Thema: corona

Landrat Uelzen fordert gerechte Verteilung von Impfstoff - UPDATE!

Mit einem Brandbrief fordert Uelzens Landrat von Sozialministerin Carola Reimann eine gerechte Verteilung von Impfstoff. Ansonsten befürchtet er, dass die höhere Sterblichkeit bei Menschen in Alten- und Pflegeheimen in der hiesigen Region sich  steigert - obwohl es vermeidbar wäre.

Uelzens Landrat Dr. Heiko Blume hat sich am Mittwoch angesichts der aktuellen Corona-Situation* im Landkreis Uelzen mit einem „Brandbrief“ erneut an die niedersächsische Sozialministerin Carola Reimann gewandt. Darin fordert Blume die Ministerin auf, das Impfzentrum Uelzen schnellstmöglich und prioritär mit Impfstoff zu versorgen, bis die Alten- und Pflegeheime und im nächsten Schritt die Über-80-Jährigen einen Impfstand erreicht haben werden, der dem anderer Impfzentren entspricht.

In dem Schreiben heißt es dazu wörtlich: „Alles andere lässt im Ergebnis eine höhere Sterblichkeit der Menschen in Alten- und Pflegeheimen und der Über-80-Jährigen in den Landkreisen Uelzen und Lüchow-Dannenberg erwarten. Bitte tragen Sie durch eine sachgerechte Verteilung des Impfstoffs dazu bei, dass diese zusätzliche vermeidbare Übersterblichkeit auch tatsächlich vermieden wird.“

Landrat Dr. Blume hatte bereits am 13. und 29. Januar 2021 Schreiben an die Sozialministerin gerichtet, in denen er aufgrund der Altersstruktur und der im Vergleich zu anderen Landkreisen überdurchschnittlichen Zahl an Alten- und Pflegeheimen zusätzliche Impflieferungen gefordert hatte.

"Dies lehnt das Sozialministerium jedoch bisher ab," so Landrat Blume. "In einer entsprechenden Antwort hieß es dazu, dass das Land an der Verteilung nach dem Bevölkerungsschlüssel festhalten wird."

Als Reaktion auf diese ablehnende Haltung der Ministerin schreibt Dr. Blume: „Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Bekämpfung der Pandemie eine für alle Ebenen sehr herausfordernde Gemeinschaftsaufgabe ist. Ich halte die Verteilung des Impfstoffs nach Bevölkerungsschlüssel für ausdrücklich nicht sachgerecht. Diese Verteilung dürfte im Landkreis Uelzen und damit in Niedersachsen zu vermeidbaren Todesfällen führen.“

Auch hinterlegt Blume seine Forderung in dem Schreiben mit konkreten Zahlen: Danach entfallen 75 Prozent der durch eine Corona-Infektion verursachten Todesfälle im Landkreis Uelzen auf Menschen, die über 80 Jahre alt sind, 50 Prozent der Todesfälle entfallen auf Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Blume dazu: „Die aktuellen Erfahrungen zeigen, dass die zurzeit größten und symptomatisch schwersten Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen auftreten, in denen noch keine Erstimpfung erfolgt ist. Dies dürfte den bundesweit gemachten Erfahrungen entsprechen.“

Während niedersachsenweit 1,4 Prozent der Menschen in entsprechenden Einrichtungen wohnen, seien es im Landkreis Uelzen zwei Prozent und im Landkreis Lüchow-Dannenberg 1,8 Prozent. Der Anteil der Über-80-Jährigen betrage landesweit 6,9 Prozent. In den Landkreisen Uelzen bzw. Lüchow-Dannenberg liege dieser Anteil niedersachsenweit mit 8,4 beziehungsweise 8,7 Prozent am höchsten.

„Konkret hat dies zur Folge, dass andernorts bereits Menschen geimpft werden, die einer geringeren Risikogruppe angehören, während im Landkreis Uelzen (und im Landkreis Lüchow-Dannenberg) Menschen mit einem Impfanspruch höchster Priorität noch auf ihre Erstimpfung warten. Dies gilt aktuell für die Impfung in den Alten- und Pflegeheimen. Dies wird sich wiederholen, wenn es um die Impfung der Über-80-Jährigen geht“, wird der Landrat in seinem am Mittwoch per Mail an das Ministerium übermittelten Schreiben deutlich.

Die aktuelle Verteilpraxis des Impfstoffs sei deshalb nur schwerlich mit der geltenden Corona-Impfverordnung zu vereinbaren noch fachlich nachvollziehbar, heißt es abschließend.

UPDATE! Lüchow-Dannenbergs Landrat Jürgen Schulz hat den Brief zwar nicht unterschrieben, steht aber voll hinter den Forderungen aus Uelzen. Aufgrund der überdurchschnittlich hohen Altersstruktur für unsere Region ist die Sorge des Kollegen Dr. Blume völlig berechtigt, erklärt der Landrat. „Ich will deshalb nicht versäumen, die Forderung nach einem angepassten Proporz bei der Zuteilung des Impfstoffes ausdrücklich zu unterstützen“ heißt es in dem Schreiben wörtlich. Er würde sogar noch einen Schritt weiter gehen, schreibt Landrat Jürgen Schulz weiter, indem er die Meinung vertritt, „ dass derjenige, der völlig zu Recht als oberste Impfpriorität die Versorgung der über 80-jährigen in entsprechenden Einrichtungen festlegt, in der juristischen Pflicht ist, die unterschiedlichen Bevölkerungsanteile an den Altersquoten im Lande bei der Zumessung der Impfstoffmengen zu berücksichtigen“.

Außerdem macht Landrat Jürgen Schulz Frau Dr. Reimann auch nochmals eindringlich auf seine Vorschläge zu den dezentralen Impf-Strategien im Landkreis Lüchow-Dannenberg aufmerksam, die er zuletzt mit Schreiben vom 10. Januar 2021 nach Hannover übersandte. Bisher ist von dort keine Antwort oder Entscheidung ergangen. Nach Hannover geht daher nochmals die eindringliche Bitte des Landrates, im Sinne und nach den Erwartung der betroffenen älteren Bevölkerung des Landkreises, den Vorschlag vom 10. Januar 2021 umgehend grundsätzlich zuzustimmen. Die Bestärkung für das Auffrischen der Bitte nimmt Landrat Jürgen Schulz aus der immensen Reaktion und Befürwortung seines Vorschlages aus der eigenen Bevölkerung, denen er ein bestmögliches Angebot bieten möchte.    


*HINTERGRUND

Mit einer anhaltenden Inzidenz von über 200 gehört der Landkreis Uelzen derzeit zu den Spitzenreitern in Niedersachsen. In der vergangenen Woche wurden 207 Neu-Infektionen festgestellt - mehr als die Hälfte davon in Alten- und Pflegeheimen. Allein im Helios-Klinikum werden 52 Patienten mit Covid-19 behandelt. Mitte Januar waren dort außerdem - nach Medienberichten - über 20 MitarbeiterInnen infiziert.

Und über 50 Altenheime (in den Landkreisen Uelzen und Lüchow-Dannenberg) mit tausenen BewohnerInnen zeugen von dem hohen Anteil an Pflegebedürftigen.


Foto | DoroT Schenk auf Pixabay:  ( Symbolfoto) Die mobilen Teams sind einsatzbereit, das Impfzentrum in Uelzen eingerichtet - doch der Impfstoff fehlt.





2021-02-03 ; von asb/pm (text),
in 29525 Uelzen, Deutschland

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