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Kreistag I: Ja zur Optionskommune

HARTZ IV-Empfänger könnten sich bald über eine verbesserte Beratungs- und Betreuungssituation freuen: mit 33 Stimmen beschloss der Kreistag am Donnerstag, sich um die Zulassung als sogenannte „Optionskommune“ zu bewerben. Wird dies genehmigt, so werden die rund 5000 HARTZ IV-Empfänger in Lüchow-Dannenberg demnächst von Mitarbeitern der Kreisverwaltung betreut und nicht mehr von der Agentur für Arbeit.

 

Alle, die näher mit Sozialangelegenheiten bzw. Arbeitsweise und -strukturen der Agentur für Arbeit im Umgang mit HARTZ IV-Empfängern vertraut sind, hielten am Donnerstag ein wenig die Luft an, als es um die Kresitagsentscheidung PRo oder Contrag Optionskommune ging: Im Vorfeld des Kreistages war deutlich geworden, dass die für einen positiven Beschluss notwendige 2/3-Mehrheit sehr in Frage stand.

Nicht nur die grüne Kreisvorsitzende Martina Lammers hatte sich vehement gegen die Optionskommune ausgesprochen, auch Klaus-Peter Dehde (SPD) hatte bereits auf dem letzten Kreistag deutlich Stellung gegen die Übernahme der Verwaltungsarbeiten genommen. Nur einzelne Kreistagsabgeordnete hatte sich bei Landrat oder Fachdienstleitung über die detaillierten Konsequenzen einer Einrichtung als "Optionskommune" informiert.

Dementsprechend dünn waren auch die Argumente der Contra-Fraktion. Für Martina Lammers ist das Votum „der Gewerkschaften“ gegen Optionskommunen ausreichend, um ebenfalls dagegen zu sein. „Außerdem hat die Agentur für Arbeit bisher gute Arbeit geleistet“, meinte die Grünen-Vorsitzende zu wissen. SPD-Kreistagsmitglied Norbert Schwidders trieb um, welche Kosten auf die Verwaltung zukommen würden. „Angesichts unserer Kassenlage kann ich mir nicht vorstellen, dass uns die Einrichtung einer Optionskommune mit zusätzlichen Personalkosten für 50 Angestellte genehmigt wird“, begründete Schwidders seine Ablehnung. „Darüber hinaus müssen ja auch noch Gebäude hergerichtet werden. Auch das wird viel Geld kosten“.

Immerhin: Dr. Günther Nemetschek (GLW) und Elke Mundhenk (Grüne) hatten sich mit der Situation der Betroffenen beschäftigt und festgestellt, dass die Optionskommune eine wesentlich verbesserte Beratung und Beratung bieten würde als es jetzt die Agentur für Arbeit kann (oder will?). Im Sinne der Betroffenen sprachen sich dementsprechend beide Abgeordnete für die Bewerbung um die Optionskommune aus.

Zur Erinnerung: die Kreisverwaltung muss über 50 neue Angestellte übernehmen, um die Betreuung der rund 5000 HARTZ IV-Empfänger in Lüchow-Dannenberg gewährleisten zu können. Über die Details zur Optionskommune hatten wir bereits im Juni berichtet (hier!). Doch wie Landrat Jürgen Schulz bereits auf dem letzten Kreistag im Juni betont hatte: die Personalkosten werden voll vom Bund übernommen. Am Donnerstag informierte der Landrat die Kreistagsabgeordneten nun über die Ergebnisse eines Informationsstreffens in Uelzen, wo deutlich geworden war, dass viele Kommunen entweder erfolgreich als Optionskommune arbeiten oder sich um Zulassun bemühen wollen. „Landauf, landab bewerben sich Kommunen um die Optionskommune, da sowohl die Zahlen als auch die Erfahrungen zeigen, dass das Organisationsmodell sowohl für die Kommunen als auch für die Betroffenen nur von Vorteil ist“, so Schulz.

Fachdienstleiterin Susanne Lüth-Küntzel ergänzte, dass betroffene HARTZ IV-Empfänger von der Kreisverwaltung wesentlich komplexer betreut werden können als von der Agentur für Arbeit. „Ob Sozial-psychologische Betreuung, Schuldenberatung oder Vermittlung von Kinderbetreuung – in der Kreisverwaltung laufen die Kompetenzen in diesen Bereichen eh schon zusammen. Da können wir auch HARTZ IV-Empfänger wesentlich umfassender beraten und betreuen als die Agentur für Arbeit das kann“, so Lütz-Küntzel. Ausserdem könne die Kreisverwaltung gezielter und individueller auf den Bedarf der Betroffenen an arbeitsfördernden Maßnahmen oder anderer Unterstützung eingehen.

Die Fachdienstleiterin versprach, dass die Zeiten von Callcentern als einzige Kontaktstelle und insgesamt vier Gängen, um einen Antrag zu stellen, vorbei sein werden, wenn die Kreisverwaltung als Optionskommune auftreten kann. „Jede/r Betroffene wird dann wieder feste Ansprechpartner haben, die namentlich bekannt und erreichbar sind“, so ihre Aussagen im Kreistag.

Wider Erwarten wurde die Optionskommune am Donnerstag nicht so vehement kontrovers diskutiert, wie es nach Vorgesprächen in der letzten Woche zu erwarten gewesen wäre. Ohne große Diskussion votierten letztendlich 33 Abgeordnete dafür, dass die Kreisverwaltung einen offiziellen Antrag auf Zulassung als Optionskommune stellt.

„Ob wir allerdings den Zuschlag bekommen werden, dass wird die nächste spannende Frage sein“, dämpfte Landrat Jürgen Schulz allerdings verfrühte Hoffnungen. „In Niedersachsen werden insgesamt nur drei Optionskommunen zugelassen - und wir wissen, dass es wesentlich mehr als drei Kommunen sind, die sich um Zulassung bewerben werden.“

Trotzdem werde man sich jetzt „mit vollem Herzen“ in die Antragstellung stürzen, so Schulz.

Foto: Plakat zur Fastenaktion "7 Wochen leben mit Hartz IV", mit der die Diakonie im Jahre 2007 die Möglichkeit schaffen wollte, "sowohl eigene Erfahrungen mit Armut und Ausgrenzung zu machen als auch Informationen zum Thema Hartz IV zu erhalten und solidarisch zu handeln."




2010-09-24 ; von Angelika Blank (autor),

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