Neues von der Flut - Der Hochwasserblog (5)

Tag 5 im Sperrgebiet. Routine setzt ein. Alle Kellerräume sind knochentrocken, meine nagelneue, knallgelbe Anti-Flut-Pumpe staubt so langsam ein – gestern kam immerhin schon mal die Rechnung dafür vom Klempnermeister. Statt Flut im Keller also Ebbe in der Kasse. Spendenkonto – siehe unten.

Irgendwie hatte ich mir Hochwasser hektischer vorgestellt. Vor meinem Haus herrscht eine Stimmung wie am Neujahrstag: kein Verkehr, gelegentlich Spaziergänger, zwei Schwäne paddeln durchs Neubaugebiet. Gegen Mittag bekommt mein Deich eine hübsche Verzierung: rot-weißes Flatterband auf Holzpfählen und alle paar Meter ein Schild mit dem Hinweis: Betreten verboten vier Ausrufezeichen.

Die Vorhersagen über Tag, Zeit und Höhe des Eintreffens des Scheitelpunkts dieser Flut variieren, je nach Informationsquelle, zwischen Freitagmittag und Sonntagnacht und zwischen 7 Meter 30 und 7 Meter 50. Außer mich irritiert das aber offenbar niemanden. Überhaupt herrscht eine fast schon entspannte Ruhe: seit zwei Tagen keine Sirene, kein einziges Mal ein Martinshorn, keinerlei Blaulicht. Nur die Baufahrzeuge gelb-blinken hektisch, aber das tun sie ja immer.

Am Nachmittag versinkt die Sieben-Meter-Marke am Pegel in den Fluten. Die magische Grenze ist überschritten, die Elbe plätschert gegen meinen provisorischen Deich. Jetzt kommt die heiße Phase. Oder die kalte. Oder die nasse. Am Abend drückt das Wasser schon ganz mächtig gegen den Damm. Weiter draußen, also da, wo im Sommer die Wohnmobile parken, rauscht und gurgelt die Elbe mit rasender Geschwindigkeit vorbei.

An anderer Stelle in Neu Darchau, hier nur „beim Dachdecker“ genannt, am Mühlenbach und rund um einige Häuser in Katemin kämpfen Feuerwehr und Technisches Hilfswerk mit sagenhafter Routine, Effizienz und Gelassenheit gegen das Wasser. Hier versagt mein Lästermaul, und ich schreibe in Hochachtung und Dankbarkeit! Ehre, wem Ehre gebührt! Außerdem muss ich mein Lästermaul ein wenig schonen: Spätestens am Samstag sind die Katastrophentouristen wieder da, und die haben’s doch nicht besser verdient, oder?

Andreas Conradt berichtet täglich aus Neu Darchau - jedenfalls solange er nicht schippen oder pumpen muss. Alles über das Hochwasser hier!

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Fotos: Andreas Conradt