Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat gemeinsam mit dem Land Niedersachsen den Aufbau einer Wissensplattform zur nuklearen Entsorgungsforschung gestartet.
Die Plattform, die von der NiedersächsischenTechnischen Hochschule (NTH) koordiniert wird, soll zukünftig Forschungsergebnisse zur Entsorgung von nuklearem Material überregional bündeln und dadurch zu einem wichtigen Beratungszentrum für Bund und Länder in Fragen einer sicheren und nachhaltigen Entsorgung radioaktiver Abfälle werden. Das Projekt stellten am Montag in Hannover Bundeswissenschaftsministerin Annette Schavan und ihre Amtskollegin in Niedersachsen, Johanna Wanka vor. Projektpartner der NTH sind demnach das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Freie Universität Berlin und die Universität Kiel. Das BMBF unterstützt den Aufbau der Forschungsplattform in den kommenden fünf Jahren mit insgesamt 15 Millionen Euro.
Länderübergreifendes Kompetenznetzwerk soll sich entwickeln
Bundesforschungsministerin Annette Schavan sagte: „Sicherheit hat bei der Entsorgung nuklearer Stoffeoberste Priorität. Deshalb wollen wir das vorhandene Wissen über Fächer und Länder hinweg zusammenbringen und abrufbar machen". So soll sich ein länderübergreifendes Kompetenznetzwerk für die Entsorgungsforschung entwickeln,das auch internationale Fachkreise einbindet. Neben naturwissenschaftlich-technischenStudien sollen auch sozialwissenschaftlich-gesellschaftliche Aspekte aufgenommen werden.
Niedersachsens Wissenschaftsministerin Johanna Wanka sagte: „Die Niedersächsische Technische Hochschule ist eine gute Wahl für die bundesweite Koordinierung dieser wichtigen Zukunftsforschung. Sie verfügt bereits über ausgewiesene Kompetenzen und ist als Zusammenschluss dreier Universitäten in einer vernetzten Zusammenarbeit geübt." Es sei der richtige Weg, bei der Erforschung von Entsorgungsoptionen radioaktiver Stoffe einen interdisziplinären Ansatz zu wählen und somit ein Kompetenzzentrum aufzubauen, das fachkundige Beratung aus einer Hand bietet.
Inhaltlich wird sich die unabhängig und eigenständig arbeitende Wissensplattform mit drei Optionen der nuklearen Entsorgungsforschung beschäftigen: Der Endlagerung in tiefen geologischen Formationen ohne Vorkehrungen zur Rückholbarkeit („wartungsfreie Tiefenlagerung"), der Einlagerung in tiefen geologischen Formationen mit Vorkehrungen zur Überwachung und Rückholbarkeit („Tiefenlagerung mit Rückholbarkeit") sowie der Oberflächenlagerung. Dabei werden diese Themen in einem größeren Kontext mit beispielsweise rechtlichen Fragen, ethisch-moralischen Aspekten, einer Technikfolgenabschätzung und einer interdisziplinären Risikoforschung betrachtet.
Die Förderung basiert auf dem Energieforschungsprogramm „2020+" des BMBF, das für die Ausbildung und den Kompetenzerhalt auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheits- und Endlagerforschung zuständig ist.
BI Umweltschutz: Kompetenzwirrwarr in Sachen Atommüll
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) hält das Projekt für äußerst fragwürdig. Neben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, dem Bundesamt für Strahlenschutz, der Entsorgungskommission und dem Plan, eine weitere Bundesbehörde zu schaffen, die die Endlagersuche forciert, werde noch eine Institution mit Steuermitteln finanziert. "Das ist alles ist konzeptlos und weit entfernt von Bürgernähe. Deshalb drängen wir auf die Einrichtung eines "Zukunftsrats", in dem die Anforderungen an ein Auswahlverfahren bei der Endlagersuche festgelegt werden", betont die BI.
"Wenn jemand Kompetenzen im Atommüllstreit bewiesen habe, dann sind es Umweltschützer und engagierte Bürger an den bisherigen Endlagerstandorten, die ehrenamtlich arbeiten und die Gesellschaft aufgerüttelt haben. In einem Zukunftsrat muss die interessierte Öffentlichkeit eine gewichtige Rolle spielen, frei von Parteiinteressen", so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Besonderen Anstoß nehmen die Gorleben-Gegner an der Personalie Prof. Klaus-Jürgen Röhlig, dem Sprecher des Forschungsverbundes. "Röhlig steht für die Salzlinie und hat Gorleben als Endlagerstandort nie ausgeschlossen. Wenn Schavan das unterstützt, so fehlt auch bei ihr der ehrliche Bruch mit den Fehlern der Vergangenheit", kritisiert Ehmke. Schavan habe, so erinnert die BI, bis November 2008 die Vorgänge in der Asse II gedeckt und die Anwendung des Atomrechts auf das havarierte Endlager mit dem nicht mehr vorhandenen Forschungsbedarf gerechtfertigt, statt zu sagen, dass die Asse II als Atommüllendlager illegal betrieben wurde.