Erstmalig stellten sich am vergangenen Donnerstag KandidatInnen aller vier für den Samtgemeinderat antretenden Gruppierungen und Parteien den kritischen Fragen der Öffentlichkeit. Hauptthema des Abends: Gorleben und die Auswirkungen auf die Samtgemeinde.
Der Saal der „Gartower Seeterrassen“ war gut gefüllt mit Interessierten aus den verschiedensten politischen Ecken. Selbst GNS-Pressesprecher Jürgen Auer hatte es sich nicht nehmen lassen, an der Veranstaltung teilzunehmen.
Eine längere Diskussion entspann sich um die sogenannte „Wohlverhaltensklausel“ im Ansiedlungsvertrag zwischen der Samtgemeinde Gartow und den Betreibern des Zwischenlagers, der Brennelement-Lager-Gesellschaft (BLG) vom 18.11. 1997. Dort heißt es wörtlich: „Die Samtgemeinde Gartow wird den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlagen und Einrichtungen der BLG am Standort Gorleben einschließlich der Transporte vom und zum Standort Gorleben im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen.“ und weiter: „Die zweckgebundene Weitergabe von Strukturhilfemitteln an Dritte ist nur zulässig, wenn sich der Empfänger ebenso wie die Samtgemeinde Gartow für die Erfüllung der Entsorgungsaufgaben der BLG am Standort Gorleben einsetzt.“
Während der derzeitige stellvertretende Samtgemeinde-Bürgermeister Ulrich Flöter (CDU) sich nicht daran erinnern konnte, diesen Vertrag unterschrieben zu haben, kritisierten UWG und Grüne unisono eben diese Klausel im Vertrag. Der Gartower Samtgemeindehaushalt wird jährlich mit rund 830 000 Euro Zuwendungen aus diesem Vertrag unterstützt, so dass die Verwaltung seit Jahren einen schuldenfreien Haushalt vorlegen kann.
Selbst UWG und Grüne wollen an dem Vertrag selbst nicht rütteln, schließlich „haben wir Anspruch auf eine Entschädigung für die Belastungen“, so Kreutzkamp und von Oppen in der Veranstaltung. Sie wollen aber erreichen, dass die sogenannte „Wohlverhaltens“-Klausel aus dem Vertrag gestrichen wird, ohne dass der gesamte Vertrag gefährdet ist.
In der Vergangenheit hatte es mehrfach Anläufe im Samtgemeinderat gegeben, eine derartige Änderung zu erreichen, ein endgültiger Beschluss war aber regelmässig an der Befürchtung gescheitert, dass die BLG bzw. die GNS ihre Zuwendungen zurückzieht.
Natürlich waren auch die aktuellen Veröffentlichungen über erhöhte Messwerte am Zwischenlager Grund zur Sorge bei vielen Anwesenden. Doch hier sind die Kommunalvertreter aus Gartow ebenso am Rande des Geschehens wie Landrat Jürgen Schulz, der lediglich aus den Medien erfuhr, dass es in Gorleben Probleme mit erhöhter Strahlung gibt.
Vielfältige Themen auch jenseits von Gorleben
Angesichts der Fülle an Fragen, die sich rund um den Gorleben-Komplex drehten, blieben viele Fragen zu anderen Gartower Themen in der Veranstaltung unbeantwortet.
Die KandidatInnen versprechen jedoch, sie im Diskussionsforum auf wnet zu beantworten.
Hier eine Auswahl von Fragen:
An Alle:
- Wie soll mit der Vernachlässigung von Grundstücken umgegangen werden; bleibt es Dauerzustand, dass der Bauhof Versäumnisse von Privateigentümern auffängt?
- Was wird für nicht organisierte Jugendliche getan?
- Was wird gegen die Abwanderung von Jugendlichen getan
An die Grünen:
- Warum hat Jürgen Trittin als Bundesumweltminister erklärt, dass der Salzstock Gorleben „eignungshöffig“ sei?
- Wie stellen sich die Grünen die Schaffung von Arbeitsplätzen vor?
- Wie soll die Strukturreform des Landkreises organisiert werden – Zusammenschluss, Auflösung des Landkreises, eigenständig bleiben?
- Wie kann die Infrastruktur verbessert werden?
- In Sachen Massentierhaltung ist das Wahlprogramm zu ungenau – wie konsequent ist die Partei in dieser Frage?
- Wie stellen Sie sich den Erhalt der Wendlandtherme und deren Finanzierung vor?
- Wie wollen Sie eine professionelle Regionalentwicklung finanzieren?
An die CDU:
- Der Stellenabbau führte u.a. im Bereich Bauhof dazu, dass Arbeiten in der Landschaftspflege nicht mehr ausgeführt werden können – Wie stellt sich die CDU zukünftig die Erledigung der Arbeiten vor?
- Wie kam es dazu, dass Gartow die Bezeichnung „Luftkurort“ aberkannt wurde? Was wird getan, um den Status wieder zu bekommen?
- Gibt es Maßnahmen gegen den Leerstand in Gartow?
- Wie sollen die jährlichen Defizite des Campingplatzes und der Therme reduziert werden? Was sind die Gründe für die hohen Defizite?
- Was planen Sie gegen den immensen LKW-Verkehr durch Gartow? Ist eine Mautgebühr möglich?
An die UWG:
- Wie wollen Sie Entscheidungen, die auf Bundesebene fallen (z.B. das Endlagersuchgesetz) im Sinne der Region beeinflussen?
- Was unterscheidet die UWG von den Grünen?
- Warum treten Sie nicht gemeinsam an?
- Warum ist die Gemeinde in Sachen „Eichenprozessionsspinner“ untätig?
- Will die UWG noch mehr Personal in der Samtgemeinde- und Kreisverwaltung einsparen?
- Setzt sich die UWG für das beitragsfreie Jahr im Kindergarten ein?
An die SPD:
- Bitte erklären Sie, wie Sie es vereinbaren, jetzt erstmals den Ausstieg und die Endlagerstandortfrage im Wahlprogramm zu haben, wobei Sie bisher immer mit den Betreibergesellschaften in Gorleben gemeinsame Sache gemacht haben?
- Wie wurde die Verwaltung auf einen Unfall im Zwischenlager vorbereitet?
- Kontrollieren die Samtgemeinderäte den Betrieb des Zwischenlagers?
Die Antworten gibt es im Diskussionsforum --- click hier ---
--- Anmerkung: die Fragen wurden während der Veranstaltung von anwesenden BürgerInnen auf Kärtchen geschrieben; sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder ---