Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies trat am Donnerstag Behauptungen entgegen, in Niedersachsen würde Fracking nun "erlaubt". "Man kann nicht etwas erlauben, was bereits seit Jahrzehnten erlaubt ist," so Lies in einer Mitteilung. Er fordert nun erneut, dass auf Bundesebene endlich gesetzliche Regelungen geschaffen werden. "Das Ziel des Landes Niedersachsen, dass der Bund endlich einen neuen, zeitgemäßen Rechtsrahmen mit verschärften Umweltstandards und deutlich mehr Transparenz und Einbindung der Öffentlichkeit schafft, haben wir immer noch nicht erreicht. Der derzeitige Rechtsrahmen genügt nicht den heutigen Erfordernissen des Umweltschutzes, die entsprechenden Vorschläge des Landes Niedersachsen liegen dem Bund bereits seit 2014 vor. Sie sind auch eingeflossen in ein Gesetzespaket der Bundesregierung, das jetzt aber schon seit mehr als einem Jahr im Deutschen Bundestag auf Eis liegt," so Lies weiter.
Der Minister will in der kommenden Woche im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates nochmal einen Versuch starten, um bundesweit zumindest die Transparenz im Genehmigungsverfahren zu verbessern. Sollte auch dies scheitern, werde er in Niedersachsen auf dem Erlasswege regeln, dass eine Umweltverträglichkeitsvorprüfung bei Frackingvorhaben verpflichtend wird, ebenso wie eine Öffentlichkeitsbeteiligung, teilte der Minister am Donnerstag mit.
Lies betont, dass die Grundaussagen für Niedersachsen weiter gelten, dass kein Fracking in unkonventionellen Lagerstätten (z.B. Schiefergasfracking) genehmigt wird und dass die Erdgasförderung aus konventionellen Lagerstätten (tiefe Sandsteinschichten) nur unter Beachtung neuer und strenger Umweltstandards durchgeführt werden darf.
Die Debatte war wieder aufgeflammt, weil in letzter Zeit vermehrt Unternehmen Anträge auf Frackingeinsatz gestellt haben, nachdem sie sich fünf Jahre lang mit neuen Anträgen zurückgehalten haben. Mit der geltenden Gesetzeslage hat Niedersachsen keine Möglichkeiten, diese Anträge abzulehnen (siehe unter "Hintergrund").
Grüne: Fracking endlich gesetzlich ausschließen
Auch die gründe Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden setzt sich dafür ein, dass auf Bundesebene endlich gesetzliche Grundlagen geschaffen werden. "Das Fracking-Erlaubnis-Paket der Bundesregierung steckt seit letztem Sommer im parlamentarischen Verfahren fest, weil es Meinungsverschiedenheiten zwischen den Fraktionen gibt. Fracking muss endlich gesetzlich ausgeschlossen werden, auch damit wir unsere selbst gesteckten Klimaziele erreichen," fordert Verlinden.
Die Grünen, so Verlinden, wollen, dass Fracking verhindert wird und dass neue Regeln auch die Erdgas- und Erdölförderung ohne
Fracking sicherer und transparenter machen. Deshalb haben die Grünen bereits im Februar einen eigenen Gesetzesentwurf in das Parlament eingebracht. Doch auch dieser ruht bis heute.
Auch die Grünen im Landtag sind über die Verzögerungen auf Bundesebene genervt. Sie erwarten nun vom Niedersächsischen Wirtschaftsministerium, dass es alle rechtlichen
Möglichkeiten prüft und anwendet, um den Einsatz von Fracking in
Niedersachsen zu unterbinden. "Nicht nur die Umwelt, sondern besonders
die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner muss geschützt werden," so Fraktionsvorsitzende Anja Piel.
Und ihr Kollege, der umweltpolitische Sprecher Volker Bajus ergänzt: "Die
Erdgasförderer provozieren damit einen Kampf um jedes Bohrloch.
Fracking hat angesichts von Erdbeben, Leckagen und ungeklärter
Krebsfälle keine Akzeptanz bei der Bevölkerung. Die Industrie sollte von
sich aus auf Fracking verzichten."
HINTERGRUND
Das Bundesberggesetz von 1980 lässt der Bergbehörde kein Ermessen über
die Entscheidung zu derartigen Vorhaben der Industrie. Sobald die
Voraussetzungen des § 55 Bundesberggesetz erfüllt sind, haben die
Unternehmen einen Rechtsanspruch auf Genehmigung ihrer Vorhaben. Nach
geltendem Recht gibt es innerhalb der Rahmenbedingungen keine
Möglichkeit, Frackingvorhaben zu verhindern.
Da Bundesrecht vor Landesrecht gilt, haben die einzelnen Bundesländer bei der geltenden Gesetzeslage somit kaum Möglichkeiten, Frackingprojekte zu verhindern.
Grafik: Beim Frackingverfahren wird durch Einsatz von Chemie und Gesteinszertrümmerung auch Erdgas gewonnen, welches mit konventionellen Verfahren nicht gefördert werden kann. Kritiker befürchten massive Schäden für die Umwelt.