Thema: gesellschaft

Lüneburg: Rechtsextreme mussten Aufmarsch abbrechen

Rund 2000 Teilnehmer demonstrierten am Samstag in Lüneburg gegen einen Aufzug von Rechtsextremen, die gegen "linke Gewalt" protestieren wollten. Nach Auseinandersetzungen mit der Polizei haben jetzt fast 200 Demonstranten mit Strafverfahren zu rechnen - linke ebenso wie rechte Demonstranten. Der Aufmarsch der Rechtsextremen wurde von der Polizei abgebrochen.

Am Samstag, 11. April 2009, fand in der Hansestadt Lüneburg eine Demonstration des "Bündnis für Demokratie / Netzwerk gegen Rechtsextremismus" unter dem Motto "Lüneburg ist bunt - Gegen Rechtsextremismus und Rassismus" statt. An der Demonstration nahmen bis zu 2.000 Teilnehmer aus den verschiedensten Institutionen, Organisationen und Parteien teil. Auch der Lüneburger Polizeipräsident wurde unter den Demonstranten gesichtet. Die Veranstaltung des Bündnisses, die gegen 10:00 Uhr mit einer Auftaktkundgebung am St. Lambertiplatz begann, wurde nach einem Protestmarsch über die angemeldete Aufzugsroute gegen 13:00 Uhr beendet. Bis hierhin verlief die Veranstaltung friedlich und ohne Störungen. Im "Bündnis" arbeiten schon seit Jahren sowohl städtische Organisationen, Parteien und Privatleute gemeinsam gegen Rechtsextremismus. Trotz diverser Spaltungsversuche von Parteien oder kommunalen Vertretern gelang es der Antifaschistischen Aktion Lüneburg bis heute, Teil des Bündnisses zu bleiben. Dieser breit angelegten Zusammenarbeit ist es wohl zu verdanken, dass die diesjährige Gegen-Rechts-Demonstration so viele Teilnehmer hatte.

Anlass für die Demonstration war ein angekündigter Aufmarsch der rechtsextremen Szene unter dem Motto "Gegen linke Gewalt". Wie die Polizei mitteilte, hatte die Stadt versucht, die Versammlung der rechten Szene zu verbieten. Das Verwaltungsgericht hob das Verbot jedoch auf Antrag des Veranstalters wieder auf.

Nach Polizeiangaben versuchten auf dem Weg zum Lambertiplatz ca. 120 anreisende "gewaltbereite Autonome" (Polizeizitat) aus Hamburg eine Polizeikontrolle zu überlaufen. Folge waren schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei: mit Schlagstöcken wurde der Durchbruchsversuch gestoppt, Feuerwerkskörper, Schlagwaffen und Reizgas sichergestellt. Aus den Reihen der Demonstrationsteilnehmer wird allerdings bestritten, dass die Waffen bei ihnen gefunden wurden. Vielmehr habe die Polizei Reizgas bei sich geführt.

Die Rechtsextremen hatten sich gegen 13:00 Uhr am Lüneburger Bahnhof versammelt. Nach der Auftaktkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz konnte der Aufzug mit seinen rund 250 Teilnehmern nicht wie geplant fortgesetzt werden. Nach wenigen Metern stoppte die Polizei den Aufzug noch in Bahnhofsnähe. Sehr zum Missfallen der Rechten: sie begannen, sich mit der Polizei anzulegen.

Dabei war Grund für diesen Stopp eine Sitzblockade von ca. 167 Gegendemonstranten auf einer Brücke in der Lünertorstraße. Sie rührten sich trotz mehrmaliger polizeilicher Aufforderungen nicht von der Stelle, so dass die Polizei die Blockierer letztendlich von der Straße trug. Gegen die Blockadeteilnehmer wurden Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. "Parallel wurden in der Innenstadt an zahlreichen verschiedenen Punkten Polizeikräfte durch Aktionen offensichtlich gewaltbereiter Personengruppen der linken Szene gebunden", so die Pressestelle der Polizei.

Der Aufmarsch der Rechtsextremen konnte dadurch nicht mehr auf seiner vorgesehenen Route weitergeführt werden. Das polizeiliche Angebot einer Alternativstrecke wurden von den rechten Veranstaltern des Aufmarsches abgelehnt. Zudem war der Veranstalter nicht bereit, auf polizeiliche Auflagen einzugehen. Dieses und die vorherigen Angriffe auf Polizeibeamte aus dem Aufzug der Rechten führten gegen 14:15 Uhr letztendlich zur Auflösung der Demonstration.

Im Anschluß an die Auflösung kam es aus den Reihen der Rechtsextremen zu mehreren Attacken gegen Polizisten, so dass auch die bis dahin genehmigten Mahnwachen vor rechten Szeneläden durch die Polizei verboten wurden.

Die angereisten Rechtsextremisten wurden durch die Polizei bei der Abfahrt mit der Bahn begleitet.

In der Folge der Demonstration leitete die Polizei mehr als 190 Strafverfahren ein - gegen die Linken insgesamt 167 Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz aufgrund der Blockade auf der Brücke. Gegen mehrere Teilnehmer der aufgelösten Demonstration der Rechtsextremisten wurden  Strafanzeigen u.a. wegen Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Volksverhetzung, Verwenden von Kennzeichen verf. Organisationen und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gefertigt. Insgesamt 11 Personen wurden vorübergehend in Gewahrsam bzw. festgenommen.

Das Bündnis für Demokratie zieht auf seiner Website ein insgesamt positives Resümee: "Das Lüneburger Bündnis für Demokratie - Netzwerk gegen Rechtsextremismus zeigte sich äußerst erfreut über die hohe TeilnehmerInnenzahl der Bündnisdemo. Durch vielfältige Aktionen und Veranstaltungen und eine verbesserte und vertrauensvollere Zusammenarbeit im Bündnis, wurde die größte Demonstration seit 2003 gegen Naziaufmärsche in Lüneburg auf die Beine gestellt." Auch wenn die Polizei nach Ansicht von Demonstrationsteilnehmern ein unterschiedliches zeigte, so "hätte sie doch mit ihren 2000 eingesetzten Beamten den Naziaufmarsch durchsetzen können". Nach Erfahrungen mit früheren Naziaufmärschen für die Aktivisten ein Fortschritt.

Foto: de.indymedia.org
Foto2: Polizei Lüneburg

 




2009-04-14 ; von asb (autor),

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