Am Donnerstag veröffentlichte das Agrarbündnis Niedersachsen die Ergebnisse ihres "Kandidatenchecks Landwirtschaft". Wie zu erwarten, zeigten die CDU-Kandidaten wenig Neigung, bäuerliche Landwirtschaft besonders zu fördern oder sich für ein agrogentechnikfreies Niedersachsen einzusetzen.
Mit Fragen zur artgerechten Tierhaltung, umweltfreundlicher und ressourcenschonender Landwirtschaft, fairen Erzeugerpreisen und Mindestlöhnen in der Lebensmittelproduktion und –verarbeitung, sowie zu gentechnikfreien Futter- und Lebensmitteln prüfte das Agrarbündnis Niedersachsen die DirektkandidatInnen der 5 großen Parteien auf ihre agrarpolitische Position.
„Klimafreundliche Landwirtschaft und Ernährung sind Themen, denen sich die DirektkandidatInnen stellen müssen. Sie sind es den WählerInnen schuldig, Verantwortung zu übernehmen und die Weichen in eine ökologisch und sozial tragfähige Richtung zu lenken“, so Tilman Uhlenhaut, Koordinator des Agrarbündnisses „dafür geben wir mit dem Kandidatencheck den WählerInnen die Möglichkeit, sich ein Bild von den Meinungen der DirektkandidatInnen in ihrem Wahlkreis zu verschaffen.“
Einhellig gegen Maismonokultur
Deutlich fielen die Antworten bei der Frage zur vorherrschenden Maismonokultur in weiten Teilen Niedersachsens aus, die über die Parteigrenzen hinweg einvernehmlich als „unbedingt zu reduzieren“ eingeschätzt wurde. „Den einhelligen Antworten der DirektkandidatInnen müssen nun Taten folgen“ stellt Martin Rode, BUND, fest. „Wenn über alle Parteien hinweg Einigkeit besteht, dass Maismonokulturen eingedämmt werden müssen, darf einem Programm zur effektiven Förderung der Vielfalt auf dem Acker nichts entgegen stehen. Wir brauchen wieder die Einhaltung von Fruchtfolgen in der ordnungsgemäßen Landwirtschaft und keinen weiteren Grünlandumbruch.“
Gemischte Sichtweisen über Agro-Gentechnik + manipulierte Lebensmittel
Differenzierter fällt die Positionierung zur Agro Gentechnik aus. Eindeutig ist die Meinung der CDU: Null % der DirektkandidatInnen wollen sich dafür einsetzen, dass Niedersachsen agrogentechnikfreies Bundesland wird – weder auf dem Acker, in öffentlichen Einrichtungen und auch nicht in Schulen. Sofern CDU´ler eine Begründung für die Gentechnik angaben, bezog sich diese auf die vermeintlichen Chancen, u.a. um den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Uneinig ist sich die FDP in dieser Frage.
Immerhin 40 % der Teilnehmer sprechen sich gegen die manipulierten Lebensmittel aus. Nach Meinung von SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und Linke soll Gentechnik im Futter und in den Lebensmitteln gekennzeichnet werden. Auch beim Modellprojekt „HannoverGEN“ an 4 hannoverschen Schulen, dass versucht, Agro-Gentechnik „salonfähig“ zu machen, zeigen die Oppositionsparteien klare Kante: Der Bildungsbereich in Niedersachsen soll gentechnikfrei werden. „Wir fordern die neue Landesregierung schon jetzt auf, dass das Modellprojekt „HannoverGEN“ zur einseitigen Heranführung an die Agro-Gentechnik sofort eingestellt werden muss. Keinesfalls dürfen 13 Mio € Steuergelder in die geplante Ausweitung auf NiedersachsenGEN gesteckt werden!“ so Annemarie Volling, Bündnis für Gentechnikfreie Landwirtschaft Niedersachsen, Bremen, Hamburg.
Für einheimische Eiweißfuttermittel
Fast alle Kandidaten, die geantwortet haben, unterstützen über die Parteigrenzen hinweg die langfristige Umstellung auf heimische Eiweißfuttermittel. Lediglich 2 Kandidaten der CDU und der SPD und drei der FDP sind anderer Meinung. „Das ist eine erfreuliche Aussage hin zu weniger Importabhängigkeit, mehr Vielfalt auf dem Acker und Klima- und ressourcenschonender Landwirtschaft! Gerne werden wir die Parteien in dieser Frage beim Wort nehmen!“, so Volling.
Während bei Bündnis 90 / Die Grünen, der SPD und den LINKEN sich 100 % der KandidatInnen für die Unterstützung kleiner und mittelständischer Betriebe in der Landwirtschaft und dem Ökolandbau aussprechen, sind die KandidatInnen der CDU mit einer Ausnahmen und mehr als die Hälfte der FDP KandidatInnen gegen eine besondere Unterstützung. Trotzdem ist eines auffällig. Die derzeitige Regierungskoalition von CDU und FDP ist sich hier nicht einig. Auch wenn die Mehrzahl der FDP sich gegen eine besondere Unterstützung der bäuerlichen Betriebe und des Ökolandbaues aussprechen, so sind zumindest über 40 % dieser Parteivertreter für eine solche Förderung.
Begrenzung der Massentierhaltung - CDU zu "wenigstens" 6 % dagegen
Bündnis 90 / Die Grünen und die Linke sind zu 100 % für Begrenzung der Massentierhaltung. SPD zu 98% und überraschend auch die FDP zu 78% dafür. Die CDU dagegen nur bei 6%. Aber immerhin sind auch diese 6 % ein Anfang.
Die Zahlen spiegeln auch die Stimmung in der Bevölkerung wieder: Massentierhaltung ist gesellschaftlich nicht länger akzeptiert und wird von der Mehrheit der Menschen in Niedersachsen abgelehnt. Erschreckend ist, dass die CDU zum Thema gerechte Löhne (Schlachthöfe – und damit eng mit dem Thema Massentierhaltung verbunden) nur zu 16% Zustimmung signalisiert. Damit wird der Eindruck zementiert, dass das systembedingte Lohndumping nur Massentierhaltung ökonomisch lukrativ macht, von der CDU im Schulterschluss mit den Agrarkonzernen weiterhin quasi kritiklos unterstützt wird. Agrarpolitik ist zweifelsohne Gesellschaftspolitik.
Die CDU scheint dies überhaupt nicht zur Kenntnis genommen zu haben. „Mit einem Milchpreis von ca. 30 ct. /Liter sind die Betriebskosten nicht zu decken. Folgen sind Betriebsaufgaben. Damit Landwirtschaft neben der Lebensmittelproduktion ihre Multifunktionalität wie den Erhalt der Kulturlandschaft, Förderung der Biodiversität und den Erhalt von gesellschaftlichem Leben auf dem Land gewährleisten kann, brauchen Bauern und Bäuerinnen faire Erzeugerpreise“, sagt Ottmar Ilchmann, Bauer aus Ostfriesland und Vertreter der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „diese entstehen nicht auf dem Markt und sind auch nicht ausschließlich Verbraucherentscheidungen. Sie müssen von der Politik gewollt sein. Dafür dürfen uns nicht weitere Steine in den Weg gelegt werden, sondern muss an vernünftigen Vermarktungsstrukturen gearbeitet werden. Das jetzige Modell Markt ist gescheitert, sonst müssten wir nicht für faire Preise streiten.“
Zu finden sind die Antworten der einzelnen DirektkandidatInnen hier!
Das "Agrarbündnis Niedersachsen – vielfältig, fair, bäuerlich" ist ein Zusammenschluss aus 16 Organisationen und Verbänden aus Umwelt- und Tierschutz, Landwirtschaft, Verbrauchern, Bürgerinitiativen, kirchlichen Vertretern, sozial- und entwicklungspolitischen Organisationen. Sie fordern gemeinsam im Vorfeld der anstehenden Landtagswahl in Niedersachsen eine Änderung der Agrarpolitik hin zu mehr Vielfalt, Fairness und bäuerlichen Strukturen von einer neuen Landesregierung.