Thema: endlagersuche

Kompromiss für Endlagerkommission gefunden?


Mit einem Entschließungsantrag haben SPD, CDU/CSU und Grüne nun offenbar einen Kompromiss in Sachen Endlagerkommission gefunden. Während die niedersächsische Landesregierung den Antrag begrüßt, bleibt die BI Lüchow-Dannenberg bei ihrer ablehnenden Haltung.


In dem Entschließungsantrag, der von den Fraktionsvorsitzenden der drei Bundestagsparteien (die LINKE trägt den Antrag nicht mit) eingereicht wird, wird an die Umweltverbände appelliert, die für sie vorgesehenen beiden Plätze einzunehmen. "Die Umweltverbände können einen wichtigen Beitrag leisten, in Fragen der möglichst sicheren Lagerung radioaktiver Abfälle die bestmögliche Lösung zu entwickeln und einen breiten gesellschaftlichen Konsens zu erzielen," heißt es in dem Antrag.

Auch in anderen Punkten beschränkt sich der Antrag aufs "Appellieren": so soll zum Beispiel angestrebt werden, Entscheidungen "möglichst" im Konsens zu treffen, oder durch "prozessuale Regungen das Konsensprinzip in der Kommission zu stärken". Den ganzen Entschließungsantrag gibt es hier!

Nicht fixiert in dem Entschließungsantrag ist, dass nunmehr der Chef des mitgliederstarken Umweltverbandes NaturFreunde, Michael Müller, neben Ursula Heinen-Esser die Kommission leiten soll. Müller ist Mitglied der SPD, war aber von 2005 bis 2009 ebenfalls Staatssekretär im Bundesumweltministerium unter Angela Merkel.

Dem Vernehmen nach sollte durch den Entschließungsantrag + die Einigung auf eine wechselnde Spitze vermieden werden, das Standort-Auswahlgesetz ändern zu müssen. Mitte April soll der Entschließungsantrag im Bundestag ebenso beschlossen werden wie die Einsetzung der Endlagerkommission - sofern die Bundesländer zustimmen.

REAKTIONEN

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel ist überzeugt, dass die Arbeit der Kommission zum Standortauswahlgesetz den Umgang mit der teuren und gefährlich strahlenden Hinterlassenschaft des Atommüllzeitalters grundsätzlich verändern wird. "Unsere Generation bildet eine unfreiwillige Erbengemeinschaft, die gemeinsam Verantwortung für eine sichere Lagerung übernehmen muss", sagte Wenzel am Wochenende in Hannover. Bislang seien alle mehr oder weniger dilettantischen Versuche, einen sicheren Ort und eine sichere Methode zur Lagerung zu finden, kläglich gescheitert. Der Minister zeigt sich überzeugt, dass der neue Anlauf in Deutschland mit dem Standortauswahlgesetz auch international mit großer Aufmerksamkeit verfolgt werde.

Wenzel fordert, den Stand von Wissenschaft und Technik weltweit zu erheben. "Wir sollten die 100 besten Wissenschaftler und Experten aller Fachrichtungen zu diesem Thema anhören und auf der Grundlage dieser Erkenntnisse neue Maßstäbe setzen!" Die isolierte Betrachtung des Lagermediums Salz sei ebenso falsch gewesen, wie ein Verzicht auf rückholbare und fehlertolerante Systeme.

Wenzel begrüßte die Verständigung auf einen Doppelvorstand und die Vereinbarungen für die Gestaltung der Kommissionsarbeit, die in einem Bundestagsantrag festgehalten werden. Mit Michael Müller konnte ein Verbandsvertreter gefunden werden, der auch über sehr große einschlägige politische Erfahrung verfügt. Damit werde eine weitere "Brücke zur Zusammenarbeit mit den Verbänden und Initiativen" gebaut, sagte der Minister. Gleichwohl werde die Kommissionsarbeit alle Beteiligten noch vor große Herausforderungen stellen, weil das Konsensprinzip der Kommission unerlässlich sei, aber zugleich auch eine hohe Disziplin und Kooperationsfähigkeit von allen Beteiligten abverlange.

Im Streit um den Kommissionsvorsitz schwebt den vier Parteien ein Alternieren vor: die umstrittene CDU-Politikerin Heinen-Esser soll zunächst den Vorsitz übernehmen und diesen dann an den SPD-Politiker und ehemaligen Umweltstaatssekretär Michael Müller abgeben.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) sieht in dem Entschließungsantrag den Versuch, das verkorkste Standortauswahlgesetz (StandAG) unverändert auf den Weg zu bringen.  "Das Bekenntnis zum Atomausstieg, ein wenig Lob für unser Engagement  und die Aussicht darauf, dass die Endlagerkommission zu einer frühen Evaluation des Gesetzes kommen kann, heilt die Webfehler des Gesetzes und des Verfahrens nicht", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Die Kernfragen blieben außen vor.

Solange Gorleben Teil des Verfahrens bleibe, sei die Chance auf einen Neuanfang der Endlagersuche vertan. In der Entschließung würde das Atommülldilemma in seiner Gesamtheit nicht erfasst. "Immer noch falle hoch problematischer Atommüll bei der Brennelementfertigung in Lingen und der Urananreicherung in Gronau an, diese Anlagen sind vom Atomausstieg bisher ausgenommen", unterstreicht die BI.  Ausgespart bleibe auch, dass das neu geschaffene Bundesamt für kerntechnische Entsorgung parallel zur Kommissionsarbeit mit dem gleichen Auftrag die Arbeit aufnehme.

Foto / wikimedia.commons : Michael Müller auf der Frankfurter Buchmesse 2011

 


2014-04-06 ; von Angelika Blank (autor), pm (autor),
in Berlin, Deutschland

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