"Mich wundert bald nichts mehr" - Landrat Schulz zur Gorleben-Debatte

Landrat Jürgen Schulz wundert sich inzwischen nicht mehr - hat er doch in seiner Zeit als junger Kreisverwaltungsbeamter schon ausreichend Gelegenheit zum Wundern gehabt, was den Umgang mit dem Salzstock Gorleben anging ... Dirk Drazewski unterhielt sich mit Lüchow-Dannenbergs Landrat über die neuesten Entwicklungen in Sachen Gorleben.

DD: Sind es echte Neuigkeiten, die die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte? - dass die Politik sich in wissenschaftliche Gutachten eingemischt hat?

Jürgen Schulz: Ja, es sind schon neue Erkenntnisse,  auch wenn Vermutungen schon immer im Raum lagen. Aber so deutlich wie die Süddeutsche Zeitung berichtete  - und auch meint Belege dafür zu haben - so deutlich ist die Sachlage bisher noch nicht dargestellt worden. 

Allerdings wundert mich schon bald nichts mehr, weil ich ja durchaus meine Erfahrungen hier im Amte habe. Ich war ja zu der Zeit auch schon jüngerer Mitarbeiter in der Kreisverwaltung. Dort war ich zuständig für Wasserrecht und ähnliche Fragen. Damals habe ich viele der Bearbeiter kennen gelernt. Da war zum Beispiel der zuständige Ressortleiter für die Frage Gorleben-Erkundung bei der PTB oder beim  Bergamt in Celle ein Herr Beckenbauer. Wir hatten ständig Kontakt. Aus meiner Sicht gab es kein echtes Erkundungsprogramm für Gorleben – jedenfalls ist mir das nicht bekannt geworden – aber es gab einen Grundsatz, der damals bei diesen Leuten feststand: der Salzstock muß völlig ungestört sein, er muss völlig homogen sein, sonst wäre alles andere ein Totschlag-Argument. Und das im Hinterkopfe habe ich mich immer gewundert angesichts der Gorlebener Rinne, die man ja heute kennt, dass das ganze Thema so friedlich und positiv weiter bearbeitet wurde. Na ja, warum, scheint ja heute an den Tag zu kommen.

DD:  Gibt es jetzt Forderungen Ihrerseits? Kann es überhaupt noch weitergehen mit dem Standort Gorleben oder war das jetzt ein weiterer Schritt zum Aus?

Jürgen Schulz: Na ja, fachlich würde ich nicht soweit gehen, obwohl ich einräumen muss, dass ich überhaupt kein Fachmann bin. Aber fachlich würde ich mich eigentlich der Marschrichtung des Bundesumweltministers anschließen wollen, dass wir natürlich klare Kriterien brauchen und dann ein klares Standort-Auswahlverfahren. Ob dann Gorleben noch dazu gehört und weiter zu erkunden wäre, kann ich jetzt nicht überblicken. 

Aus gesellschaftspolitischen Gründen bin ich mir nicht ganz sicher. Denn seit 30 Jahren kennen wir das Thema Gorleben und die Menschen hier trauen der handelnden Politik nicht mehr über den Weg.

Im übrigen bestätigt so ein Artikel wie in der Süddeutschen Zeitung diese Haltung der Bevölkerung erneut. Und ob da überhaupt noch eine Öffnung möglich wäre, mit transparenten Prozessen, mit Öffentlichkeitsbeteiligung und viel Kommunikation überblicke ich zur Stunde nicht.

Also wenn man das werten will, würde ich auch fast meinen, dass es ganz ganz schwierig wird mit dem Standort Gorleben - weil er dann in der Tat verbrannt ist.




2009-09-09 ; von Dirk Drazewski/Angelika Blank (autor),

endlager_gorleben  

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können