Thema: kunst

Künstlergespräch: Pilzkulturen als Lebens- und Kunstform

Ulf Beck und Ben Nurgenc sind die aktuellen Bewohner der "Floodwater Residency" in der Gartower Seegeniederung. Dort erkunden sie Pilzkulturen als Lebens- und Kunstform. Am Freitag gibt es die Gelegenheit, sich bei einem Künstlergespräch mit den beiden über ihre Arbeit zu unterhalten.

Mit ihrem künstlerischen Ansatz sind Ulf Beck und Ben Nurgenc ganz am Puls der Zeit. Es geht um nichts Geringeres, als zu untersuchen, inwieweit nichtmenschliche Akteure im  kreativen Prozess einen gleichberechtigten Anteil haben können. Da sind Fragen wie Nachhaltigkeit sowie Tier- und Naturschutz nicht weit.

Ulf Beck und Ben Nurgenc forschen schon seit Jahren an diesem Thema. Ihren Aufenthalt in der Floodwater Residence des Westwendischen Kunstvereins nutzen sie, um die Lebensform von Pilzen zu erkunden und in einem zweiten Schritt aus bzw. mit den Erkenntnissen künstlerische Projekte zu entwickeln.

"In unserer Arbeit sehen wir die Pilze nicht nur als Anschauungs- oder Untersuchungsobjekt, sondern auch als Kollaborationspartner in einem künstlerischen Prozess," so Ulf Beck zu beider Arbeit.

Bereits in seiner Diplomarbeit hatte Beck das Projekt "Bildkompost" umgesetzt, bei dem er mit tierischen "Kollaborateuren" arbeitete: in einem Kasten wurden Kompostwürmer eingesetzt, die mit einer Lage ausgeschnittener Zeitungs-Pressebilder bedeckt wurden. Täglich wurden - in der Anordnung versetzt - neue Bilder aufgelegt. "Durch die Verdauung der Würmer und verschiedener Mikroorganismen wurden die fotografischen Bilder als Teil des Medienorganismus innerhalb von ca. 15 Tagen in den Erdorganismus überführt," so Ulf Beck zu seinem Werk. "Der Transformationsprozess ist am Ende nicht mehr sichtbar. Das Bild verliert seine Form und wird zu wertvollem Humus, welcher als Ansammlung von Millionen von Mikrobildern betrachtet werden kann. "

Für ihren Aufenthalt in der Floodwater Residency haben sich Ben Nurgenc und Ulf Beck dafür entschieden mit Pilzen zu arbeiten und zu untersuchen inwieweit sie in Gestaltungsprozesse einbezogen werden können. Warum ausgerechnet Pilze? "Pilze sind so fremd und merkwürdig und doch sind wir Menschen evolutionär gesehen näher mit ihnen verwandt als mit Pflanzen," so Ulf Beck. Seit Anfang Juni suchen sie deshalb vor allem nach holzfressenden Pilzen, sezieren, klonen und dokumentieren sie.

Verzicht auf die alleinige Urheberschaft

Aus dieser Feldforschung soll später Kunst erwachsen. Was dann entstehen wird -  ein Gemälde, eine Installation oder ein multimediales Projekt - ist noch ungeklärt. Das ist auch ein Teil der Arbeitsphilosophie der beiden Künstler: sie interessiert der Prozess, weitgehend davon abhängig ist, wie die Gestaltungspartner mitspielen. "Ein Teil des Werkes wird durch die nichtmenschlichen Partner gestaltet, ein anderer Teil durch uns," so Beck und Nurgenc. Sie verzichten somit bewusst auf die alleinige Urheberschaft am späteren Werk, gestehen den Partnern einen eigenen Anteil zu. 

Am Freitag, dem 2. Juli, stellen die beiden Künstler ihre Arbeit am Zehntspeicher in Gartow vor. Dort besteht auch Gelegenheit, offene Fragen mit den beiden zu diskutieren.

Wann? 2. Juli, 18.00 Uhr

Wo? Zehntspeicher, Gartow  

Für den Besuch von Open-Air-Veranstaltungen gilt laut Niedersächsischer Corona-Verordnung derzeit keine Masken- und Testpflicht. Der Veranstalter, der Westwendische Kunstverein (WWK) kann aber eigene Regeln aufstellen. Der WWK ist allerdings nur per email zu erreichen: kontakt@westwendischer-kunstverein.de


Foto | Angelika Blank: In der Vorbereitung für ihre künstlerische Arbeit führen Ulf Beck (re.) und Ben Nurgenc zunächst chemisch-biologische Untersuchungen durch.










2021-06-30 ; von Angelika Blank (autor),
in 29471 Gartow, Deutschland

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