Thema: fernsehen

Spontandemo in Dannenberg

Nur 72 Stunden nach der „Nacht der schönen Künste“ war Dannenberg erneut belebt wie nur selten: Das NDR-Fernsehen ist anlässlich des 25-jährigen Bestehens seines Landesprogramms auf Tour durch Niedersachsen – und sendete am Dienstag gleich drei Mal live aus der Jeetzelstadt. Viele BürgerInnen nutzten die Gelegenheit, ihren Unmut gegen die Wiederaufnahme der Endlager-Erkundungsarbeiten im Gorlebener Salzstock kundzutun.


„Hier ist Dannenberg“ rief Moderator Uwe Bahn am Dienstag Punkt 16.15 Uhr über den Schlossgraben, und sogleich jubelte eine vielhundertköpfige Menschenschar zu Beginn der Sendung „Mein Nachmittag“!

Unzählige Hände winkten, Tanzkinder wedelten mit ihren Cheerleader-Puscheln, Senioren mit ihren Gehhilfen. Für viele aktive Leute sowohl aus der Stadt selbst als auch aus der Umgebung war die mehrstündige Präsenz der Fernsehleute eine willkommene Möglichkeit, sich darzustellen. So viele Mitmacher waren erschienen und so viele Zuschauer, dass sich Uwe Bahn freute: „Das ist ja wie ein Stadtfest hier – und so liebevoll vorbereitet“, und eine seiner Kolleginnen ließ die ZuschauerInnen an den Bildschirmen wissen: „Die Stadt ist menschenmäßig voll – da ist richtig was los!“

Aufnahmen aus dem Drehleiterkorb

Die Feuerwehr beispielsweise war gleich mehrfach zugegen. Moderne Löschtechnik zeigten die Dannenberger Freiwilligen, während das Feuerwehrmuseum Neu Tramm historische Fahrzeuge aufgeboten hatte. Das „Glanzstück“ des Dannenberger Feuerwehr-Fuhrparks, die Drehleiter mit Rettungskorb, leistete vor Ort praktische Dienste: Aus dem Korb heraus konnte ein Kameramann schöne Panoramaaufnahmen vom Ort des Geschehens einfangen.

 

Carla Lodders sang „Dans op de Deel“

Stadtbürgermeister Peter Selber, der bekanntlich in Kürze sein Amt an einen Nachfolger abgeben wird, genoss noch einmal das Privileg, als Stadtoberhaupt mit einer Pferdekutsche vor die Kameras zu fahren. Auch Bürgermeister aus den Nachbargemeinden waren erschienen, um die NDR-Arbeit mal ganz aus der Nähe kennen zu lernen. Musik gabs reichlich, etwa von Mädchen und Jungen des Fritz-Reuter-Gymnasiums, und mit einer eine ganz besonderen Überraschung wartete Carla Michel auf: Für ein paar Minuten war sie wieder Carla Lodders, sang ihren plattdeutschen Hit „Dans op de Deel“ aus den Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts – tänzerisch begleitet von den Öwerpetters unter der Leitung von Undine Stiwich.

Vom Pfingstbierverein bis zu den Guttemplern

Allerlei Informations- und Verpflegungsstände waren aufgebaut worden: Beim Splietauer Pfingstbierverein etwa gabs leckeren Kuchen und Erfrischungen, wenige Schritte weiter Informierten die Guttempler über die Probleme, die der Alkohol bereiten kann. Der Hospizverein war zugegen, ebenso die Diakonie, der Kinderhort Popcorn und das Dannenberger Marionettentheater, um nur einige Beispiele zu nennen. Bestaunt, nicht nur von den Fernsehleuten, wurde die Dömitzer Bahnbrücke en miniature, mit der die Modelleisenbahner gekommen waren, und auch der Widerstand gegen Atomkraft fehlte nicht: Gelbe Xe hier und dort – und Menschen, die sich durch entsprechende Gewandung als Castor-GegnerInnen zu erkennen gaben.

Liegt Dannenberg im Wendland?

Geschmunzelt haben wird vielleicht, wer im Fernsehen während der Sendung „Mein Nachmittag“ die dort den Zuschauern aufgegebene Rätselfrage gehört hat: „In welcher Gegend liegt Dannenberg?“ Die richtige Antwort, mit der ein TV-Gucker einen Satelliten-Receiver gewann, hieß „im Wendland“. Puristen unter den Lüchow-Dannenbergern werden womöglich grummeln, dass Dannenberg streng genommen mitnichten im Wendland liegt, sondern in der Dannenberger Marsch….

Pfui und Buh zum Fortgang der Endlager-Arbeiten

Auch die Sendung „Niedersachsen um 18 Uhr“ kam am Dienstag aus Dannenberg – live und verfolgt von vielen Interessierten vor Ort. Ebenfalls live aus Dannenberg wurde am Dienstagabend "Hallo Niedersachsen" ausgestrahlt. Ein vielstimmiges "Pfui" und Buh-Rufe gellten über den Marktplatz, als NDR-Reporter Sven Tietzer um 19.30 Uhr ins Publikum fragte, wie denn die Meinung in der Bevölkerung zum Fortsetzen der Arbeiten im Gorlebener Salzstock sei.

Als Gesprächspartner in dieser Sache hatte der Fernsehmann Landrat Jürgen Schulz und Propst Wiechert-von Holten vor die Kamera gebeten. Angesichts der Kürze der Sendezeit gabs keine tiefgehende Statements, eher Anmerkungen wie des Landrats Feststellung, "Gorleben" sei in der Region "ein großes Thema, das teilt". Und auf eine Frage zu "Geld und Gorleben" sagte Schulz, "die Verlockung des Geldes gibt es sicherlich". Gartow habe sich ja zustimmend zu den Anlagen gezeigt - und profitiere dementsprechend finanziell. "Schmiergelder" - so tönte es sogleich laut aus den Reihen der ZuschauerInnen.

Hinsichtlich drohender Enteignungen im Zusammenhang mit Gorleben wandte sich der Reporter an Propst Wichert-von Holten, der bekräftigte: Eigentum verpflichte - so stehe es im Grundgesetz; und die Kirche sehe ihre Verpflichtung darin, das ihr zustehende Eigentumsrecht an den entsprechenden Grundstücken in die Waagschale zu werfen, damit es die Suche nach alternativen Standorten für ein Endlager geben werde. Im Verlauf der Live-Übertragung hatte sich das Areal an Markt, Schlossgraben und vor der Johanniskirche zunehmend mit AtomkraftgegnerInnen gefüllt. Auch ein Traktor war angerollt und hielt mit der Ladeschaufel ein Protestplakat in die Höhe.

Leere Läden mit Leben erfüllt

Zu Wort kam in der Abendsendung auch Dannenbergs Marketing-Leiterin Ursula Fallapp: Sie berichtete, wie es gelungen war, im Verlauf der City-Offensive leer stehende Läden wieder mit Leben zu füllen. Dies, so die engagierte Frau, sei aber nur möglich gewesen, weil alle Beteiligten an einem Strang gezogen hätten: Marketing, Kommunalpolitik und vor allem viele Bürgerinnen und Bürger.

Fotos: Hagen Jung

 

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2010-09-21 ; von Hagen Jung (autor),

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