In Bardowick steht eine der wenigen Windmühlen, in denen noch Mehl gemahlen wird. Müller Eckhard Meyer hat die Mühle nach alten Plänen von Grund auf wieder errichtet und in Betrieb genommen.
Wer an einem windigen Tag nach Bardowick hineinfährt, wird einen seltenen Anblick erleben: die drehenden Flügel einer Windmühle. Und noch ungewöhnlicher: es handelt sich nicht um ein museales Gebäude, sondern tatsächlich um eine in Betrieb befindliche Mühle, in der tagtäglich Getreide gemahlen wird: Meyer’s Windmühle.
Eckhard Meyer ist einer letzten Müller, die Getreide noch mit Wind mahlen. Eigentlich wollte der heute 55jährige die seit 1813 bestehende Familientradition nicht fortführen. Sein Großvater hatte in den 50er Jahren vollständig auf elektrischen Betrieb umgestellt und alle technischen Teile der Windmühle abmontiert.
Diese technische Art der Bewirtschaftung konnte Enkel Eckhard nicht
reizen. Lange haderte er damit, das Mühlenhandwerk zu erlernen, bis
er eine Mühle kennenlernte, die vollständig von Wind betrieben
wurde. Er war begeistert. Die Entscheidung, die Mühle
weiterzuführen, war gefallen.
Ein Drittel Wind - Zwei Drittel Strom
„Am liebsten hätte ich die Mühle nur mit Windkraft betrieben und das Mehl mit Pferd und Wagen ausgefahren,“ erzählt Eckhard Meyer. Aber sein Vater sah in dieser radikalen Rückkehr zur alten Tradition keine Zukunft. Schließlich einigte man sich darauf, einen Teil der Mühle mit Wind zu betreiben. „Das war vernünftig,“ so Meyer. „Es gibt nur 150 bis 200 Tage, an denen genügend Wind weht, um die Mühle in Betrieb zu halten - zu wenig für einen wirtschaftlichen Betrieb.“ Heute wird die Mühle zu einem Drittel mit Wind und zu Zwei Dritteln mit Elektrik betrieben. Das mit dem Pferdewagen blieb eine romantische Idee.
1989 begann der Umbau bzw. der Neubau. Es gab keine Pläne und Meyer
selbst hatte kaum Ahnung vom Mühlenbau. Die Bauarbeiten waren also
eine große Herausforderung. Der angehende Windmüller hatte Glück.
Er fand einen erfahrenen Windmühlenbauer, der das komplizierte
System zwischen Windflügeln und dem ineinandergreifenden System aus
größeren und kleineren Zahnrädern planen und neu aufbauen konnte.
Erst nach fünf Jahren, 1994, konnte die Windmühle endlich in
Betrieb genommen werden.
"Arbeit mit allen Sinnen"
„Zuerst haben mich alle belächelt, als sie von meinen Plänen hörten,“ erzählt Eckhard Meyer. „Doch dann bekamen wir Riesen-Aufmerksamkeit.“ Es hatte sich herumgesprochen, dass die Landwirte in Meyer’s Windmühle einen verlässlichen Partner haben und die Kunden sich über hervorragendes Mehl – in konventioneller und Bioqualität - aus regionaler Produktion freuen können.
Meyer kann auf langfristige Beziehungen zu „seinen“ Landwirten bauen. Vertrauen gegen Vertrauen ist die Basis. „Schnelles Geld zu machen, funktioniert vielleicht kurzfristig, aber langfristig ist die Geschäftsbeziehung dahin,“ ist das Credo des Müllermeisters. So ist Meyer sicher, dass die Landwirte ihn auch in der kommenden Erntesaison mit ausreichend Getreide beliefern werden. Die Verabredungen sind getroffen.
„Eine Windmühle zu betreiben, ist Arbeit mit allen Sinnen,“ so Meyer auf die Frage, was ihn am Windmüllern begeistert. „Ich arbeite mit dem Wetter und der Natur, muss mich mit der historischen Mühlenmechanik auseinandersetzen, die Qualität der Körner einschätzen. Nicht zuletzt ist es auch der Geruch, der mich fasziniert. Denn beim Mahlen zwischen dem Stein entstehen ätherische Öle, die dem Mühlenraum einen ganz besonderen Geruch verleihen.“ Es gibt auch keinen Computer, der bestimmt, wann die Körner nicht mehr weitergemahlen werden. Das bestimmt der Müller mit seiner Erfahrung.
Im Mühlencafé können Kunden sich bei hausgebackenem Gebäck von
dem besonderen Flair faszinieren lassen. Im Hofladen gibt es
Naturkost, Futtermittel und Gartenbedarf aus der Region. Wer eine
Führung mitmachen möchte, kann sich über die website
https://www.meyers-windmuehle.de
oder telefonisch unter 04131 – 12206 anmelden.
+++ Der Artikel erscheint zuerst im Wipperau-Kurier /Ausgabe 03/2022