Thema: politik

Die Linke: Landesparteitag in Hitzacker

Rund 200 Delegierte der niedersächsischen LINKEN trafen sich am Wochenende in Hitzacker. Neben verschiedenen programmatischen Anträgen stand auf der Tagesordnung auch die Wahl eines neuen Landesvorstands. Angelika Blank sprach mit Johanna Voß aus Simander, Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands und designierte Bundestagskandidatin.

wnet: Johanna Voß, was waren denn die Schwerpunkte auf diesem zweitägigen Landesparteitag?

Johanna Voß: Natürlich stand der Parteitag vordringlich erst einmal im Zeichen von Anti-Atom. Das haben wir mit der Wahl des Standortes und des Zeitpunktes hier ganz deutlich gemacht - und wurde auch in vielen Redebeiträgen und unserer Resolution bestätigt. Ich denke, wir sind inzwischen die einzige Partei, die ganz verlässlich zum Atomausstieg, also zum Ausstieg aus dem Ausstieg, steht. Das war ja der Grund, warum viele die Grünen damals mal verlassen haben. Der  Konsens brachte eine Bestandsgarantie und mit der Novelle des Atomgesetzes neue Grenzwerte, die Atomabfälle zu Straßenbaumaterial machten, was zu einer flächendeckenden Verseuchung geführt hat.

wnet: Es lagen ja einige Anträge zu verschiedensten Themen auf dem Tisch, ob Wirtschaft, Bildung oder Soziales. Alles schöne, gerechte Forderungen. Nur – was können die Linken denn konkret tun, um bestimmte Forderungen auch durchzusetzen?

Johanna Voß: Das Wichtigste, was wir bislang tun können ist: wir treiben die Anderen vor uns her. Indem wir sagen, was ist, können wir ja aufdecken und klar machen und nicht das Gerede glauben, was uns da immer berieselt. Da gibt es Leute, die wollen uns weismachen, es gäbe einen Generationenkonflikt. Da gibt es Leute, die uns weismachen wollen, es sei nicht genug Geld da. Wir sind eines der reichsten Länder der Welt – und es ist kein Geld für die Leute da? Für die Banken ist es da ...hallo, hallo.

Längst müssten wir auf der Strasse sein und nichts Anderes tun als demonstrieren, damit jetzt endlich das Geld da ankommt, wo es hingehört. Es geht nicht, dass eine derartige große Verarmung, Verelendung und Im-Stich-lassen von so vielen Menschen da ist. Wir sind nicht auf dem Weg zu amerikanischen Verhältnissen. Wir haben sie bereits. In den USA sind es 24 %, die von ihrer Arbeit nicht mehr leben können. Bei uns sind wir bei 22 %. Das ist gewollt.

wnet: Stichwort Wirtschaftspolitik, ganz aktuell. Wie sollte eine Regierung mit dieser Finanzkrise umgehen?

Johanna Voß: Ich bin ja keine Grüne ... Erst einmal die Einschätzung, die auf diesem Parteitag deutlich geworden ist: Es ist keine Finanzkrise, es ist eine Krise überhaupt. Genau so wie die Herrschenden nicht wissen, wo sie hin sollen mit dem Atommüll, genau so gibt es jetzt auch eine Verlegenheit darin, Lösungen für diese Krise zu finden. Das wird dazu führen, dass verstärkt repressive Mittel gegen ganz normale Leute eingesetzt werden. Das ist ja auch klar geworden mit dem Versuch, Militäreinsätze im Inneren zu erlauben.

wnet: Und wie sind die Vorstellungen der Linke zu diesem Thema?

Johanna Voß: Wir haben ja schon im letzten Sommer das sogenannte „Zukunfts-Investitionsprogramm“ beschlossen. Darin heisst es, wir brauchen Geld, damit nicht neue Autos noch billiger gefahren werden können. Wir brauchen Geld für die Schulen, für Bildung, damit das soziokulturelle Existenzminimum wenigstens erreicht ist. Wir brauchen „Weg mit Hartz IV“. Wir brauchen Geld wirklich unten bei denen, wo unsere Gesellschaft wachsen will, bei der Mehrheit. Damit sich da neue Kräfte entfalten können.

wnet: Der Parteitag ist zu Ende. Kann man zusammenfassend sagen was diesen Parteitag in Hitzacker geprägt hat?

Johanna Voß: Ja, die große tolerante Atmosphäre. Dieser Parteitag war schon eine Menge professioneller als der in Oldenburg. Wir haben auf dem Podium dieses Mal schon eine weise Antragskommission und eine geschickte Leitung gehabt. Das hat dazu geführt, dass zwar sehr viele Themen eingebracht wurden, aber nicht konträr gegeneinander gearbeitet wurde.

Man darf ja nicht vergessen, dass wir noch eine sehr junge Partei sind, kaum zwei Jahre alt. Da gibt es noch eine Menge Aufbauarbeit zu leisten. Wir sind noch auf der Suche, wir finden noch unser Programm. Deswegen haben wir beschlossen, dass der nächste Parteitag sechs Stunden Programmdebatte haben soll – dieses Mal ist ja viel Zeit mit Vorstandswahlen dahin gegangen.

Wir haben auch beschlossen, dass die Bildungsarbeit in den Kreisverbänden verstärkt werden soll. Es ging ja alles so schnell. Kaum war die Partei gegründet, waren ja schon Wahlen. Da haben wir einiges nachzuholen und nachzudenken.  Inzwischen haben wir über 40 Landes-Arbeitsgemeinschaften.

Im übrigen kommt aus Lüchow-Dannenberg demnächst noch die Neugründung einer Landesarbeitsgemeinschaft „Geld neu Denken“ ...

Anmerkung: Mit 133 Stimmen von rund 200 Anwesenden konnte Johanna Voß auf dem Parteitag das beste Ergebnis von allen einfahren. Bei der nächsten Landesdelegiertenkonferenz muß die Diplom-Sozialpädagogin aus Simander noch um einen aussichtsreichen Listenplatz für die Bundestagswahl kämpfen - die Direktkandidatur im Wahlkreis Elbe ist ihr bereits sicher. 

{{tpl:inlineLB2 |ID=K9GKKFD1RB}}




2008-11-04 ; von Angelika Blank (autor),

politik   die linke  

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können