Thema: umwelt

Marderhunde und Waschbären auf dem Vormarsch

Ein echter Überlebenskünstler erobert Lüchow-Dannenberg. Ob Fallobst, Nüsse, Küken oder gar ein ganzes Huhn - der Marderhund kommt mit jeglicher Art Futter zurecht. Dazu fehlen noch natürliche Feinde. So breitet sich der Einwanderer aus dem westlichen Russland auch bei uns aus. Neben dem Waschbären ist der Marderhund zur Landplage ersten Ranges geworden.

Nach dem niedersächsischen Landesjagdbericht, der kürzlich veröffentlicht wurde, sind im Jahr 2008 rund 40 % mehr Marderhunde erlegt worden als im Jahr zuvor. Die Jäger wissen, dass die Zahl der Marderhunde in Niedersachsen seit Jahren stetig ansteigt. Der ursprünglich in Südostasien beheimatete hundeartige Beutegreifer entstammt aus umfangreichen Freisetzungsaktionen im westlichen Russland besagt der Landesjagdbericht. Mittlerweile ist seine Verbreitung auch in den skandinavischen Ländern Dänemark, Norwegen und Schweden ein Thema. Eine große wissenschaftliche Studie hat ergeben, dass die Art in der Zeit von 1935 bis 1984 ca. 1,4 Mio km² Lebensraum erschlossen hat.

Weitere Studien haben gezeigt, dass junge Marderhunde auf der Suche nach geeigneten Territorien ungern weite Strecken wandern. Im Mittel beträgt die zurückgelegte Strecke 14 – 19 km. Neben direkten ökologischen Auswirkungen können auch infektionsmedizinische und veterinärmedizinische Probleme auftreten. Der Marderhund ist Endwirt für den kleinen Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis). Die Empfänglichkeit des Marderhundes für diesen Parasiten wurde zwar nachgewiesen, allerdings ist noch unklar, inwieweit die Etablierung als zusätzliche Endwirtpopulation die Situation maßgeblich beeinflusst.

"Dieses Tier frisst einfach alles", so Kreis-Jägermeister Gebhard Schüssler. "Selbst Hühner sind vor dem Marderhund nicht sicher." Das ist natürlich auch für Bodenbrüter wie das Rebhuhn ein Problem. Der kleine Vogel brütet bevorzugt an Feldrainen, Weg- und Grabenrändern, Hecken sowie Gehölz- und Waldrändern - dort ist das Rebhuhn und seine Brut eine leichte Beute für den gierigen Marderhund.

Dazu kommt noch, dass der hundeartige Beutegreifer keine natürlichen Feinde hat. Und da der Marderhund jährlich 6 - 8 Junge wirft, wird die Population nach Schätzungen von Fachleuten rasant ansteigen.

Dachböden und Gartenhäuser - vor dem Waschbären ist nichts sicher

Aber auch der Waschbär breitet sich vor allem in den wassernahen Gegenden wie z.B. dem Gartower Raum weiterhin aus - dabei kennt das nachtaktive possierliche Tierchen keine Grenzen. "In Kassel hat man sogar schon Dachrinnen mit Draht versehen, weil Waschbären dort begannen, Dachböden zu erobern", so Gebhard Schüssler. Denn das bis zu 70 cm große Tier ist ein hervorragender Kletterer und macht auch vor menschlichen Behausungen nicht Halt, weiß der Kreis-Jägermeister. "In der Nemitzer Heider versuchen wir mit viel Geld den Brachpieper und den Ortolan zu schützen. Doch die zunehmende Zahl von Waschbären bedroht diese Schutzprogramme."

Sein Aussehen ist unverkennbar. Die gedrungene Gestalt mit dem geringelten Schwanz und das maskierte Gesicht kennzeichnen ihn eindeutig. Aufgrund der Biologie des Waschbären und hier vor allem wegen seiner guten Anpassungsfähigkeit ist davon auszugehen, dass er sich auch in Zukunft weiter ausbreitet.

Der Waschbär fühlt sich vor allem in strukturreichen Auen- bzw. gewässerreichen Mischwäldern wohl. Er meidet baumfreie Flächen, da er dort seinem Sicherheitsbedürfnis nicht in ausreichendem Maße nachkommen kann. Waschbären sind sehr gute Kletterer und flüchten bei Gefahr auf Bäume.

Waschbären sind nachtaktiv und verbringen den Tag an geeigneten Ruheplätzen. Dies können nicht nur Baumhöhlen sein, sondern auch Dachböden, Gartenhäuser, Jagdhütten und sonstige Behausungen. Wie kaum eine andere Tierart sucht der Waschbär die Nähe des Menschen und neigt zur Verstädterung. Er verursacht nicht nur Schäden im Garten und an den Häusern, sondern ruft auch Angst vor Krankheiten hervor.

Der Waschbär hat aus seiner nordamerikanischen Heimat einen bisher in Mitteleuropa unbekannten Spulwurm (Baylisascaris procyonis) eingeschleppt. In den USA wird dieser Parasit für schwere Erkrankungen und Todesfälle bei Menschen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, verantwortlich gemacht. Somit stellt der Kontakt mit Waschbären für den Menschen eine Risikoquelle dar, denn eine Infektion der Tiere mit Baylisascaris und somit ein Ausscheiden der Eier ist keine Ausnahme, sondern die Regel. Verschiedene Untersuchungen von wildlebenden Populationen haben auch in Deutschland je nach Bundesland eine Durchseuchung von bis zu 70 Prozent ergeben. So possierlich die Tierchen auch aussehen - Berühren empfiehlt sich also nicht. Und mit Rettungsaktionen junger Waschbären wird man sich auch bei Naturschützern keine Freunde machen.

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung (2009): Wild und Jagd – Landesjagdbericht 2008.

Grafik: Landesjagdbericht /Wolfgang Weber

 




2009-11-09 ; von Angelika Blank (autor),

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