits hat der neue allgemeine Beitragssatz von 15,5 % zur Folge, dass immer mehr Kunden von ihren privaten Krankenkassen wieder zu den mehr regional ausgerichteten allgemeinen Krankenkassen zurück kehren. Das hat uns schon im letzten Quartal 2008 viele neue Kunden beschert. Und dieser Trend setzt sich in 2009 fort." Trotzdem befürchtet Schulz-Widdecke, dass ein Beitragssatz von 15,5 % nicht ausreichen wird, um die Kosten zu decken. "Damit kommen wir zwar über 2009, aber was danach sein wird, wissen wir nicht. Wir haben zwar derzeit eine positive Phase, aber wenn durch eine rückläufige Konjunktur auch das Beitragsaufkommen sinkt, sieht es wieder anders aus."
Anders sieht es bei den Landwirten aus. Biolandwirt Heinrich Pothmer aus Teichlosen erwartet nicht viel Gutes: "Alles wird schwieriger, auch der Absatz von Bioprodukten steigt nicht mehr wie in der Vergangenheit, sondern stagniert. Der Druck auf Biobauern, aber auch der auf konventionelle Landwirte wird wachsen." Aber trotzdem ist er verhalten positiv gestimmt: "Die Biolandwirtschaft wird weiter gut da stehen", ist Pothmer überzeugt. Von der Politik erwartet Pothmer allerdings wenig: "Da wird nichts Einschneidendes passieren - höchstens eine Verschlechterung der Situation. Durch die Finanzkrise wird die Förderung der Biolandwirtschaft weit hintenan stehen. Wo auch nur kurzfristig negative Einflüsse auf den Arbeitsmarkt zu sehen sind, wird wohl jeder Förder-Cent dorthin geschoben." Pothmer macht sich da keine Illusionen. Nach seiner Ansicht wird die Finanzkrise das nächste Jahr die Bundespolitik bestimmen.
Ursula Fallap, zuständig für das Stadtmarketing in Dannenberg, sieht eher besorgt ins neue Jahr: "Nun ja, ich fürchte, dass die Probleme eher größer werden als kleiner: Überall krankt der Einzelhandel, das ist zwar ein bundesweites Problem, betrifft uns in Lüchow-Dannenberg aber besonders. Die Leute haben wenig Geld, wie sollen sie da einkaufen gehen.Der Umbau von Nya Nordiska ist natürlich ein Riesengewinn für die Stadt, das wird ja hoffentlich auch 20 neue Arbeitsplätze bringen, aber insgesamt sehen wir nicht gerade rosigen Zeiten entgegen." Die Stadt hat zwar auch für dieses Jahr wieder Gelder aus der City-Offensive organisieren können, aber mit den insgesamt 30 000 Euro, die für Marketingmaßnahmen zur Verfügung stehen, können gerade einmal die notwendigsten Werbemaßnahmen finanziert werden. So soll zum Beispiel eine Verbindung vom Einzelhandel in der Innenstadt zu den Fachmarktzentren im Aussenbereich hergestellt werden. Außerdem hofft die Marketing-Chefin darauf, dass sich durch die Fördergelder gemeinsame Werbekampagnen mit regionalen Unternehmen anschieben lassen.
Ähnlich sorgenvoll ist man in der Versicherungsbranche. Carsten Sander, der ein VGH-Agentur in Gartow leitet: "Ganz allgemein ist es ja so, dass jemand der sparen muss/will, mit als Erstes seine Versicherungen überprüft. Das spüren wir schon im Geschäft. Wir lebten schon vorher nicht auf hohem Niveau, aber jetzt müssen wir schon auf kleinem Niveau ganz schön Druck aushalten."
Verbraucher in der Region schwanken zwischen Gleichgültigkeit - "ach das ist doch alles Medienhysterie" - und Panik. Da raunt es in so manchem Lüchower Laden von Internetseiten, die fragen, was man tut, "wenn der hungrige Nachbar vor der Tür steht" und raten, sich mit einem Lebensmittelvorrat für mehrere Wochen einzudecken. Da gibt es doch den ein oder anderen, der sich von einem Ängste schürenden Buchautor ins Bockshorn jagen lässt und vorsichtshalber Pferdefutter fürs ganze Jahr ordert.
Doch wie sagt die in Vietze ansässige Professorin für angewandte Komfortforschung Barbara Tietze: "Vergangenheit ist nicht das Muster für die Zukunft". In diesem Sinne hoffen wir auf ein positives Jahr 2009.
PS: Wir haben natürlich auch die beiden grossen Banken in der Region, Volksbank und Sparkasse, nach ihren Perspektiven für 2009 gefragt. Doch die Frage wurde an die jeweiligen Vorstandsvorsitzenden delegiert. Dort wird noch immer nachgedacht ...
Fortsetzung folgt.
Foto: Kulturelle Landpartie/Gerhard Ziegler