Rund zwanzig Flüchtlinge haben in der Samtgemeinde Gartow (vorerst) eine neue Heimat gefunden. Sie sind geflohen vor Krieg, Gewalt und Ausgrenzung. Am Freitag bereiteten ihnen zahlreiche Ehrenamtliche ein fröhliches Willkommensfest in der Vietzer Dorfscheune.
Sie kommen aus Syrien, Somalia, Iran, Liberia, Ruanda und von der Elfenbeinküste. Ganze Familien mit kleinen Kindern landeten nach teils lebensgefährlichen Irrfahrten in Deutschland, aber auch viele alleinstehende Männer, Frauen und Jugendliche. In Restorf, Gartow und Vietze fanden sie Unterkunft und in mehr als einem Dutzend ehrenamtlichen Helfern herzliche UnterstützerInnen, die ihnen durch den Alltag helfen.
Nicht ganz zufällig wählten die InitiatorInnen des Willkommensfestes in Vietze den Tag aus, an dem vor hundert Jahren der erste Weltkrieg begann. "Diese Flüchtlinge zeigen uns eindrücklich, was Krieg und Gewalt anrichten können," so Matthias Gallei, Mitglied des Samtgemeinderats Gartow, in seiner Rede zum Fest. "Doch hier und heute können wir erleben, wie wichtig es ist, dass Menschen da sind, die willkommen heißen, die teilen."
Und geteilt wurde einiges beim multikulturellen Fest in Vietze: viele Einheimische hatten "typisch deutsche" Köstlichkeiten zum Buffet beigetragen - ob Kartoffel- und Nudelsalat, leckere Torten und Butterkuchen, kaum ein kulinarischer Wunsch blieb unerfüllt. Aber auch die Flüchtlinge hatten sich ins Zeug geworfen: Dutzende einheimischer Gerichte, deren Namen unbekannt blieben, füllten das üppige Buffett mit exotischen Leckereien. Nicht zu vergessen der marokkanische Minztee, den ein Vietzer aufgebrüht hatte. Polnische Mitbürger aus Vietze bereicherten das Buffett mit Pfannkuchen und heimischer Suppe, eine spanische Vietzerin mit Tortilla.
Multi-Kulti nicht nur am Büffet
Die Experimentierfreude war bei allen Gästen groß - so begeistert die Einheimischen die exotischen Gerichte kosteten, so interessiert probierten die MigrantInnen die hiesigen Köstlichkeiten. Kein Wunder, dass aus den vielen Leckereien ein "Internationales Vietzer Kochbuch" entstehen soll, welches demnächst im Gartower Raum erhältlich sein wird.
Gekommen waren rund 100 Menschen aus Gartow und Umgebung, die gemeinsam mit den Flüchtlingen feiern wollten. Ressentiments waren nirgends zu spüren. Eine gewisse gegenseitige Schüchternheit blieb zwar während des Festes bestehen, aber über die Rezepte, die Kinder und auch über die Musik fanden sich viele kleine Gesprächsgruppen zusammen - wenn auch etwas radebrechend, weil die Sprachkenntnisse fehlten.
Doch daran wird ja gearbeitet: obwohl die Flüchtlinge keinerlei Finanzierung für Sprachkurse erhalten, fanden sich einige Ehrenamtliche, die ihnen unermüdlich Deutsch beibringen - auf eigene Kosten und mit teilweise erheblichem Aufwand.
Aber in der Musik gibt es keine Sprachgrenzen: in einer Brünkendorfer Band fand ein iranischer Flüchtling Gleichgesinnte. Beim Fest begeisterte er mit seinen Trommelkünsten. Und alle gemeinsam sangen das umgedichtete Elbe-Lied.
Höhbecks Gemeindebürgermeister Hans-Joachim Schenk sprach aus, was offensichtlich viele Höhbecker und Gartower wirklich ernst meinen: "Wir wollen, dass die Menschen, die zu uns gekommen sind, sich in unserer Gemeinde wohlfühlen. Und wir helfen, sie einzugliedern."
Beim Willkommensfest in Vietze gab es keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Flüchtlinge im Gartower Raum herzlich willkommen sind. Wenigstens eine Weile werden sie sich von ihren traumatischen Erlebnissen in ihrem Heimatland und auf der Flucht erholen können - bevor es für viele von ihnen wieder auf die Reise geht.
Denn der dunkle Schatten, der über dem Fest schwebte, heißt "Dublin III" - ein europäisches Abkommen, welches die meisten Flüchtlinge dazu zwingt, in das "sichere Drittland" zurückreisen, über das sie zuerst eingereist sind.
Doch bis es soweit ist, sorgen viele HöhbeckerInnen und GartowerInnen dafür, dass es ihnen gut geht.
Fotos / Angelika Blank: Bei strahlendem Sonnenschein feierten Flüchtlinge und Einheimische in Vietze ein fröhliches Fest.