Eine neue politische Gruppierung tritt dieses Jahr zur Wahl an: mit schrägen Slogans, peppigen Plakaten und einer aufwändigen Kampagne schickt "KalliEco" mehrere KandidatInnen für verschiedene Gremien ins Rennen. Inhalte? Die Ideen kommen vom Michaelshof Sammatz.
Nette, junge Menschen stehen an den Wahlkampfständen, bringen frischen Wind in die tradierte (Kommunal)politiklandschaft. Sie wollen verkrustete Strukturen in der Kommunalpolitik aufbrechen, sich einmischen, eine "grüne, schöne" Region entwickeln. "KalliEco" - eine neue Wählergemeinschaft will mit mehreren KandidatInnen Plätze im Gemeinde- und Samtgemeinderat in Neu Darchau sowie im Kreistag besetzen.
Auf der Website von KalliEco sind nur "grüne, schöne" Ziele zu finden: Offenheit "insbesondere zu allen Menschen aus dem Ausland", nachhaltige Politik, Förderung der biologischen Landwirtschaft, mehr Bürgernähe der Verwaltung, ein sozialer Landkreis, der " jedem Menschen den Platz gibt, an dem er das tut, was er am Besten kann." Nur schade, dass viele der schönen Bilder nur insofern nachhaltig sind, als sie von Bildagenturen vertrieben und auf vielen anderen Webseiten gleichfalls Marketingzwecken dienen. Zum Beispiel dieses Motiv.
Wirtschaftlich setzt KalliEco laut Wahlprogramm auf Sanften Tourismus, ökologische Landwirtschaft, Grüne Energie und Öko-Projekte (innovative Technologien, nachhaltige Produktion oder grünes Marketing).
Konkretere Pläne, Ideen und Absichten für den Landkreis finden sich eher nicht. Den grössten Teil der EJZ-Beilage nimmt die Auseinandersetzung mit der schlimmen Presse (hier die Artikel der EJZ ) und einer Bürgerinitiative in Sammatz ein.
Auf welcher Basis steht KalliEco?
Die Wählergemeinschaft macht keinen Hehl daraus, dass der Michaelshof Sammatz ihre Basis ist. Aus dem Wahlprogramm von KalliEco: "Wir bringen vom Michaelshof in Sammatz die Idee des grünen und schönen Dorfes in die Politik." Und: "... Das lernen wir täglich in unserer
Community am Michaelshof. Der Michaelshof e.V. bewirbt aus seiner Website KalliEco unter der Rubrik "Michaelshof auf Instagram".
Kann daraus geschlossen werden, dass das der "Michaelshof Sammatz" die Räte besetzen will?
Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass "Michaelshof Sammatz" offenbar ein Sammelbegriff für verschiedene Unternehmungen ist. Da zudem einige der KanditatInnen zum Führungsteam des Michaelshofs Sammatz e.V. sowie des Peronnik e.V. gehören, lohnt sich ein Blick auf das verzweigte Konstrukt.
Da ist zum einen der Michaelshof e.V.. Das Impressum von michaelshof-sammatz.de nennt den eingetragenen Verein als Verantwortlichen für die Website. Als Vorstand des Vereins wird dort Claudia Brady, KalliEco-Kandidatin für den Gemeinderat Neu Darchau, genannt. Als Empfänger von Zahlungen auf das Spendenkonto wird eine "SAL Treuhandstiftung" genannt.
Mehrere Wirtschaftsbereiche werden nach den Angaben auf der Website vom Michaelshof Sammatz e.V. betrieben: das Café, der landwirtschaftliche Demeter-Betrieb mit Hofladen und Café sowie der Peronnik e.V., der "seelenbedürftige Kinder" betreut. Außerdem wurde im Februar 2020 im Nachbardorf Wietzetze eine Förderschule für emotional-soziale Entwicklung gegründet. Eine Akademie mit Workshops und Seminaren ist ein weiterer Geschäftsbereich.
Die SAL (Sammatzer Arbeits- und Lebensgemeinschaft) Treuhandstiftung ist keine Stiftung öffentlichen Rechts, sondern eine Treuhandstiftung, die keine eigene Rechtsfähigkeit hat. Unklar ist, wer der/die Stifterin des Stiftungsvermögens ist.
Nach der Website des Peronnik e.V. ist die SAL Treuhandstiftung vom Finanzamt Lüchow als gemeinnützig und mildtätig anerkannt. In dem Spendenaufruf der Treuhandstiftung wird die Kandidatin für den Samtgemeinderat Elbtalaue, Janet Haacke, als Stiftungsvorstand genannt.
Die Stiftung Michaelshof Sammatz
Auf dem Finanzmarkt ist eine Michaelshof Stiftung Sammatz aktiv, die nach finanzen.net Anleihen mit einem Emissionsvolumen von 5,5 Millionen Euro (in der 1. Tranche) anbietet und 4 % Rendite verspricht. Laut einer Studie der Analystenfirma Murphy & Spitz, die wnet vorliegt, beträgt das Gesamtvolumen der Anleihe bis zu 15,5 Millionen.
Des weiteren ist laut der M+S-Studie die Einbeziehung in den Freiverkehr beabsichtigt. Sprich: die Schuldverschreibung soll im Open Market auf der Börse gehandelt werden. Der Open Market ist im Börsengeschehen das am wenigsten regulierte Segment mit den geringsten Transparenzpflichten.
Aus der oben genannte Studie ergibt sich auch, dass die Stiftung Michaelshof Sammatz (deren Geschäftsbereiche so gut wie identisch sind mit denen des Michaelshof e.V. sowie des Peronnik e.V.) für das Jahr 2020 einen Umsatz von 5,9 Millionen erzielte, der laut Plan im Jahre 2021 auf 6,5 Millionen Euro steigen soll. Allein aus der Arbeit des Peronnik e.V. sollen nach der Studie nahezu 3 Millionen Euro Umsatz durch die Einnahme von Pflegegeldern von den zuständigen Jugendämtern erzielt werden.
Für den Bau eines "familienfreundlichem, mittelgroßen Hotels mit 106 Betten" hat der Peronnik e.V. als Projektträger und Antragsteller rund 1 Million Euro Förgergelder aus dem EU-Fördertopf EFRE erhalten.
(Anmerkung: Die Firma Murphy & Spitz hat bestätigt, dass sie für den Michaelshof Stiftung Sammatz eine Studie erstellt hat. Zum Inhalt wollte sich das Unternehmen aber aus Gründen des Betriebsgeheimnisses nicht äußern.)
Resümee
Nach den uns vorliegenden Informationen handelt es sich bei dem Konstrukt "Michaelshof" mit seinen verschiedenen Geschäftsbereichen um eine Firma im Umfang eines mittelständischen Unternehmens.
Das ist an und für sich nichts Besonderes. In den Räten sitzen an verschiedenen Stellen Geschäftsführer und Inhaber kleinerer und größerer Unternehmen. Dass aber mehrere KandidatInnen sich auf ein Unternehmen beziehen, drei von ihnen gar zur Führungsspitze von Michaelshof Sammatz e.V. und Peronnik e.V. gehören, das wirft zumindest Fragen auf - vor allem vor dem Hintergrund, dass der Michaelshof in jüngster Zeit Konflikte mit verschiedensten Behörden im Landkreis und in der Samt- und Gemeinde Neu Darchau hatte.
Der Michaelshof wurde von uns um Stellungnahme gebeten. die lag aber zum Veröffentlichungszeitpunkt dieses Artikels noch nicht vor. Sollte sich Neues ergeben, werden wir diesen Beitrag updaten.
Foto | Angelika Blank: Neben Plakaten und Anzeigen wirbt KalliEco auch mit Zeitungsbeilagen, der "KalliEco Post".