wendland-net.de
Juri Andruchowytsch, der bekannteste Schriftsteller der Ukraine, liest im Gartower Zehntspeicher.
„Die Ehemaligkeit ist das erste und wichtigste Kennzeichen von Prypjat. Sie zwingt dazu, das Gedächtnis einzuschalten, und zwar voll und ganz. Das Gedächtnis muß für alles andere arbeiten, denn alles andere gibt es in Prypjat nicht mehr...“
Diese Erkenntnis formuliert der ukrainische Schriftsteller Juri Andruchowytsch in seinem Essay „Der Stern Absinth. Notizen zu einem verbitterten Jubiläum“, entstanden nach einer Reise in das verseuchte und verlassene Pripjat. In drei Sätzen beschreibt Andruchowytsch das Drama der sowjetischen Vorzeigestadt, die nur 16 Jahre existierte.
Mit seiner kraftvollen Sprache, die von Literaturkritikern immer wieder mit dem „poetischen magischen Realismus“ von Gabriel Garcia Marquez verglichen wurde, schafft es Andruchowytsch, auch eine unsichtbare Katastrophe, wie es der GAU in Tschernobyl war, fühlbar und geradezu anfaßbar zu machen.
1985 wurde Juri Andruchowytsch mit seiner Performance-Gruppe „BubaBu“ in der Ukraine über Nacht zu einem „Popstar der Lyrik“. Noch heute bleibt der bekannteste ukrainische Schriftsteller den Prinzipien dieser Zeit treu: mit Ironie, wilder Überzeichnung und Groteske, zielgenau eingesetzt, beschäftigt er sich auf vielfältige Weise mit den Absonderlichkeiten seiner Heimat.
Andruchowytsch wurde mit dem Sonderpreis des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises 2005 der Stadt Osnabrück ausgezeichnet. Der Schriftsteller vermittle mit seinen brillanten Essays einen wichtigen Beitrag zur Entdeckung einer nahezu unbekannten Region im erweiterten Europa, hieß es in der Begründung. Im Jahre 2006 wurde Juri Andruchowytsch der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Völkerverständigung verliehen.
Am Sonnabend, dem 25. Juni, um 20 Uhr liest Juri Andruchowytsch auf Einladung des Westwendischen Kunstvereins im Rahmen der Ausstellungsreihe „Tschernobyl 25 – Expeditionen“ im Gartower Zehntspeicher.
