Tach allerseits, ick bin’s nur, der Herr Paul. Werte Fans und Feinde, seit „Die Linke“ für Turbulenzen sorgt, sprechen plötzlich viele Politiker über „Moral“ – kein Wunder, sie reden oft über Dinge, von denen sie nüscht verstehen. So is Frau Y. aus Hessen jetzt „unmoralisch“, weil sie ein Wahlversprechen nicht halten will. Der wahre Skandal is: Die Frau gibt dis zu!!!
Gebracht hat’s ihr nix, außer der Erkenntnis: Wer Parteifreunde hat, braucht keine Feinde! Gebrochene Versprechen soll’s schon vorher gegeben haben– ick denke gern an den Herz-Jesu-Marxisten Blüm und seinen Kalauer von der sischeren Rende, den dicken Kohl und seine blühenden Landschaften ohne Steuererhöhung, oder den aufrechten Müntefering, der sagte, daß alle, die an Wahlprogramme glauben, ohnehin naiv sind.
Die Empörung der CDU, dis „Die Linke“ salonfähig sein soll, wirkt besonders integer – oder wie war dis, als der ehrenwerte Herr von Beust mit der rund-um demokratischen Schill-Partei ins Koalitionsbettchen hüpfte? Derweil grollt Parteisoldat Naumann seinem Oberbeck, weil der dis mit der Linken vor der Hamburg-Wahl ausgeplaudert hat. Hätte der Klops nich ‘n paar Tage warten können? Nee, denn Beck will SPD-König sein, und Könige mögen keine Konkurrenten, die verloren gegebene Wahlen noch umbiegen. Also läßt er den Tanker SPD eher gegen Eisberge knallen, als den Platz auf der Brücke zu räumen.
„Die (moralische) Linke“ wird derweil auch vom Musikanten Diether Dehm vertreten, den man ungestraft „IM Dieter“, resp. „IM Willy“ nennen darf. In dem janzen Schlamassel is die niedersächsische DKP-Krankenschwester die einzig Glaubwürdige, denn ihre DDR-Nostalgie is jut begründet: Der Arbeiter- und Bauernstaat (dessen Überleben durch den Ex-SS-Mann Strauß und seinen Milliardenkredit rund fünf Jahre verlängert wurde) pumpte schließlich seinerzeit fast so viel Geld in SEW und DKP, wie unsere Zumwinkels in Liechtenstein jebunkert haben.
Apropos Zumwinkel: Steuersünder sind pfui, sagen Otto und Ottilie Moralverbraucher – und verdienen sie sich schwarz noch ein paar Taler dazu, handeln bei ebay, bescheißen die Versicherung. „Aber dis is doch Notwehr“, greinen sie, und kopieren damit exakt die Litanei, die unsere „Leistungsträger“ an-stimmen, wenn sie beim Tricksen erwischt werden.
Mittendrin feixt Herr Steinbrück über sein „gutes Geschäft“, weil er, statt eine vernünftige Steuerfahndung zu finanzieren, lieber fünf Millionen für eine geklaute Daten-CD ausgibt. „Und das ist auch gut so!“, verkünden ausgerechnet CDU-Granden, die sich in Steueroasen und Stiftungen bestens auskennen – Respekt allerseits!
„Die da oben“ lösen, wenn überhaupt, meist die eigenen Probleme – sorgen also im wesentlichen dafür, dis sie bleiben dürfen, wie und wo sie sind. Dazu bedienen sie Landesverbände, Vorurteile, Parteispender und manchmal auch sich selbst.
Und weil dis alles mit viel Arbeit verbunden is, glauben sie, sie hätten verdient, wat sie verdienen und wat ihnen sonst noch so zugesteckt wird. Derweil sinkt die Wahlbeteiligung schneller, als der Meeresspiegel steigt, und in dem janzen Irrsinn fällt schon kaum noch auf, dis unsere Kompetenzkanone Sandrock ausgerechnet nach dem Vorsitz im Umweltausschuß strebt und im Kreistag plötzlich SPD-Schwidder eine Brücke bei Neu Darchau prima findet.
Wissenschaftlich is bewiesen, daß in hierarchischen Systemen jeder so lange aufsteigt, bis er an einen Job kommt, der ihn garantiert überfordert. Dort bleibt er dann für immer. Apropos bleiben: Dies, werte Fans und Feinde, war die 100. Kolumne in 10 Jahren. Soll der Herr Paul weitermeckern? Oder es besser bleiben lassen? Vielleicht rafft sich der Leser mal zu einer Stellungnahme auf?
Ick meine ja bloß,
sacht der Herr Paul