Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) unterstützt die massive Kritik einer Gruppe von Milchbauern am Bauernverband und dessen Vizepräsident Hilse beim Kreislandvolktag in Lüchow am 19.2.2009 uneingeschränkt. „Die Frage der Berufskollegen, ob man als Bauer noch in diesem Verband bleiben könne,“ so AbL-Landesvorsitzender Martin Schulz, „ist mehr als gerechtfertigt.“
Die bäuerlichen Kritiker hatten denen „da oben im Verband“ in einem Statement vorgeworfen, die Interessen der bäuerlichen Basis überhaupt nicht mehr zu vertreten. Beim „enorm solidarischen“ Milchstreik zur Bezahlung der Erzeugerkosten auch der Milchbauern sei der Bauernverband den Milchbauern im Interesse der Molkereien in den Rücken gefallen. Entgegen der deutlichen Ablehnung von 80% aller Bauern gegenüber Gentechnik und Patentierung sei Gentech-Befürworter Hilse offenbar zu den Chemie- und Saatgutkonzernen „übergelaufen“ und habe die bäuerliche Landwirtschaft wohl schon abgeschrieben. Auch eine klare Äußerung des Bauernverbands zur Bedrohung der Landwirte durch das Atommüll-Endlager Gorleben fehle bisher. Die Fixierung der Bauernverbands auf die CMA und die Ernährungsindustrie habe die Bauern viel Geld gekostet, ebenso die falsche Beratung hinsichtlich der Anträge auf Rückzahlung der CMA-Beiträge. Die vom Bauernverband mit den Pflanzenzüchtern ausgehandelten Nachbaugebühren seien auch weltweit eine Katastrophe, weil sie die Bauern hinderten, das selbst geerntete Getreide wieder auszusäen.
Weitere Vorwürfe bezogen sich auf Hilses Häufung von Ämtern in der Ernährungsindustrie, deren Interessen er mittlerweile gegenüber den Bauern vertrete, und auf die perpektivlose und ruinöse Ausrichtung auf den Weltmarkt, der die Bauern im Gefolge der Ernährungsindustrie folgen sollten. Kritik erntete auch die fehlende Berücksichtigung der hiesigen bäuerlichen Ferkelerzeuger und die Unterstützung des Bauernverbands für die riesigen ostdeutschen Schweine-Anlagen ohne ausreichende Bindung an Fläche und Standort.
Offensichtlich, so AbL-Landesvorsitzender Martin Schulz, gebe es im Bauernverband etliche weitere Unstimmigkeiten: Das zeige Hilses Kritik u.a. an Bauernverbandspräsident Sonnleitner, der mit Lidl fälschlicherweise eine Milch-Preiserhöhung ausgehandelt habe und der seinen eigenen Landesverband offenbar vernachlässige. Die Bauernverbands-Forderung nach einem Milchfonds könne man laut Hilse „in der Pfeife rauchen“, auch die offizielle Forderung nach Streichung der Grenzen bei der Agrardiesel-Verbilligung bringe laut Hilse kaum etwas. Hilse habe zudem beklagt, seine Forderung nach einem Marktreferat werde innerhalb des Bauernverbands „ausgebremst“.
Als „zynisch“ wertete Schulz die Äußerungen Hilses, die Milchpreiserhöhungen des vorletzten Jahres sei „zu schnell“ gewesen und ein Großteil der Landwirte in den Aufsichtsräten der Raiffeisengenossenschaften müsse – mangels ausreichenden Kow-hows – durch „Externe, die Ahnung haben“ ersetzt werden. Makaber sei auch Behauptung Hilses, die derzeitige Situation bei den Schweinepreisen sei ein „Erfolg“ des Bauernverbands und die Bauern müssten sich noch stärker in eine „Wertschöpfungskette“ mit Ernährungsindustrie und Lebensmittelhandel begeben. Die geforderte Ausrichtung auf gedumpte Weltmarkt-Exporte zu Billigpreisen zerstöre die Märkte der Bauern in den armen Ländern, sei national und international perspektivlos und ruinös auch für die Mehrheit der hiesigen Bauern.
Foto: Gehört die Milchviehwirtschaft bald der Vergangenheit an?/wikimedia
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