Thema: umwelt

Kirchen schützen Fledermäuse

Seit der Antike gilt die Fledermaus als Tier des Bösen, bei den Römern galt sie sogar als mit dem Teufel blutsverwandt. Ironie der Geschichte, dass diese verfemten Flügeltiere sich ihre Schlafquartiere mit Vorliebe ausgerechnet in Kirchtürmen und -dächern suchen.

So auch in Lüchow-Dannenberg: Gleich in zwei Kirchen sind nennenswerte Bestände der bedrohten Art „Großes Mausohr“ gefunden worden  - gemeinsam mit der Kirche startete nun die Karl-Kaus-Stiftung ein Schutzprojekt.

Sie haben so skurrile Namen wie „Mops-Fledermaus“„Graues Langohr“ oder „Großes Mausohr“, sind manchmal nur wenige Zentimeter lang und – bis auf unbändige Jungtiere – nur nächtens unterwegs. Neben den Vögeln sind sie die einzigen Wirbeltiere, die fliegen können. Im Sommer wohnen sie in unausgebauten Dachgeschossen, Kirchtürmen, aber auch in Baumhöhlen. Im Winter ziehen sie in andere Quartiere um, die bis zu 1000 km von ihrem Sommerquartier entfernt liegen können. Ihr ausgeklügtes Echolot-System fasziniert bis heute Forscher nach Orientierungssystemen.

Von der Fledermaus ist die Rede, dem seit Jahrtausenden verfemten Flugtier. Schon Ovid erzählte in seinen „Metamorphosen“ von Königstöchtern, die zur Strafe für ihre Gottesignoranz in Fledermäuse verwandelt wurden. Woher dieser schlechte Ruf kommt, ist bis heute unbekannt. Vielleicht ist ihr dämonisches Aussehen? Oder ihre Art, nur in der Nacht unterwegs zu sein? Dabei gibt es in Wirklichkeit nichts Schlechtes über Fledermäuse zu berichten. Nur ganze drei Arten - von insgesamt rund 300 - ernähren sich vom Blut anderer Tiere.

Möglicherweise wegen ihres schlechten Images, aber wohl auch, weil die Tiere sich kaum bemerkbar machen, wurde jahrelang bei Um- und Ausbauten auf die Schlafquartiere von Fledermäusen wenig Rücksicht genommen. Wohnraum musste geschaffen werden, Energie soll eingespart werden. Also wurden Dachgeschosse ausgebaut oder zumindest im Sinne der Energieeinsparung optimal isoliert und abgedichtet. Die Folge: Fledermaus-Bestände haben sich drastisch reduziert, manche Arten wie das „Große Mausohr“  gelten als besonders gefährdet. Europaweit sind inzwischen alle zwölf auch in Lüchow-Dannenberg kommenden Arten hoch geschützt und in die NATURA 000 Schutzkategorie übernommen worden. Umso mehr freut sich Fledermausbetreuer Frank Manthey, dass in zwei Kirchen Lüchow-Dannenbergs nennenswerte Gruppen von "Großen Mausohren" gefunden wurden. In Dannenberg hängen ca. 30 Weibchen in der Wochenstube, in Schnega 150 – 200.

Am Freitag stellte Manthey im Gemeindehaus der Dannenberger Kirche das Fledermaus-Projekt der Karl-Kaus-Stiftung vor, mit dem bis 2010 weitere Maßnahmen zum Schutz der Fledermäuse umgesetzt werden sollen. „Das größte Problem für die Fledermäuse ist der zunehmende Verlust von Lebensräumen wie unausgebauten Dachgeschossen oder geeigneten Kellerräumen. Dabei wäre die Berücksichtigung der Fledermaus-Bedürfnisse beim Umbau eine Kleinigkeit“, so Manthey. So reichen z.B. kleine Belüftungsziegel oder das gezielte Schaffen von Ein- und Ausflugmöglichkeiten, um den Flügeltieren ihre Schlafquartiere zu sichern.

{img |size=003 |align=leftAuch selbst gebaute Schutzkästen reichen manchmal schon aus, um Fledermäuse ans Haus zu locken. So können auch private Bauherren mit wenig Aufwand viel für den Fledermaus-Schutz tun.

Im aktuellen Projekt geht es der Karl-Kaus-Stiftung allerdings zunächst um Kirchen-Fledermäuse. In den Jahren 2009 und 2010 sollen rund 60 Kirchen und Kapellen in Lüchow-Dannenberg auf noch vorhandene Fledermaus-Vorkommen hin untersucht werden. „Es geht uns bei dem Projekt nicht darum, notwendige Sanierungen zu verhindern, sondern in Zusammenarbeit mit dem Amt für Bau- und Denkmalpflege der Landeskirche flankierende Maßnahmen zur Schonung der Fledermäuse durchzuführen. Auch der Zeitpunkt der Sanierung ist für das Bestehen einer Fledermauskolonie wichtig“, so Frank Manthey, der für die Stiftung das Projekt koordiniert.

Denn Fledermäuse nutzen drei verschiedene Quartiere: im Winter suchen sie mit Vorliebe feuchte, frostsichere Keller oder Höhlen auf, im Sommer nutzen sie unausgebaute Dachböden oder Kirchtürme – manche Arten nächtigen auch in Baumhöhlen. Und während der Wochenstube wird ein weiteres Quartier bezogen. So können manchmal schon wenige Wochen über den Erhalt der Fledermaus-Gruppe an einem Ort entscheiden. Denn wird der Umbau in der Jungtierpflege-Zeit begonnen, so wird die gesamte Kolonie das Quartier mit Sicherheit verlassen und voraussichtlich auch nicht wiederkehren. Für die noch nicht flugfähigen Jungtiere bedeutet dies den sicheren Tod.

{img |size=002 |align=left}Die Zusammenarbeit mit den Kirchen funktioniert nach Aussagen von Frank Manthey bisher „hervorragend“. Bestände werden gemeldet und Sanierungsvorhaben mit dem Fledermaus-Betreuer abgesprochen. Dort, wo Fledermäuse vorhanden sind, werden die Kirchen-Mitarbeiter im Umgang mit den scheuen Tieren geschult. „Fledermäuse sind extrem sensibel. Werden sie zu häufig gestört, verlassen sie das Quartier oft auf Nimmerwiedersehen“, so Manthey.

Ein weiteres Anliegen des Projektes ist es, die Bevölkerung und speziell die Kirchengemeinden für die Thematik „Schutz und Entwicklung von Fledermausquartieren“ zu begeistern. Vor allem Konfirmandengruppen sollen dabei angesprochen werden. Im „Gain“, einem guten Jagdrevier für Fledermäuse in der Nähe von Bergen, sollen sie ca. 50 Fledermauskästen aufhängen und so einen „Wald der Fledermäuse“ entstehen lassen. Die Kästen sollen dann von den Jugendlichen unter Anleitung eines Fledermausexperten kontrolliert werden.

Vor allem die Männchen des „Großen Mausohrs“ werden hier ihre Schlafplätze finden. Als Einzelgänger halten sie sich entfernt von den großen Gruppen der Weibchen, die gern in Dachstühlen, Kirchtürmen, aber auch unter Brücken ihre Tage verbringen.

Private Bauherren werden von dem Projekt der Karl-Kaus-Stiftung derzeit nur wenig profitieren können. Erst in einer zweiten Phase sollen auch Beratungs-Angebote für Privatleute dazu kommen, berichtete Frank Manthey. Bis dahin erhalten Eigentümer, die sich für Fledermaus-Schutz interessieren, Informationen von den Naturschutzverbänden.

Fotos: Ernst Haeckel "Kunstformen der Natur", Karl-Kaus-Stiftung, Manuel Werner

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2009-06-29 ; von Angelika Blank (autor),

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