Als Standortgemeinde für ein geplantes Endlager für Atommüll hatte sich der Samtgemeinderat Gartow am Dienstag Abend gleich zweimal mit dieser Thematik zu befassen. Aber auch die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners und die Einrichtung von 30-km/h-Zonen stand auf der Tagesordnung.
Seit Jahren fährt Samtgemeinde-Bürgermeister Friedrich-Wilhelm Schröder bzw. sein Stellvertreter auf die Versammlungen der "ASKETA" (Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden kerntechnischer Anlagen in Deutschland). Die Reisekosten wurden regelmässig vom Ausschuss abgesegnet - aber einen Ratsbeschluss über die Mitgliedschaft gab es bis Dienstag Abend nicht.
Eine Tatsache, die insbesondere den Grünen im Samtgemeinderat schon in der Aprilsitzung sauer aufgestoßen war. Die Angelegenheit war ihnen sogar eine Anfrage bei der Kommunalaufsicht wert, die allerdings ohne klares Ergebnis blieb. "Die Kommunalaufsicht hat uns leider nicht eindeutig signalisiert, dass die jahrelange Teilnahme ohne Ratsbeschluss de facto rechtswidrig war," so Mathias Gallei (Grüne). Die Mitgliedschaft bei der ASKETA ist den Grünen, aber auch der UWG, ein Dorn im Auge, weil diese Arbeitsgemeinschaft sich seit Jahren für eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten einsetzt und dafür plädiert, sich so schnell wie möglich für ein Endlager in Gorleben zu entscheiden.
So wollten die Grünen, dass der Samtgemeinderat sich in "allen Fragen rund um den Themenkomplex Atomanlagen in Gorleben" die Zuständigkeit vorbehält. Dazu würde dann auch gehören, über eine Mitgliedschaft bei der ASKETA zu beschließen.
Die CDU reagierte gelassen auf den Antrag der Grünen. Samtgemeinde-Bürgermeister Schröder sah kein Problem darin, an den Sitzungen der ASKETA teilzunehmen, im Gegenteil: "Gerade weil die ASKETA eine Gorleben-positive Einhaltung einnimmt, ist es umso wichtiger, dass der Samtgemeinderat dort vertreten ist", begründete Schröder sein Engagement innerhalb der Arbeitsgemeinschaft. Er habe dort als der einzige Vertreter einer Standortgemeinde mit einem Endlager (in allen anderen Kommunen stehen AKWs) eh nur eine Stimme, mit der er wenig erreichen könne.
Die CDU konterte den Grünen-Antrag mit dem Antrag, dass der Rat beschließen möge, dass die Samtgemeinde Mitglied in der ASKETA wird und dass der Samtgemeinde-Bürgermeister bzw. sein Stellvertreter als Abgeordnete dorthin entsandt werden. Dieser Antrag stieß bei den Grünen und der UWG auf vehementen Protest. Doch mit ihrer Stimmmehrheit von 9 zu 4 Stimmen (der SPD-Abgeordnete stimmte ebenfalls für den Antrag) setzte die CDU durch, dass die Mitgliedschaft in der ASKETA vom Rat abgesegnet wurde.
Dem Antrag der Grünen, dass der Samtgemeinderat, die Zuständigkeit für alle mit dem Endlager in Gorleben zusammenhängenden Themen übernimmt, stimmte die CDU allerdings auch zu.
In der nachfolgenden Bürgerfragestunde wurde Samtgemeindebürgermeister Schröder gefragt, welche Haltung er denn zu der von der ASKETA immer wieder veröffentlichten Haltung, sich auf ein Endlager in Gorleben festzulegen, einnehme. Schröder dazu: "Deswegen sitzen wir ja da, um eine Vorfestlegung auf ein Endlager in Gorleben zu verhindern."
Dies widerspricht allerdings diametral seiner eigenen Aussage, die er in einer Pressemitteilung vom 10. Juni 2008 im Namen der ASKETA veröffentlichen ließ. Dort hatte Schröder seine Besorgnis darüber geäußert, dass "zukünftige politische Gremien der Standortgemeinden Gorleben von einer positiven Einstellung zur Untersuchung des Endlagers abrücken könnten." Hier! gibt es die vollständige Presseerklärung der ASKETA.
Endlagerkonzepte der Schweiz begutachten
Auf Irritation bei Grünen und UWG stieß der von der CDU und der SPD eingebrachte Antrag, Vertreter der NAGRA nach Gartow einzuladen, um sich über die Endlagerkonzepte in der Schweiz berichten zu lassen. "Wir fragen uns, warum dieser Antrag jetzt gestellt wird," wunderte sich die grüne Abgeordnete Asta von Oppen, die aber gleichzeitig das Interesse von CDU/SPD an dem international gelobten Endlagersuch-Prozess in der Schweiz ausdrücklich begrüßte.
Allerdings wollten Grüne/UWG, dass ausser einem Vertreter der NAGRA mindestens ein weiterer Schweizer Experte eingeladen wird, der über die kritischen Seiten des Schweizer Endlagermodells berichten kann. Nach einer kurzen Diskussion einigten sich alle Abgeordneten darauf, dass Ratsvorsitzender Ulrich Flöter, die grüne Abgeordnete Asta von Oppen sowie das SPD-Ratsmitglied Klaus Hofstetter den Termin vorbereiten und die Auswahl der Referenten beschließen sollen. Ratsvorsitzender Ulrich Flöter betonte, dass diese Veranstaltung "selbstverständlich" öffentlich durchgeführt werden soll.
30-km/h-Zone, Eichenprozessionsspinner und Tourismuskonzept
LKW-Verkehr: Die teilweise unerträgliche Belastung von Gartower Straßen durch LKWS im Durchgangsverkehr beschäftigte den Rat wieder einmal durch Antrag einer Bürgerinitiative, die sich für die Einrichtung von 30-km/h-Zonen in Gorleben, Gartow und Kapern einsetzt. Obwohl in der Diskussion über den Antrag immer wieder deutlich wurde, dass die Entscheidung über 30-km/h-Zonen nicht in Gartow gefällt wird, beschloss der Rat doch mehrheitlich, sich für die Einrichtung dieser Geschwindigkeit begrenzenden Zonen einzusetzen.
Tourismusförderung: Um rechtzeitig neue Konzepte zu entwickeln, wie der Tourismus im Gartower Raum gefördert und unterstützt werden kann, beschloss der Rat die Einrichtung einer Planungsgruppe, die ein Konzept erarbeiten soll, wie - unter Beteiligung der regionalen Akteure - der Tourismus in und um Gartow weiter ausgebaut werden kann.
Ratsvorsitzender Ulrich Flöter plädierte zwar vehement für eine Verschiebung des Beschlusses - er befürchtete die vorzeitige Festlegung auf Folgekosten -, ließ sich aber letztendlich darauf ein, dass eine Planungsgruppe mit der Arbeit beginnen kann, ohne dass schon Folgekosten definiert wurden.
Hintergrund der Zögerlichkeit des Ratsvorsitzenden ist die Tatsache, dass derzeit auf Landkreisebene ein Tourismusgutachten erarbeitet wird, dessen Ergebnis demnächst den Bürgermeistern vorgestellt werden sollen. Nach Flöters Ansicht müsse man dieses Gutachten zunächst abwarten, bevor in Gartow Beschlüsse gefasst werden.
Eichenprozessionsspinner: Um das Zuständigskeitswirrwarr bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners zu beenden, beschloss der Rat, beim Land Niedersachsen eine bessere Koordination einzufordern. "Die betroffenen Kommunen und Landkreise dürfen mit der Problematik nicht allein gelassen werden", heißt es im Ratsbeschluss. Und: "Es ist Aufgabe des Landes die flächendeckende Ausbreitung zu verhindern und den Einsatz mit benachbarten Bundesländern zu koordinieren." >>> ein ausführlicher Bericht hierzu folgt <<<