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Kirchen: Deutliche Kritik an deutscher Atompolitik

Auch der Buß- und Bettag stand in Dannenberg noch unter den Eindrücken der Castor-Tage. Deutlich wurde das am Mittwochabend bei einem oekumenischen Gottesdienst in der evangelischen St. Johanniskirche in Dannenberg.

Der Gottesdienst war zum Abschluss der Friedensdekade unter das Leitmotiv „Es ist Krieg – entrüstet euch!“ gestellt. Krieg, wie er beispielsweise in Afghanistan herrscht, war ebenso Thema wie der Unfrieden, den die Atommüll-Transporte nach Lüchow-Dannenberg bringen. Gestaltet wurde der Abend von einem Team aus katholischen, evangelisch-freikirchlichen und evangelisch-lutherischen Christinnen und Christen. Mit dabei: Pastor i. R. Eberhard Simon, der unter anderem appellierte, es sei an der Zeit sich zu ent-rüsten - auch mit Blick auf die Vorgänge um Castor und Gorleben. Als Grundlage seiner Ausführungen hatte er das bekannte Bibelwort des Propheten Micha gewählt, in dem dieser vorhersagt, dass eines Tages „Schwerter zu Pflugscharen und Speere zu Winzermessern“ umgeschmiedet werden. Es sei zu hoffen, so der Pastor, dass Wasserwerfer eines Tages zum Bewässern von Grünflächen eingesetzt werden und Schlagstöcke als Stiele für Hämmer, die dem Häuserbau dienen.

Katholischer Diözesanrat verlangt Bürgerbeteiligung

Am Eingang von St. Johannis  lagen Ausdrucke aktueller kirchlicher Stellungnahmen zum Thema „Castor“ aus, so auch ein Beschluss, den die Vollversammlung des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Hildesheim vor kurzem gefasst hatte. Das Gremium spricht sich dafür aus, dass weitere Standorte für ein Endlager „ernsthaft erkundet werden“. Die „Vorfestlegung auf Gorleben“ sei rein politischer Natur. Sie sei weder fachlich fundiert noch gesellschaftlich akzeptiert. Hinsichtlich der Endlagerfrage verlangt der Diözesanrat eine umfassende Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und eine Umweltverträglichkeitsprüfung laut Atomrecht.

Atommülltransport bedeutet Ausnahmezustand

Mit Blick auf den Castor-Transport bekundete der Diözesanrat seine Solidarität mit den Menschen im Wendland. Jeder Transport von atomarem Abfall bedeute den Ausnahmezustand. Ausdrücklich würdigte das Gremium „das vielfältige Engagement der christlichen Kirchen während der Proteste als ein wichtiger Beitrag zur Vermeidung von Gewalt“. Der Diözesanrat bekräftigt, die weitere Nutzung der Atomkraft sei nicht zu verantworten.

EKD-Ratsvorsitzender rügt schwarzgelbe Atompolitik

Castor und Gorleben waren jüngst auch Thema in Hannover bei der 11. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). So sagte deren neu gewählter Ratsvorsitzender, Nikolaus Schneider: „Für mich übersteigt die Dauer der Strahlung der einzulagernden Brennelemente das dem Menschen gegebene Maß an Verantwortungsmöglichkeit“. Auch Schneider lehnt die Atompolitik der Bundesregierung ab. Die Energiefrage dürfe nicht durch die weitere Nutzung der Atomkraft gelöst werden.

Jantzen: Kirche nimmt Wächteramt wahr

Neben Schneider sprach sich auf der Synode auch Lüneburgs Landessuperintendent Hans-Hermann Jantzen gegen die Atomkraft und für die Nutzung erneuerbarer Energien aus. Des Weiteren verurteilte er die Fixierung auf Gorleben bei der Suche nach einem Endlager. In seiner Funktion als stellvertretender Landesbischof hatte Jantzen auch auf der Großkundgebung in Splietau gesprochen. Er war unter anderem auf die Frage eingegangen, weshalb sich Kirche in den Konflikt um die Nutzung der Atomkraft einmische Die Antwort ergebe sich aus dem biblischen Auftrag an den Menschen, die Erde zu bebauen und zu bewahren. Die Kirche nehme dabei ein Wächteramt wahr.

„Atomkraft ist nicht zu verantworten“

„Wir dürfen keine Entscheidungen treffen, die die Zukunft von Mensch und Natur verbauen. Weil Gott ein Freund des Lebens ist, dürfen wir nicht zu Feinden des Lebens werden“, betonte der stellvertretende Bischof und: „Die beiden großen christlichen Kirchen stehen in ökumenischer Einmütigkeit zu der Überzeugung, dass die Atomenergie nicht zukunftsweisend ist. Vielmehr ist sie Ausdruck menschlicher Überheblichkeit und einer inakzeptablen, weil zukunfts-gefährdenden Lebensweise.“ Atomkraft sei wegen ihres zu hohen Schadenpotenzials nicht zu verantworten. Angesichts eines fehlenden Endlagerkonzepts stelle der Weiterbetrieb der Atomkraftwerke eine Verletzung der grundlegenden Pflicht der politischen und wirtschaftlichen Eliten zum Gemeinwohl dar, sagte Jantzen.

Von Hagen Jung

 

Foto: Kirche im Castor-Einsatz - in Gestalt von Seelsorgerinnen und Seelsorgern.

Foto: Marie-Theres Böhmker / PubliXviewing




2010-11-19 ; von Hagen Jung (autor),

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