Am Sonntag wird ein Transport mit acht Plutonium-Brennelementen aus Sellafield im niedersächsischen Grohnde erwartet. Bereits am Freitag demonstrierten Greenpeace-Aktivisten dagegen mit einer Projektion an den Kühlturm des Atomkraftwerks Grohnde. Weitere Widerstandsgruppen haben für das Wochenende Proteste angekündigt.
Mit der Protestaktion fordert greenpeace Niedersachsens Ministerpräsident David McAliister (CDU) auf, den Einsatz von Mischoxid-Brennelemente (MOX) zu verhindern.
Plutonium-Brennelemente sind hochgefährlich, sagt Christoph von Lieven, Sprecher von Greenpeace.
Ein schwerer Atomunfall ist mit diesen Kernbrennstäben wahrscheinlicher und hätte schlimme Auswirkungen für die Menschen. McAllister muss den Schutz der Bevölkerung wichtiger nehmen als den Profit der Atomindustrie.
MOX-Brennelemente enthalten das besonders riskante, stark strahlende und hochgiftige Plutonium. Mit ihrem Einsatz ist ein Super-GAU wesendlich wahrscheinlicher. Grund ist die höhere Nachwärme, die bei fehlender Kraftwerkskühlung zu dem größten anzunehmenden Unfall führen könnte.
Selbst den großen Atomkonzernen ist der Einsatz zu riskantAnfang der Woche wurde bekannt, dass RWE wegen wiederholter Probleme mit MOX-Elementen deren Einsatz im bayerischen AKW Gundremmingen einstellen will. Auch E.on räumte ein, dass es im Grunde nur Nachteile durch den Einsatz von MOX-Brennelementen
gebe.
Für defekte Brennstäbe gibt es derzeit keine Entsorgungslösung. Selbst Castorbehälter, die normalerweise für hochradioaktiven Atommüll genutzt werden, sind für MOX-Brennelemente nicht zugelassen.
Deutsche AKW werden mit den Resten aus einer verschrotteten Anlage beliefertDie Brennelemente aus Sellafieldkönnten schadhaft sein, sagt Christoph von Lieven.
Die Plutoniumfabrik ist bereits geschlossen und jetzt werden deutsche AKW mit dem letzten Rest einer verschrotteten Anlage beliefert.Die Lieferung der acht MOX-Elemente nach Grohnde ist der zweite Transport in diesem Herbst aus der Wiederaufarbeitung in Sellafield an das E.on-AKW. Bereits im September wurden acht MOX-Elemente nach Grohnde geliefert.
Die Plutoniumfabrik Sellafield ist nach Angaben von Greenpeace besonders skandalträchtig. Die Anlage kämpft seit ihrer Inbetriebnahme vor neun Jahren mit enormen technischen Problemen. Ursprünglich sollte die Anlage 120 Tonnen MOX-Brennelemente pro Jahr aus der Wiederaufarbeitung von Atommüll produzieren. Etwa 13 Tonnen wurden letztlich in Sellafield hergestellt. Das entspricht etwa einem zehntel der geplanten Jahresleistung. Nach dem Atomdesaster in Fukushima beschloss die britische Regierung, die Skandal-Anlage endgültig stillzulegen.
Auch die wendändische Bäuerliche Notgemeinschaft wird sich Samstag früh mit Treckern auf den Weg nach Grohnde machen, um "die Aktionen der Weserberglandbauern gegen Atomkraft zu unterstützen." Bereits um 7.30 Uhr am Samstag Morgen treffen sich die Traktorfahrer zur Konvoi-Fahrt in Küsten
Die Bauern bitten darum, dass nur Traktoren mitfahren, die mindestens 35km/h fahren können, langsamere müssen verladen werden. Mehr auf den Internetseiten der Bäuerlichen Notgemeinschaft.
Grüne: Schünemann muss sich bei Wesermarsch-Landrat entschuldigen
Dem Transport voraus gegangen ist ein wochenlanges juristisches Scharmützel zwischen dem Landrat des zuständigen Landkreises Wesermarsch, Michael Höbrink und der Polizei, letztendlich gar mit Innenminister Schünemann. Nachdem Höbrink wochenlang vehement versucht hatte, den Mox-Transport zu verhindern, soll er nach Ansicht der Polizei Geheimnisverrat begangen haben, indem er angeblich den genauen - aus Sicherheitsgründen als geheim eingestuften - Transporttermin so bekannt machte, dass auch Journalisten ihn erfahren konnten. Wie Innenminister Schünemann am 09.11.2012 auf eine mündliche Anfrage der Grünen antwortete, hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg aufgrund eines Anfangsverdachts ein Ermittlungsverfahren wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses eingeleitet. Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport habe daraufhin die erforderliche Strafverfolgungsermächtigung erteilt und prüfe das Verhalten des Landrats derzeit unter disziplinarrechtlichen Gesichtspunkten.
Inzwischen bezichtigen sich Polizei und Landrat gegenseitig der Lüge. Höbrink besteht bis heute darauf, den genauen Transporttermin nicht gekannt zu haben. Von dem AKW-Betreiber e.on habe er lediglich erfahren, dass der Transport "möglicherweise in der zweiten Septemberhälfte" stattfinden werde. Diese Information habe er, Höbrink, an die Kreistagsmitglieder weitergegeben. Über Umwege gelangte diese Mail auch an Journalisten und Gegner des Transportes.
Am Freitag ließ nun Höbrink über seinen Anwalt mitteilen, dass er seinerseits Anzeige gegen Innenminister Uwe Schünemann und den Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Björn Thümler wegen übler Nachrede erstattet habe. Schünemann hatte, wie sich aus der mündlichen Anfrage der grünen Abgeordneten Ina Korter und Helge Limburg ergibt, in der Landtagssitzung am 28. September 2012 Landrat Michael Höbrink im Rahmen der parlamentarischen Fragestunde eines möglichen Geheimnisverrats verdächtigt. Nach Ansicht der Grünen hat der Innenminister damit zur Vorverurteilung beigetragen.
Deswegen forderten am Freitag die Grünen Stefan Wenzel und Ina Korter, dass sich der Innenminister bei Höbrink entschuldigen müsse.
"Mit seinem Vorstoß wollte der Innenminister zudem der Kritik an den MOX-Transporten ablenken und die Atomkraftgegner diffamieren. Wir fordern deshalb, eine öffentliche Entschuldigung in der nächsten Plenarsitzung. Nach der Katastrophe von Fukushima ist der Einsatz von MOX-Brennelementen nicht mehr zu verantworten.“
Foto / Michaela Mügge / publixviewing.de: Bereits am 3. November demonstrierten rund 500 Gegner des Mox-Transportes in Grohnde.