Local heroes: eine Ost-West-Erfolgslegende wird 25
Vor 25 Jahren, als die Tinte auf den Wiedervereinigungs-Verträgen kaum getrocknet war, machten sich einige Besessene auf den Weg, Ost und West über die Musik zu vereinigen: sie gründeten „local heroes“ - einen Jugendrockmusik-Wettbewerb, der heute europaweit stattfindet.
Am Freitag wird in Platenlaase das Jubiläum gefeiert.
Am 5. August steigt in Platenlaase die große Jubiläumsparty mit Musikern der ersten Stunde und der ersten Siegerband überhaupt: Jesse James & the Perfumed People – in Originalbesetzung.
Dann werden sicherlich viele Erinnerungen wach – Blind Man's Buff, Red Button When Engine, Gefühlsecht und viele andere Bands, die damals nicht nur im Landkreis Furore machten. Einige sind weggezogen, andere haben die Musik ganz aufgegeben – doch Dieter Herker gelang es in monatelanger Arbeit, viele der „Ehemaligen“ zu finden und sie nach Platenlaase einzuladen.
Wie alles begann
Als die „local heroes“ 1991 im kleinen Kulturverein Platenlaase vor rund 200 Zuschauern starteten, konnte sich niemand vorstellen, dass dieser regionale Jugendrockmusik-Wettbewerb einmal in halb Europa stattfinden würde.
Mit Rock, Pop, Jazz und Punk bewegten sich die jungen Musiker damals abseits von Volks-, Marsch- und Schlagermusik. Dazu lebten sie noch auf dem Lande und somit Lichtjahre entfernt von großen Bühnen und erfahrenen Profis aus dem Musikgeschäft. Doch Dieter Herker (damals Kulturverein Platenlaase), Jürgen Kupfer (Kupfermusik Salzwedel), Joachim Mikolajczyk (Kulturhaus Salzwedel), Ulrich Gustävel (heute Jabelmannhalle Uelzen) und Mischa Wolter glaubten fest daran, dass in so manchem jungen Talent aus der Region Potenzial für Größeres steckt.
Die fünf Veranstaltungsprofis hatten schon kurz nach der Wende auf Initiative Dieter Herkers gemeinsam das Weltmusik-Festival „Weltbeats“ organisiert. Schnell begeisterten sich die Kollegen für Herkers Idee, einen Wettbewerb für talentierte junge Musiker aus der Region aufzubauen. Kein halbes Jahr Vorbereitungszeit brauchte die Gruppe: bereits Ende Juni 1991 fanden die ersten „local heroes“-Wettbewerbe mit 16 Bands und zwei Solointerpreten parallel in Uelzen, Platenlaase und Salzwedel statt.
Vom ländlichen Event zum bundesweiten Wettbewerb
Schon im zweiten Wettbewerbsjahr bekamen sie Anfragen von Musikinitiativen aus umliegenden Landkreisen, ob sie teilnehmen dürften. „Geplant war es nicht, aber wir freuten uns, dass unser Projekt auf Interesse stieß“, schmunzelt Dieter Herker. „Durch Mund-zu-Mund-Propaganda kamen jährlich neue Initiativen und Vereine hinzu. 2001 nahmen bereits Initiativen und Vereine aus fünf Bundesländern teil.“
Inzwischen findet der Wettbewerb in nahezu allen deutschen Bundesländern statt. Rund 1000 Bands beteiligen sich alljährlich an den Vorausscheiden, bis dann im November die besten Bands beim Bundesfinale in Magdeburg um den Titel "Local Winner" kämpfen.
Für local heroes ging es in den darauffolgenden Jahren Schlag auf Schlag. Zur Jahrtausendwende wurde das Projekt wegen seiner innovativen Jugendarbeit auf die Weltausstellung Expo nach Hannover eingeladen.
Zur Verleihung des Einheitspreises 2003 wurde Herker in Lindenbergs „Sonderzug nach Pankow“ eingeladen – sicherlich eine der schönsten Erinnerungen des langjährigen Projektleiters.
2007 stand dann ein anderer Zug im Mittelpunkt: die Elbe-Saale-Bahn, die im Auftrag der Deutschen Bahn die Strecke Magdeburg – Wolfsburg befährt, schlug dem Projektteam vor, einen Zug „local heroes“ zu nennen. Bei der sehr spritzigen Taufe nahm neben dem damaligen Kultusminister Sachsen-Anhalts auch die Band Madsen teil.
Kaum zu zählen die prominenten Unterstützer, die den Wettbewerb seit Jahren als Paten unterstützen. Silly, die legendäre DDR-Band übernahm schon früh eine Patenschaft, DJane Marusha saß in der Jury und nicht zuletzt unterstützt „Madsen“ den Wettbewerb bis heute.
Die immer wieder auf hohen Chartplätzen rangierende Band aus Prießeck hat nicht vergessen, dass sie ihre ersten Bühnenerfahrungen als „Alice's Gun“ und „Hoarsturtz“ bei „local heroes“ gemacht hatten - wie übrigens auch „Tokio Hotel“ und „Schmutzki“.
Auf nach Europa!
Dieter Herker wäre nicht Dieter Herker, wenn er trotz der unzähligen Erfolge in Deutschland sein „Baby“ nicht immer wieder neu erfinden würde. Bereits 2005 knüpfte er die ersten Kontakte nach Ungarn und Österreich. Nach Wettbewerben in den beiden Ländern gelang es, „local heroes“ in die Feierlichkeiten zur Europäischen Kulturhauptstadt im ungarischen Pécs zu integrieren. Dort fand 2010 das erste europäische Finale statt.
Doch damit nicht genug: aktuell plant der Trägerverein Aktion Musik, „local heroes“-Bands mit Musikern aus zehn europäischen Ländern zusammen zu bringen. Mehrtägige Touren in europäischen Clubs, ein Coachingprogramm und die Unterstützung bei der europaweiten Organisation von Auftritten gehören dabei ebenso zum Plan wie die Kontaktherstellung zu relevanten Musikproduzenten. Der Antrag bei der EU läuft – Ende des Jahres wird sich entscheiden, ob dieses ambitionierte Projekt starten kann.
Doch zunächst wird gefeiert. In Platenlaase, der Geburtsstätte der lokalen Helden, treffen dann Musiker der ersten Stunde - zum Teil nach Jahren das erste Mal - wieder aufeinander. Unter ihnen auch die erste Siegerband überhaupt: Jesse James & the Perfumed People – in Originalbesetzung.
Mit Videos, Bildern, Gesprächen und Konzerten gibt’s dann die Möglichkeit, zurückzublicken – auf Namen wie Gefühlsecht, Alice‘s Gun, The Clap, Red Button When Engine, Schwimmer, Too Loud, Exhaust oder Blind Man’s Buff.
Ab 21.00 Uhr sind in Platenlaase am Freitag, dem 5. August alle Wegbegleiter, Erinnerungsträger, Unterstützer, Musiker und Liebhaber herzlich eingeladen. Das Ende ist – natürlich – offen.
Foto / Bernd Zahn: Local Heroes Bundesfinale auf der Popkomm 2007
Fotos
2016-07-28 ;
von
Angelika Blank (autor),
in Platenlaase 15, 29479 Jameln, Deutschland
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